Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Christa Kożik

Autorin, Szenaristin

* 1. Januar 1941 in Liegnitz (heute Legnica)

Biografie

Christa Kożik

auf der Preisverleihung der DEFA-Stiftung am 18. November 2018 Foto: Reinhardt & Sommer

Christa Kożik ist Lyrikerin, Schriftstellerin und eine der erfolgreichsten Kinderfilmautorinnen der DEFA. Die wichtigsten Pfeiler ihrer sprachweltlichen Erkundungen von Kinderwelten sind Fantasie und Ernsthaftigkeit.

Christa Kożik wird am 1. Januar 1941 als Christa Schmidt im niederschlesischen Liegnitz (heute Legnica) geboren. Die Familie flüchtet gegen Ende des Zweiten Weltkriegs nach Thüringen und zieht schließlich in die Nähe von Berlin. Kożik kommt aus keinem wohlhabenden Elternhaus. Bereits als junge Frau muss sie die Familie finanziell unterstützen. Nach der Schule beginnt sie eine Lehre zur kartografischen Zeichnerin – eine Tätigkeit, die sie rückblickend als eine ihren Neigungen vollkommen fremde bezeichnet.

Ihre Arbeit führt sie nach Berlin, wo sie Mitglied eines Zirkels Schreibender Arbeiter wird. Sie veröffentlicht 1963 erste Gedichte in Tageszeitungen und tritt bei öffentlichen Lesungen auf. Auf diesem Weg findet Kożik zur DEFA. Sie beginnt 1968/69 als Dramaturgieassistentin am DEFA-Dokumentarfilmstudio mit dem Schwerpunkt auf Kinderformate. An diese praktische, aber nur bedingt schöpferisch eigenständige Arbeit schließt Kożik von 1970 bis 1976 ein Studium der Dramaturgie an der Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg an. Parallel zu ihrem Studium – und ihrem Familienleben, Kożik ist bereits mit dem Pianisten Christian Kożik verheiratet und hat zwei Söhne – schreibt sie Szenarien und Drehbücher für die DEFA. 1970 entwirft sie für den kurzen Animationsfilm DER LÖWE BALTHASAR von  Kurt Weiler ein witziges Märchenthema über einen Löwen, dessen Mund zu groß gezeichnet wurde, sodass er alle anderen Objekte in seiner Umgebung zu verschlingen droht. Zusammen mit Regisseur Werner Kohlert arbeitet sie 1972 am Dokumentarfilm FÜR ANGELA, der den Besuch der US-amerikanischen Bürgerrechtlerin Angela Davis in der DDR dokumentiert.

Filmstill zu "Der Löwe Balthasar"

DER LÖWE BALTHASAR (R: Kurt Weiler, 1970) Fotograf: Erich Günther

Filmstill zu "Für Angela"

Angela Davis während ihres DDR-Besuchs in FÜR ANGELA (R: Werner Kohlert, 1972) Fotografen: Werner Kohlert, Michael Biegholdt

Es ist das Fantasievolle für das Kożiks Name in den nächsten Jahren einsteht. Während sie in ihrer Lyrik noch eine eigene Sprache sucht und traditionelle sprachliche Methoden umwertet, verdichtet sich diese Suche in ihrer Drehbucharbeit zu einer Auseinandersetzung mit Sprachwelten, genauer, der kindlichen Sprachwelt, in der sich die Wahrnehmung der Realität nicht von der Fantasie trennen lässt. In Interviews spricht Kożik wiederholt von dem „bunten Blick“ und dem „dritten Auge“, über die Kinder in ihrem Alltag verfügen, die aber schließlich von der Szenaristin eingenommen werden.

 Herrmann Zschoche verfilmt 1975 ihr Drehbuch PHILIPP, DER KLEINE über einen Jungen, der mit einer Zauberflöte Dinge um sich herum vergrößern und verkleinern kann. Der renommierte Kinderfilmregisseur Rolf Losansky ist von ihrem Szenarium EIN SCHNEEMANN FÜR AFRIKA (1977) begeistert und erarbeitet zusammen mit Klaus Richter de Vroe ein Drehbuch. Der Film ist eine der wenigen Filmarbeiten von Kożik, bei der sie nicht mit der Dramaturgin Gabriele Herzog zusammenarbeitet.

Ein weiteres Mal kommen Kożik, Herzog und Zschoche zusammen, um den Film SIEBEN SOMMERSPROSSEN (1977/78) zu erarbeiten. In dem Film stehen diesmal keine Kinder im Zentrum, sondern Jugendliche im Alter von 14 bis 15 Jahren, die die erste Liebe erleben. Kożik, zu deren Gestaltung von Sprachwelten immer auch die Frage gehört, über welche Sprache Kinder verfügen, kontrastiert die Sprache der Jugendlichen mit Shakespeares Drama „Romeo und Julia“, das in dem Film von den Jugendlichen aufgeführt wird. Für diese Arbeit erhält Kożik den ersten Preis beim Nationalen Spielfilmfestival in Karl-Marx-Stadt. Nach nur drei Spielfilmen und einem Animationsfilm gehört Kożik zu den wichtigsten Kinderfilmautorinnen der DDR.

Filmstill zu "Philipp, der Kleine"

Andij Greissel in der Titelrolle von PHILIPP, DER KLEINE (R: Herrmann Zschoche, 1975) Fotograf: Herbert Kroiss

Filmstill zu "Sieben Sommersprossen"

Harald Rathmann und Kareen Schröter in SIEBEN SOMMERSPROSSEN (R: Herrmann Zschoche, 1977 - 1978) Fotograf: Herbert Kroiss

Nach der Lyrik, dem Drehbuchschreiben und einem Studium 1977/78 am Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ in Leipzig veröffentlicht sie 1980 ihr erstes Buch „Moritz in der Litfaßsäule“, für das sie auch ein Szenarium verfasst, das 1983 von  Rolf Losansky verfilmt wird. Die Geschichte von einem Jungen, der wegläuft und mit einer sprechenden Katze in einer Litfaßsäule wohnt, ist nicht nur ausgesprochen fantasievoll, sondern auch überaus komisch. Indem sie in ihren Stoffen die Probleme der Kinder ,zur Sprache bringt‘, liegt in ihnen immer auch eine Kritik an dem Verhalten der Erwachsenen.

Diesen kritischen, entlarvenden Blick akzentuiert sie in ihrer Adaption (wieder gemeinsam mit Gabriele Herzog) des Märchenromans „Das Leben der Hochgräfin von Rattenzuhausbeinuns“ von Bettina und Gisela von Arnim. Die durch  Jürgen Brauer realisierte Verfilmung kommt unter dem Titel GRITTA VON RATTENZUHAUSBEIUNS (1984) in die Kinos. Wie einfallsreich Kożik ist und wie sehr sie als Szenaristen Einfluss auf die weitere Produktion des Films nehmen kann, belegt ihre frühe Konzeption der im Märchen zentralen „Thronrettungsmaschine“ des ängstlichen Königs (gespielt von  Hermann Beyer), die sich bereits in ihrem Exposé findet.

Auf die Beschäftigung mit den Schwestern von Arnim folgen die Dreharbeiten zu einem anderen wichtigen Autor: Friedrich Hölderlin. Schon viele Jahre beschäftigt sich Kożik mit der Lebensgeschichte Hölderlins. Ausgehend von den Liebesbriefen zwischen ihm und Susette Gontard verfasst sie ein Exposé, das die Zeit aus Hölderlins Leben zwischen der Begegnung mit Susette und seine Einweisung in eine psychiatrische Klinik in Tübingen umfasst. Zusammen mit Herrmann Zschoche schreibt sie ein Drehbuch, das sprachlich einerseits an die Epoche der Goethezeit denken lässt, andererseits die Poetizität Hölderlins und der Liebesbriefe in den Film überträgt. Von der Lyrik über die Sprache der Kinder zu eigener Prosaarbeit und wieder zur Lyrik. Der Film HÄLFTE DES LEBENS (1984) wird ein großer Erfolg.

Filmstill zu "Gritta von Rattenzuhausbeiuns"

Nadja Klier und Hermann Beyer in GRITTA VON RATTENZUHAUSBEIUNS (R: Jürgen Brauer, 1984) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Filmstill zu "Hälfte des Lebens"

Ulrich Mühe und Jenny Gröllmann in HÄLFTE DES LEBENS (R: Herrmann Zschoche, 1984) Fotograf: Jörg Erkens

Kożiks letzter DEFA-Film, bei dem sie wieder mit Herrmann Zschoche und Gabriele Herzog zusammenarbeitet, ist GRÜNE HOCHZEIT (1988), ein Film über eine junge Liebe, über Partnerschaft, Trennung und die „zweite Chance“ in der Liebe.

Christa Kożik lebt in Potsdam. Während ihre lesenswerten Lyrikbändchen nur noch antiquarisch zu kaufen sind, erfreuen sich ihre drei Kinderbücher „Moritz in der Litfaßsäule“, „Der Engel mit dem goldenen Schnurrbart“ und „Kicki und der König“ noch immer großer Beliebtheit. Ihre Arbeit für verschiedene Medien, Verlage und Studios führt dazu, dass ihr Nachname in verschiedenen Schreibweisen auftaucht: Kożik, Kočik oder Kožik. Formal korrekt wird der polnische Name mit einem Punkt über dem z geschrieben; in der tschechischen Schreibweise wird ein Hatschek über das z gesetzt. Christa Kożik geht bis heute auf Lesereisen und besucht viele Schulen. Ihr Vorlass befindet sich im Filmmuseum Potsdam.

verfasst von Stephan Ahrens. (Stand: September 2017)

Filmstill zu "Grüne Hochzeit"

Marc Lubosch und Anja Kling in GRÜNE HOCHZEIT (R: Herrmann Zschoche, 1988) Fotograf: Herbert Kroiss

Christa Kożik mit Gojko Mitić auf der Preisverleihung der DEFA-Stiftung am 13. Dezember 2019; Fotograf: Reinhardt & Sommer

Auszeichnungen

  • 1979: Nationalpreis II. Klasse für Kunst und Literatur
  • 1980: Spezialpreis der Jury, Nationales Spielfilmfestival der DDR, Karl-Marx-Stadt.
  • 1991: Alex Wedding-Preis für Kinderliteratur der Akademie der Künste.
  • 1997: Hauptpreis für Kinofilm beim Kinderfilm-Festival "Goldener Spatz", Gera.
  • 2014: Hölderlin-Ring, Nürtingen.

Literatur

Eigene Texte:

  • Seefahrerinnen, in: Karl-Heinz Wenzel, Jupp Müller (Hrg.): Das uns Gemässe. Lyrik-Anthologie schreibender Arbeiter, Tribüne Berlin 1970.
  • So ein Herbst, in: Wulf Kirsten (Hrg.): Don Juan überm Sund, Aufbau Berlin/Weimar 1975.
  • Mein kleiner Bruder, in: Hilga Cwojdrak (Hrg.): Die Katze sitzt im Fliederbaum, Ein Jahrbuch für Kinder, Der Kinderbuchverlag Berlin 1977.
  • Frauenbild, in: Mathilde Dau, Erika Rüdenauer (Hrg.): Auswahl 80. Neue Lyrik, neue Namen. Neues Leben Berlin 1980.
  • Gedichte. Verlag Neues Leben Berlin 1980 (Poesiealbum Heft 158).
  • Moritz in der Litfaßsäule. Der Kinderbuchverlag Berlin 1980.
  • Hälfte des Lebens, in: Marianne Schmidt (Hrg.): Das Huhn des Kolumbus. Espresso-Geschichten, Verlag Neues Leben Berlin 1981.
  • Ein Brief an die Kinder, in: Ich leb so gern. Ein Friedensbuch für Kinder, Der Kinderbuchverlag Berlin 1982.
  • Der Engel mit dem goldenen Schnurrbart, Der Kinderbuchverlag Berlin 1983.
  • Ein Schneemann für Afrika. Der Kinderbuchverlag Berlin 1987.
  • Matschka, in: Hilga Cwojdrak (Hrg.): Der Akrobat auf dem Dach, Der Kinderbuchverlag Berlin 1987.
  • Tausendundzweite Nacht. Gedichte. Verlag Neues Leben Berlin 1988.
  • Die Schnecke Henriette. Verlag Junge Welt Berlin 1990.
  • Kicki und der König. Ein Katzenroman. Der Kinderbuchverlag Berlin 1990.
  • Gritta vom Rattenschloß. Hoch-Verlag 1991.
  • Begrenzt glücklich. Kindheit in der DDR, Hitzeroth-Verlag Marburg 1992.
  • Der verzauberte Einbrecher, LeiV Leipzig 1994.
  • Philipp und der Katzentiger, LeiV Leipzig 2001.
  • Tausendunddritte Nacht, Gedichte, Märkischer Verlag Wilhelmshorst 2001.

Fremde Texte:

  • Ingeborg Zimmerling: Das Schönste und das Schwerste, Interview mit Christa Kozik, in: Filmspiegel, Nr. 2, 1978.
  • Horst Knietzsch: Dialog mit der Phantasie von Kindern, Gespräch mit Christa Kozik und Gabriele Herzog, in: Neues Deutschland, 13. Januar 1979.
  • Hannes Schmidt: „Filme sind wie Fenster und Türen zur Welt“. Die Szenaristin Christa Kozik, in. Filmspiegel, Nr. 13, 1988.
  • Ulrike Odenwald: Christa Kozik. Filmautorin und Schriftsstellerin, in: Film und Fernsehen, Nr. 26, 1998.
  • Wolfgang Trampe: Christa Kožik, Interview, in: Ders. (Hrg.): Erzählen für den Film, Gespräche mit Autoren der DEFA, DEFA-Stiftung Berlin 2004. S. 121-145.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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