Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Hans Hardt-Hardtloff

Schauspieler

* 8. August 1906 in Köln; † 24. Mai 1974 in Potsdam

Biografie

Filmstill zu "Berlin um die Ecke"

Hans Hardt-Hardtloff

in BERLIN UM DIE ECKE (R: Gerhard Klein, 1965/1966 - 1990) Fotograf: Heinz Wenzel

Mit zahlreichen Auftritten prägt Hans Hardt-Hardtloff wesentlich die Kino- und Fernsehproduktionen der DDR in den 1960er und frühen 1970er Jahren. Seine Filmografie weist rund 120 Titel aus. Hardt-Hardtloff ist ein Schauspieler der zweiten Reihe: Die einprägsame Nebenrolle ist sein Gebiet. Oft gibt er den weisen, verständnisvollen Mann aus dem Volk, bei dem man Rat und Hilfe erhält.

Geboren wird Hans Hardt-Hardtloff am 8. August 1906 in Köln. Er wächst in geordneten, bürgerlichen Verhältnissen auf und verlässt das Elternhaus bereits früh im Alter von 16 Jahren. Zu Beginn seiner künstlerischen Laufbahn arbeitet er im Bereich des Amüsiertheaters. So gastiert er zunächst im Kölner Theater bei den Brüdern Kaspar und Willy Millowitsch. Mit der Walter-Kollo-Operette „Wie einst im Mai“ reist er durch die Lande und wird Schauspieler im Tourneetheater. Seit Beginn des Tonfilms soll er auch vor einer Kamera gestanden haben. Seine Partner heißen Hans Albers, Rudolf Platte, Paul Wegener. Er bekommt lediglich kleine Rollen, ist jedoch ein immer einsetzbarer Komparse. Oft sind die Einsätze so klein, dass er nicht einmal im Abspann genannt wird. Engagements in Wien und Brüssel sowie in Argentinien ermöglichen ihm die Weiterarbeit in der Zeit des Nationalsozialismus. Nach dem Krieg ist er als Oberspielleiter beim Mitteldeutschen Rundfunk in Leipzig tätig. In Thüringen arbeitet er als Intendant der Theater in Altenburg und Meiningen. Weitere Stationen heißen Döbeln, Annaberg, Lutherstadt Wittenberg und Eisleben. Für zwei Spielzeiten gehört er zum Berliner Ensemble.

Filmstill zu "Tinko"

Günther Simon und Hans Hardt-Hardtloff in TINKO (R: Herbert Ballmann, 1956) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Filmstill zu "Der geteilte Himmel"

Hans Hardt-Hardtloff in DER GETEILTE HIMMEL (R: Konrad Wolf, 1964) Fotograf: Werner Bergmann

Hans Hardt-Hardtloff ist 51 Jahre alt, als ihn der DEFA-Regisseur Herbert Ballmann in seiner Strittmatter-Adaption TINKO (1957) besetzt und zu einem Debüt bei der DEFA verhilft. Damit beginnt eine der eindrucksvollsten Babelsberger Schauspielerkarrieren. Der DEFA-Debütant gehört hinfort zu den meistbeschäftigten Schauspielern des Studios. Zwölf Jahre später heißt es in der Potsdamer „Märkischen Volksstimme“ über seine sehr zahlreichen, sich jedoch zumeist gleichenden Rollenangebote: „Leider ist er seiner Auffassung nach auf dem besten Wege ‚genormt‘ zu werden. Der positive Held, der Parteisekretär, der Brigadier ohne Furcht und Tadel, der LPG-Vorsitzende mit den besten Erträgen und Einfällen, das ist er für sein Publikum im Theater, im Funk und vom Bildschirm her.“. Dabei konnte er immer auch anders. Vorerst erleben das die Potsdamer Theatergänger. Das Potsdamer Hans-Otto-Theater wird seine erste feste Station nach Beginn seiner Filmkarriere. Hardt-Hardtloff gehört ab 1960 zum Ensemble des Theaters und erntet unter anderen in der Hauptrolle des Musicals „Mein Freund Bunbury“ Anerkennung. Auch in der „Dreigroschenoper“ kann er triumphieren.

Im Kino mimt er zumeist den weisen Alten, den erfahrenen hilfsbereiten Proletarier. Keinem seiner Kollegen gelingt es überzeugender als ihm solche klischeehaften Rollen auszufüllen. In Erinnerung bleibt er insbesondere in Konrad Wolfs DER GETEILTE HIMMEL (1964). Hier ist er der Arbeiter Meternagel, an den sich die unsichere Rita (gespielt von Renate Blume) wendet. Der Schauspieler betrachtet Wolfs Film als seinen wichtigsten. Zur Vorbereitung auf die Rolle lebte der Schauspieler mehrere Wochen in einer Brigade des VEB Waggonbau Ammendorf. In einer ähnlichen Rolle ist er in Herrmann Zschoches KARLA (1965) als Schuldirektor besetzt, der für eine junge Lehrerin (Jutta Hoffmann) zum Rettungsanker wird. Zwei sehr verwandte Charaktere, beides positive, durchaus sympathische Figuren. Es sind Respektpersonen, an die sich junge, suchende Frauen wenden, um Rat und Hilfe zu erhalten. Der Film KARLA musste 25 Jahre auf seine Aufführung warten. Hardt-Hartloff ist in einer Reihe weiterer Filme zu sehen, die im Zuge des 11. Plenums des Zentralkomitees der SED verboten wurden: DENK BLOSS NICHT, ICH HEULE (1965), DAS KANINCHEN BIN ICH (1965), LOTS WEIB (1965), DER FRÜHLING BRAUCHT ZEIT (1965), FRÄULEIN SCHMETTERLING (1966/2020) und BERLIN UM DIE ECKE (1965/66). Als die meisten dieser Filme nach dem Mauerfall öffentlich aufgeführt werden, kann das Publikum Hans Hardt-Hardtloff noch einmal neu entdecken. 

Filmstill zu "Karla"

Jutta Hoffmann und Hans Hardt-Hardtloff in KARLA (R: Herrmann Zschoche, 1965/1990) Fotograf: Eberhard Daßdorf

Filmstill zu "Lots Weib"

Wolfgang Greese und Hans Hardt-Hardtloff in LOTS WEIB (R: Egon Günther, 1965) Fotograf: Horst Blümel

Weitere erinnerungswürdige Arbeiterpersönlichkeiten, die Hardt-Hardtloff bei der DEFA verkörpert, sind der Heizer in Günther Rückers DIE BESTEN JAHRE (1965) sowie der Tischler in der Liebknecht-Verfilmung TROTZ ALLEDEM! (1971). In der Frank-Beyer-Verfilmung des Bruno-Apitz-Romans NACKT UNTER WÖLFEN (1963) spielt er einen Blockältesten – die Rolle verkörperte er bereits in der wenige Jahre zuvor entstandenen DDR-Fernsehverfilmung des Stoffes. Zunehmend gelingt es dem Schauspieler das Rollenkorsett abzulegen und die ganze Breite seiner Möglichkeiten auf der Leinwand zu zeigen. So wird er beispielsweise im ersten DEFA-Indianerfilm DIE SÖHNE DER GROSSEN BÄRIN (1965) als Major Smith besetzt. Im populären Abenteuerfilm HAUPTMANN FLORIAN VON DER MÜHLE (1968) mit  Manfred Krug in der Titelrolle ist er als Nepomuk zu sehen. In Horst Seemanns mit ironischen Spitzen auf das Abenteuergenre versehenen Robert L. Stevenson-Verfilmung SCHÜSSE UNTERM GALGEN (1968) gibt er den Schiffskapitän. 1972 hat er kleine Rollen im zum Kultfilm avancierten Klassiker DIE LEGENDE VON PAUL UND PAULA und im Kriminalfilm LEICHENSACHE ZERNIK.

Nach Ende seines langjährigen Engagements am Potsdamer Theater lässt sich Hardt-Hartloff 1969 vom Ensemble des DDR-Fernsehens verpflichten. Gegen Ende seines Schauspielerlebens wird das Fernsehen zu seiner Arbeitsbasis. 1971 ist er in VERWANDTE UND BEKANNTE nach Willi Bredel der historische Arbeiterführer August Bebel. Hardt-Hardtloff vermag es jedoch auch in Komödien und Schwänken zu beeindrucken. In dem vielbeachteten Mehrteiler WEGE ÜBERS LAND spielt er den Siebold. 1970/71 gibt er in dem Fernseh-Dreiteiler TOD EINES MILLIONÄRS den Gangster Napoleon.

Filmstill zu "Hauptmann Florian von der Mühle"

Hans Hardt-Hardtloff in HAUPTMANN FLORIAN VON DER MÜHLE (R: Werner Wolfgang Wallroth, 1968) Fotograf: Heinz Wenzel

Filmstill zu "Leichensache Zernik"

Hans Hardt-Hardtloff und Kurt Böwe in LEICHENSACHE ZERNIK (R: Helmut Nitzschke, 1972) Fotografen: Frank Bredow, Peter Dietrich, Waltraut Pathenheimer

Wesentliches Wirkungselement des Schauspielers ist seine markante Stimme. So scheint es folgerichtig, dass Hardt-Hardtloff seiner Arbeit für Kino und Fernsehen ein weiteres Medium hinzufügt: Auch im Radio erhält er in Hörspielen wesentliche Aufgaben.

Kino, Fernsehen, Radio sowie der allabendliche Kontakt mit dem Publikum im Theater. Seit seiner „Entdeckung“ durch die DEFA gehört Hans Hardt-Hardtloff zum großen Kreis der vielbeschäftigten DDR-Schauspieler. Die Titelrollen mögen die Kollegen spielen. Seinem Talent ist es vor allem zuzuschreiben, dass am Ende, wenn der Zuschauer Bilanz zieht, die Frage Haupt- oder Nebenrolle sekundär geworden ist. An Hans Hardt-Hardtloff erinnert man sich – auch viele Jahre nach der Entstehung des Films oder der TV-Produktion. Dieser Schauspieler prägt das Bild der DEFA.

Hans Hardt-Hartloff stirbt am 24. Mai 1974 nach schwerer Krankheit im Alter von 67 Jahren in Potsdam. Seinen letzten Filmauftritt erhält er in Günter Reisch‘ DEFA-Film WOLZ – LEBEN UND VERKLÄRUNG EINES DEUTSCHEN ANARCHISTEN (1973). 

verfasst von Michael Hanisch. (Stand: Februar 2021)

Literatur

Eigene Texte

  • Hans Hardt-Hartloff: Mein wichtigster Film. In: Berliner Zeitung, vom 26. Juli 1967.

Fremde Texte

  • Richard Baier: „dazu sind Sie doch nicht verpflichtet!...“, In: Märkische Volksstimme, Potsdam vom 25. August 1965.
  • Bert Kirfel: Drei Fragen, drei Antworten. In.: Filmspiegel. Nr. 20/1965 (Gespräch).
  • Peter Claus: Der Wahrhaftigkeit verpflichtet. In: Filmspiegel, Nr. 15/1986.
  • Hds: Der Alte. In: Neues Deutschland, vom 8. August 2006.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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