Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Lore Frisch

Schauspielerin

* 4. Mai 1925 in Schwindegg/Bayern; † 6. Juli 1962 in Potsdam

Biografie

Filmstill zu "Meine Frau macht Musik"

Lore Frisch

in MEINE FRAU MACHT MUSIK (R: Hans Heinrich, 1958) Fotograf: Eduard Neufeld

Lore Frisch kam 1954 aus Bayern zur DEFA und brachte ein bodenständiges komisches Talent und ein gewisses erotisches Flair in den DDR-Film ein. Ihre größten Erfolge feierte sie in der Opernverfilmung ZAR UND ZIMMERMANN und im ersten Revuefilm der DEFA, MEINE FRAU MACHT MUSIK. 1962 nahm sie sich, mit nur 37 Jahren, das Leben.

Eleonora Frisch wird am 4. Mai 1925 als Tochter eines Malermeisters im bayerischen Schwindegg geboren. Als Kind spielt sie gern mit der überdimensionalen Puppenbühne ihres Vaters und nimmt während ihrer Schulzeit auch Ballettunterricht. Nachdem sie, noch minderjährig, Marlene Dietrich in DER BLAUE ENGEL gesehen hat, beschließt sie, selbst „Kinospielerin“ zu werden. An einem Bad Reichenhaller Bauerntheater hat sie, ohne Wissen der Eltern, ihr „mimisches Debüt“ (Frisch zu Horst Beseler, 1956). Allerdings wird sie während der Eignungsprüfung an einer Schauspielschule wegen ihres bayerischen Dialekts abgewiesen.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges arbeitet sie als Krankenbetreuerin in Ostfriesland. Dort lernt sie eine Gruppe stellungsloser Schauspieler kennen, die sich unter dem Namen „Ostfriesische Kammerspiele Leer“ zusammengetan haben. Bei einer Aufführung von Curt Goetz‘ Komödie „Ingeborg“ wird sie als Souffleuse eingesetzt. Bald hilft sie auch, Kostüme zu schneidern und Kulissen zu malen. An dem 1948 zur „Ostfriesischen Landesbühne“ umbenannten Theater darf sie erste große Rollen spielen: das Gretchen in Goethes „Faust“, die Minna von Barnhelm und die Amalia in Schillers „Die Räuber“. Zurück in ihrer bayerischen Heimat, gastiert sie in Ingolstadt und wird Sprecherin beim Rundfunk. Sie besucht die Schauspielschule des Münchner Theaters, wo ihr der Regisseur und Intendant Martin Hellberg Unterricht gibt, und übernimmt kleinere Rollen am Volkstheater und Staatstheater. Nachdem Hellberg 1949 in die DDR übergesiedelt ist, findet sie zunächst keine neuen Theateraufgaben mehr und arbeitet vorübergehend als Stenotypistin, Packerin und Krankenschwester.

Filmstill zu "Zar und Zimmermann"

Lore Frisch und Kurt Mühlhardt in ZAR UND ZIMMERMANN (R: Hans Müller, 1955) Fotograf: Heinz Wenzel

Filmstill zu "Meine Frau macht Musik"

Lore Frisch in MEINE FRAU MACHT MUSIK (R: Hans Heinrich, 1958) Fotograf: Eduard Neufeld

Ihre erste Kinorolle erhält sie 1949 in dem filmischen Volksstück DIE SELTSAME GESCHICHTE DES BRANDNER KASPAR, das Josef von Baky inszeniert: Sie ist als Nannerl zu sehen, die Freundin des von Carl Wery gespielten Titelhelden. Weitere bayerische Heimatfilme folgen: In DER WEISSBLAUE LÖWE (Olf Fischer & Werner Jacobs, 1952) ist sie die Zenzi Filser, in JUNGES HERZ VOLL LIEBE (Paul May, 1953) an der Seite von Bernhard Wicki die Mariele Moosleitner, in der Bauernkomödie EHESTREIK (Joe Stöckl, 1953) die Peppi. – Als Martin Hellberg 1954 bei der DEFA seinen in Oberbayern spielenden politischen Schwank DER OCHSE VON KULM dreht und er die Hauptrollen mit bayerischen Darstellerinnen und Darstellern besetzen möchte, erinnert er sich an Lore Frisch und holt sie zur DEFA. Bereits in der Eröffnungssequenz des Films darf sie sich, wenn auch nur im Spiegel, barbusig zeigen und bringt überhaupt eine bodenständige Erotik in die Handlung ein. Ihr komisches Talent lässt Reserl, die resolute Frau eines jungen Bauern, der sich gegen US-amerikanische Besatzer und den westdeutschen Justizapparat zur Wehr setzt, zur eigentlichen Hauptfigur des Films werden. Der Kritiker Hans-Ulrich Eylau urteilt in der „Berliner Zeitung“, Lore Frisch agiere „blitzsauber, vergnügt und munter“ (3.2.1955). Und Peter Hagen resümiert in der Studentenzeitschrift „Forum“: „Wir freuen uns besonders über die Schauspieler, die aus dem Süden unserer Heimat den Weg zu uns fanden, um uns diesen Film zu gestalten (Lore Frisch und Ferdinand Anton, ein liebenswertes Brautpaar, voller jugendlicher Capricen.).“ (Forum, 11.2.1955).

Bald folgen weitere Engagements. Schon im März 1955 wird sie von Otto Holub für das vom Deutschen Fernsehfunk ausgestrahlte Fernsehspiel DAS GERICHT VON WEINSBERG verpflichtet, ein Drama über den deutschen Bauernkrieg. In Richard Groschopps DEFA-Film 52 WOCHEN SIND EIN JAHR (1955) spielt sie Sonja, ein sorbisches Mädchen, das während der Heuernte gern mit jungen Männern flirtet, beim Herabrutschen vom Heuwagen ihre Beine bis zu den Oberschenkeln entblößt, sich unbefangen die Ähren aus dem Ausschnitt wischt, die Flotteste auf dem Tanzboden ist und zugleich für gesellschaftliche Umgestaltung auf dem Lande eintritt: So setzt sie sich dafür ein, dass der alte, erfahrene Bauer Krestan (Hans Wehrl) Lehrausbilder bei der Genossenschaft wird und überbringt ihm schließlich sogar den persönlichen Brief des DDR-Präsidenten Wilhelm Pieck, der ihm den letzten Anstoß zum politischen Umdenken gibt. Allerdings resümiert Karl-Eduard von Schnitzler im „Filmspiegel“: „Lore Frisch macht als Sonja ihrem Namen alle Ehre und spielt bemerkenswert natürlich; nur ist sie vom Typ her weniger eine lustige Dorfschöne als eine ,Miss X-Dorf‘, sie fällt äußerlich aus dem Rahmen der übrigen Darsteller; und so erfreulich sie sich bemüht, das zu überspielen, bleibt hier ein Missgriff der Besetzung.“ (25/1955).

Filmstill zu "Der Ochse von Kulm"

Lore Frisch in DER OCHSE VON KULM (R: Martin Hellberg, 1954) Fotograf: Manfred Klawikowski

Filmstill zu "52 Wochen sind ein Jahr"

Erich Franz und Lore Frisch in 52 WOCHEN SIND EIN JAHR (R: Richard Groschopp, 1955) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Zum schönen Publikumserfolg avanciert  Hans Müllers farbenprächtiger Opernfilm ZAR UND ZIMMERMANN (1955): Als selbstbewusste Marie, die Nichte des Bürgermeisters Van Bett (Willy A. Kleinau), darf sie sich in den falschen Zaren (Günter Haack) verlieben. In den Gesangsszenen wird die Darstellerin von der Dresdner Sopranistin Ingeborg Wenglor stimmlich „gedoubelt“.

Trotz lobender Kritiken drängt es Lore Frisch nach den ersten intensiven Filmjahren wieder zum Theater: „Wer von den Bühne kommt, der wird auch immer wieder zur Bühne zurück müssen“, um sich durch die unmittelbare Resonanz des Publikums vom Stand der eigenen Entwicklung zu überzeugen, „die eigenen Kräfte reifen zu lassen“. (Frisch zu Beseler). An der Berliner Volksbühne überträgt ihr Fritz Wisten die Rolle der Véronique in dem vom Deutschen Fernsehfunk aufgezeichneten Jean-Paul-Sartre-Stück NEKRASSOW (1956). 1957 wirkt sie, ebenfalls an der Volksbühne, in RÖMISCHE BALLADE (Fritz Wisten/Hans-Joachim Hildebrandt) mit, die auch im Fernsehen übertragen wird. Während dieser Zeit übernimmt sie bei der DEFA nur kleinere Aufgaben. In drei satirischen Kurzfilmen der Reihe „Das Stacheltier“ wird sie von Richard Groschopp (DIE GLOCKE VON CORUPTICA, 1956), Heinz Thiel (GERNGROSS GANZ GROSS – GERNGROSS GANZ KLEIN!, 1956) und  Gottfried Kolditz (IMMER KAVALIER, 1957) besetzt. Carl Balhaus holt sie ins Ensemble von NUR EINE FRAU (1958), einem historisch-biografischen Film über die Frauenrechtlerin Louise Otto-Peters. Hier spielt sie die Schwester der Heldin, die mit einem ausbeuterischen Spinnereibesitzer verheiratete Antonie Dennhardt. Der „Filmspiegel“ würdigt sie: „Lore Frisch ist in ihrem Zwiespalt zwischen Mann und Schwester, zwischen selbstverständlichem Mitverdienen und Mitgenießen auf der einen und ihrem, sich von Zeit zu Zeit meldenden schlechten Gewissen auf der anderen Seite sehr glaubhaft.“ (Karl-Eduard von Schnitzler, 10/1958).

Filmstill zu "Nur eine Frau"

Hans Finohr und Lore Frisch in NUR EINE FRAU (R: Carl Balhaus, 1958) Fotograf: Eduard Neufeld

Filmstill zu "Seilergasse 8"

Lore Frisch und Manja Behrens in SEILERGASSE 8 (R: Joachim Kunert, 1960) Fotografin: Karin Blasig

Ihre wohl erfolgreichste Rolle spielt sie allerdings in  Hans Heinrichs DEFA-Revuefilm MEINE FRAU MACHT MUSIK (1958). Als Hausfrau Gerda Wagner, die gegen den Widerstand ihres auf Tradition und Sitte pochenden Ehemannes (Günther Simon) eine Karriere als Sängerin startet, spielt sie „locker, mit Charme und glaubhaft“ (Karl Eduard von Schnitzler, Filmspiegel, 9/1958).  Joachim Kunert besetzt sie in dem historischen Drama DER LOTTERIESCHWEDE (1958) nach dem gleichnamigen Roman von Martin Andersen-Nexö als Wirtsfrau Julie und in dem anschließenden Gegenwartskrimi SEILERGASSE 8 (1960) als Frau Bristel: beides markante Nebenfiguren. In dem Märchenfilm DAS HÖLZERNE KÄLBCHEN (Bernhard Thieme, 1960) ist sie die Frau des Schmieds.

Dazwischen gastiert Lore Frisch auch beim westdeutschen Fernsehen: In der TV-Adaption des Volksstücks KASIMIR UND KAROLINE (Michael Kehlmann, 1959) nach Ödön von Horvath spielt sie die Maria; an der Seite von Bert Fortell, der die Rolle des Kasimir übernommen hat und den sie bereits von den Dreharbeiten zu ZAR UND ZIMMERMANN kennt. In DER ZERBROCHENE KRUG (Olf Fischer, 1959), einer Folge der Fernsehreihe „Komödienstadel“, wird sie als Veronika Huber besetzt. Daraus ergeben sich allerdings keine weiteren Aufgaben in der Bundesrepublik. Lore Frisch entschließt sich, ihren festen Wohnsitz nun endgültig in der DDR zu nehmen.

In Gottfried Kolditz‘ Adaption der Jacques-Offenbach-Operette DIE SCHÖNE LURETTE (1960) ist sie, an der Seite von Evelyn Cron und  Marianne Wünscher, die Wäscherin Rose, in Richard Groschopps DIE LIEBE UND DER CO-PILOT (1960) die Ehefrau des auf Tradition pochenden Flugzeugkommandanten (Günther Simon). Im selben Jahr holt sie der Wiener Schauspieler und Regisseur Otto Tausig in seine Inszenierung von Johann Nepomuk Nestroys Posse „Lumpacivagabundus“ an der Berliner Volksbühne. Drehbuchautor Egon Günther, mit dem Lore Frisch befreundet ist, und Regisseur Konrad Petzold verpflichten sie 1961 ins Ensemble des Märchenfilms DAS KLEID nach Hans Christian Andersens „Des Kaisers neue Kleider“. Als Bekleidungsministerin überzeugt sie erneut mit ihrem komischen Talent und charakterisiert zugleich die Hohlheit einer nur auf ihr eigenes Wohl und die Karriere bedachten Staatsbürokratie. Der Film, der viele aktuelle Anspielungen auf den Alltag enthält, wird nach dem Mauerbau verboten und kann erst 1991 restauriert und uraufgeführt werden.

Filmstill zu "Die schöne Lurette"

Marianne Wünscher und Lore Frisch in DIE SCHÖNE LURETTE (R: Gottfried Kolditz, 1960) Fotograf: Hannes Schneider

Filmstill zu "Das Kleid"

Kurt Rackelmann und Lore Frisch in DAS KLEID (R: Konrad Petzold, 1961/90) Fotograf: Eberhard Daßdorf

Ihr letzter großer Zuschauererfolg wird 1961 FLITTERWOCHEN OHNE EHEMANN ( Helmut Spieß); das ursprünglich bei der DEFA entwickelte Drehbuch wird in den DEFA-Ateliers als Auftragsproduktion des Deutschen Fernsehfunks realisiert, der Film anderthalb Jahre nach seiner TV-Premiere auch ins Kino übernommen. 1962 ist Lore Frisch noch in dem „Stacheltier“-Kurzfilm MANN IST MANN (Hubert Hoelzke) sowie in SCHWARZES BENZIN (Otto Holub), einer Folge der TV-Krimireihe „Blaulicht“, zu sehen. Am 6. Juli 1962 scheidet sie, erst 37-jährig, in Potsdam aus dem Leben; in der Publikumszeitschrift „Filmspiegel“ ist von einem „tragischen Unglücksfall“ die Rede.

Verfasst von Ralf Schenk. (März 2022)

Literatur

  • Horst Beseler: Der Filmspiegel sprach mit Lore Frisch. In: Filmspiegel, Berlin/DDR, Heft 14/1956, S. 3.
  • Lore Frisch. In: Unsere Filmsterne. Berlin/DDR 1962, S. 144-145.
  • Lore Frisch verstorben. In: Filmspiegel, Heft 18/63, S. 13.
  • Monika Pech: Stars von gestern. Lore Frisch. In: Filmspiegel, Heft 19/1985, S. 15.
  • Ralf Schenk: Lore Frisch – Schauspielerin. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Hamburg 1984 ff., Lieferung 30 (1998).

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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