Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Marion Keller

Journalistin

* 6. August 1910 in Bonn; † 28. Januar 1998 in Baden-Baden

Frau „Augenzeuge“: Dr. Marion Keller

Marion Keller

Marion Keller

Anfang 1948 wurde im In- und Ausland Marion Keller gewürdigt als „einzige Frau der Welt, die eine Wochenschau selbständig redigiert“ [1], die zu den „bemerkenswertesten Persönlichkeiten der Filmindustrie der russischen Besatzungszone Deutschlands“ [2] gehöre; Chefin einer Wochenschau-Produktion zu werden sei immerhin „ein einmaliger Erfolg“, und der Weg dieser „ehrgeizigen, künstlerisch wie politisch aggressiven Persönlichkeit“ [3] sei es wert, aufgezeigt zu werden, sie sei als „weiblicher Chefredakteur einmalig in Europa“, bewundert wegen ihrer „geradezu unglaublichen Vielseitigkeit“, bei der sie trotzdem „nicht ihren Charme verliert“, was sie „zu einer so bemerkenswerten Frau“ [4] mache, und ihre Wochenschau sei „ein lebendiges Stück Zeitchronik“. [5]

Das Bohei ging zurück auf eine Pressevorführung zum Jahresprogramm 1948. Marion Keller, Journalistin und geübt in Pressearbeit, hatte sich selbst ins Spiel gebracht, wollte aber natürlich Aufmerksamkeit für die DEFA-Wochenschau erzeugen. Damit war bislang immer Kurt Maetzig in Verbindung gebracht worden. Nun trat sie als Chefin auf. Wer hat den Augenzeugen tatsächlich gemacht?

Der Beginn

Vom 1. Januar 1946 bis 30. November 1947 war Dr. Kurt Maetzig Leiter der Abt. Wochenschau und Chefredakteur des Augenzeugen. Dr. Marion Keller, seine Frau, war bis zum Frühherbst 1946 Leiterin der DEFA-Presseabteilung und Mitglied des Wochenschauausschusses und seit der ersten Nummer des Augenzeugen (19. Februar 1946; von März-Juli 1946 zweiwöchentlich, ab August wöchentlich) auch Redakteurin und Texterin.

 Kurt Maetzig war nicht nur für die DEFA-Wochenschau zuständig. Als Mitglied des DEFA-Vorstands und künstlerischer Leiter bzw. Direktor der DEFA (1946 bis Frühjahr 1949) hatte er weit darüber hinaus gehende administrative sowie film- und kulturpolitische Verpflichtungen. Es war die Zeit, da noch kein Kulturapparat herrschte, sondern Künstler in Personalunion kulturpolitische Verantwortung übernahmen. Darüber hinaus bereitete er seinen ersten Spielfilm Ehe im Schatten vor, dessen Idee im September 1946 dem Vorstand vorlag und dessen Drehbuch im Herbst/Winter 1946/47 entstand. Eine Krankheit warf ihn Anfang 1947 zurück, so dass die Produktion erst im Frühjahr 1947 aufgenommen werden konnte, doch bis Ende September musste der Film fertig sein; die Premiere war für den 3. Oktober 1947 im Admiralspalast festgesetzt. Mit anderen Worten: Seit Herbst 1946 stand Maetzig nur noch bedingt dem Augenzeugen zur Verfügung, auch wenn er offiziell für ihn zuständig war. Bereits in dieser Zeit hatte Marion Keller das Heft in der Hand. Das ergab sich von selbst, war doch der Augenzeuge beider „Kind“ – „die erste deutsche Wochenschau Der Augenzeuge, die wir uns sehr reiflich überlegt u. mit Akribie realisiert hatten“. [6] Selten waren zwei Menschen so aufeinander eingespielt wie Maetzig und Keller. Maetzig war spiritus rector, Konzeptionalist und Generalist, der die Kontakte auf oberer Ebene und nach außen pflegte. Keller war als leitende, zeitweise einzige Redakteurin die Praktikerin, zuständig für Sujetauswahl und Sujetkritik, Text letzter Hand, Sprecher und Sprachaufnahme; Führung der Kameraleute, Schnittmeister, des Archivs und der Produktionsleitung. Beiden diente ein Sekretariat. [7] Der erste Jahresbericht der Wochenschau wurde folglich auch von beiden gezeichnet. [8] Am 1. August 1947 wurde Marion Keller vom DEFA-Vorstand als amtierende Chefredakteurin eingesetzt und am 1. Dezember 1947 endgültig als Chefredakteurin und Leiterin der Abt. Wochenschau berufen.

Ihren Aufgabenkreis beschrieb sie wie folgt:

  1. Eigene produktive Arbeit: Chefredaktion, d.h. Entscheidung über Auswahl und Verwendung der Reportagen, Vorsitz bei der Redaktionssitzung.
    Vorläufig nach Erledigung der Redaktionsgeschäfte sowohl der politischen Redaktion, der Auslandsredaktion, der Sportredaktion, der Kultur- und Feuilletonredaktion.
    Zusammenstellung der Nummern, Überwachung des Schnittes aller Reportagen sowie der musikalischen Untermalung.
    Textierung eines Teils der Sujets, Redigierung des anderen Teils, Verhandlungen mit der Zensur, Regie bei der Überspielung.
    Kritik der journalistischen bzw. der künstlerischen Arbeit der Kameraleute in Berlin und den Filialen.
  2.  Überwachende, verantwortliche Tätigkeit: Überwachung der termingerechten Herstellung des Augenzeugen, der rechtzeitigen Ablieferung des Negativs an den Verleih, der Arbeit des Informationsdienstes, der Arbeit des Bild- und Tonarchivs sowie der Ergänzung beider Archive.
  3. Engagierung des künstlerischen und des Redaktionspersonals. Da das genannte Aufgabengebiet für einen Menschen viel zu umfassend ist, bemühe ich mich, Mitarbeiter zu gewinnen, und zwar vorerst einen politischen Redakteur oder Berater, einen Sportredakteur oder Berater, einen Hilfsredakteur für Auslands-Reportagen.[Zitiert aus: 9]

Als Chefredakteurin besorgte sie die Fassung letzter Hand und war gegenüber DEFA und Öffentlichkeit in alleiniger Verantwortung für die Wochenschau, in dieser Stellung sachlich und rechtlich dem Regisseur eines Filmes vergleichbar und ebenbürtig.

Kurt Maetzig und Marion Keller hatten gemeinsam das Konzept einer neuen deutschen Wochenschau vorgestellt. „Wir wollen überhaupt nicht mit Patentlösungen für Probleme aufwarten, sondern Fragen anschneiden, Anregungen geben und so auf unsere Weise dazu beitragen, daß sich eine öffentliche Meinung – die Voraussetzung für jede [sic!] Demokratie – bilde.“ [10] Und den berühmten Slogan verkündet, mit dem Der Augenzeuge von Nr. 13/1946 bis Nr. 34/1949 Woche für Woche nicht nur in den öffentlichen Raum ging, sondern ihn selber schuf: „Sie sehen selbst, Sie hören selbst, urteilen Sie selbst.“ Es war die Person des Zuschauers, „die hier im Namen aufgerufen wird“ [11]: Er müsse sich im Klaren sein, dass seine Urteilskraft nie einschlafen dürfe und er selber hinter den Bildern den Sinn der Dinge erkunden müsse. Für ihn nahm der Augenzeuge ein Mandat wahr, das er sich selber gegeben hatte. So erschien die erste deutsche, „eine selbst hergestellte Wochenschau“, wie Marion Keller hervorhob, „nur bei uns.“ [12]

In den Mittelpunkt stellte sie die „human interests“, Reportagen nach amerikanischen Vorbild über die sogenannten kleinen Leute, „die sich durch besondere Leistung, durch besondere hervorragende Charaktereigenschaften oder durch Hilfsbereitschaft auszeichneten“ [13] , also den einfachen Menschen, „denn er und seine Lebensbedingungen machen ja schließlich die Zeitgeschichte“. [14] Damit war nicht nur die Abkehr vom hohlen Pathos der Nazi-Wochenschau verbunden, sondern auch von der traditionellen bürgerlichen Aktualitäten-Schau, von sozialdemokratischer Bildungsbeflissenheit und kommunistischer Agitation. Mit allen Kräften nahmen sie die kurzzeitige Chance auf eine „kämpferische Demokratie“ (Wilhelm Pieck) und den reformkommunistischen Ansatz für einen „besonderen deutschen Weg zum Sozialismus“ (Anton Ackermann) wahr und setzten sie in eine Filmwochenschau um, wie es sie in Deutschland noch nicht gegeben hatte. Der Augenzeuge, der daraus entstand, konnte gar keine unpersönliche Schau sein. Das war Zeitgeschehen, gesehen durch Temperament, Überzeugung, Charakter. „Die Politik ist das A und O. Wir versuchen, die Entwicklung zu beeinflussen, soziale Bestrebungen zu unterstützen, kritisieren Mißstände und behaupten nur da etwas, wo wir Zeugen haben. Unsere Art, nicht moralisch streng mit dem Zeigefinger zu drohen, sondern das Publikum zur eigenen Meinungsbildung zu erziehen, hat sich bewährt und überall Anklang gefunden. So können wir einen kleinen Beitrag zur Demokratisierung liefern.“ [15] Fünfundvierzig Jahre später bestätigte Marion Keller ihren Ansatz. „Die Priorität des Positiven war für mich legitim. Wir waren ja noch einmal davongekommen.“ [16]

Publikum und Kritik goutierten die DEFA-Wochenschau. „Der Augenzeuge ist das bei weitem Erfreulichste, das uns die langsam wieder zu Atem kommende deutsche Filmproduktion bisher zeigen konnte“, so Starkritiker Friedrich Luft. [17] Die Kinos spielten wieder, die ersten Wochenschauen kamen aus dem Ausland, doch deren Filmberichte hatten mit der deutschen Nachkriegswelt nichts zu tun. „Ihre Welt war nicht unsere Welt, ihre Sprache nicht unsere Sprache. Wir nahmen sie zur Kenntnis, aber sie bewegten uns kaum“, fand Hans Ulrich Eylau. „Doch dann erschienst du, der erste Augenzeuge, und sprachst uns an, als ob du uns schon lange kanntest und wir dich auch. Du wurdest uns schnell vertraut, denn, das merkten wir schon, du sahst die Welt und die Menschen, die du uns zeigtest, mit unseren Augen. Deine Freude war unsere Freude – aber unser Aerger war auch dein Aerger! Daran erkannten wir zuerst, daß du nicht ein landläufiger Allerweltsberichterstatter, sondern etwas Neues und Besonderes warst: du konntest dich ärgern. Du bezogst Stellung, du hattest deine eigene Meinung. [...] Und noch etwas: du wurdest nicht feierlich. Ueber den großen Nöten hast du nie die kleinen Freuden vergessen. Jedesmal, wenn du in neuem Gewande erschienst, brachtest du etwas Beschwingtes, Leichtes, Heiteres, Befreiendes. [...] Ein guter Freund bist du uns mit der Zeit geworden. Das sollst du bleiben.“ [18] Dass der Augenzeuge den richtigen Ton traf, machte Marion Keller am Mann von der Straße fest, wie an jenem Berliner Chauffeur, der seinen Kollegen sagte: „‚Was [...], ihr habt den Augenzeugen noch nicht gesehen? Menschenskinder, da müsst ihr hingehen! Wenn man das sieht, da bekommt man richtig wieder Mut.’ Solch ein Urteil ist der schönste Lohn für diese Arbeit.“ [19]

Alltag der Wochenschau

Woche um Woche waren drei Wochenschauen in Vorbereitung und Arbeit, deren Länge anfangs zwanzig Minuten betrug und sich der üblichen Länge von zehn Minuten allmählich annäherte. Metermäßig umfassten sie das Volumen von acht Spielfilmen im Jahr. Beschäftigt waren damit 50–60 Mitarbeiter, die Hälfte davon Frauen und diese wiederum nicht nur bei Hilfsarbeiten, sondern in qualifizierten Positionen. Die technischen und Arbeitsbedingungen entsprangen und entsprachen den Nachkriegsbedingungen. Es war schlechthin ein Rätsel, wie damit eine Wochenschau realisiert werden konnte. Eine Hilfe war die Zusammenarbeit mit den DEFA-Filialen in Dresden, Halle/S., Schwerin (später Rostock), Potsdam, Weimar. Der Sujet- und Filmaustausch mit Sowjetunion, USA, Frankreich, Polen, Österreich, Tschechoslowakei, Jugoslawien, Holland, Bulgarien kam in Gang. „Diese Verträge sind in manchen Fällen der erste Kulturaustausch mit dem Ausland gewesen“. [20] Eine Belastung stellte die Schwierigkeit dar, „Devisen auch nur in der geringsten Höhe zu erhalten, um die Portospesen für Sendungen an ausländische Wochenschauen aufzubringen. An diesen geringfügigen Devisenbeträgen scheitern eine Reihe von Austauschen.“ [21]

Zusätzlich wurden Sonderfilme, Wahlfilme, Beiprogrammfilme ins Programm genommen. Der Augenzeuge lief, alliierten Regelungen zufolge, nur in der sowjetischen Besatzungszone, immerhin in 1600 Kinos, und erreichte 4 Millionen Zuschauer. Das lohnte einen Sonderservice, der den Augenzeugen aus dem sonstigen Kino-Angebot heraushob: der Kindersuchdienst, der von Nr. 12/46 bis 137/48 jede Wochenschau eröffnete und in dessen Ergebnis 400 Kinder ihre Eltern wiederfanden. Dazu kamen verschiedene Sprecher nach französischem Vorbild, Rhythmus, Akzentuierung durch Montage, Zusammenstellung der Sujets in harmonischen Übergängen oder Gegenüberstellungen, Reportagen, Berichte, Interviews, Selbstkommentar beteiligter Personen, Parodien, Film-Feuilletons, Quer- oder Mitschnitte von Konzerten, Theatertaufführungen, Balletten, die sog. musikalischen Sujets. „Im Interesse der Harmonie einer Schau muss das Gewicht weise zwischen Sensation, wirklicher Bedeutung und Unterhaltung verteilt sein“. [22]

Der Augenzeuge war von Anfang eine gestaltete Wochenschau, nicht nur eine Nummern-Schau. „Beim Augenzeugen beginnt die Arbeit mit der Idee, die in der Redaktionssitzung entsteht. Sie wird durch die Besprechung in ihren Gestaltungsmöglichkeiten festgelegt, und von Fall zu Fall wird ein ‚mündliches Drehbuch’ verfasst.“ [23] Kultur bediente nicht nur das Informationsbedürfnis, sondern zog wie ein Kurzfilm den Zuschauer in seinen Bann; nicht selten kommentierten die Szenen vorangegangene Sujets. Auch direkte Kritik scheute der Augenzeuge nicht. Fast durchgängig gab es ein Sujet mit Originalton, um den Slogan beim Wort zu nehmen. Als wenn das nicht schon erfreulich und genug wäre, versprach Maetzig im Mai 1947 für die im laufenden Jahr vorgesehenen nächsten Augenzeugen „einen völlig neuen, einen lebendigen, suggestiven, aggressiven und satirischen Stil“ [24], und durch den Wochenschau-Austausch „wird er mehr als bisher in der Lage sein, zur Förderung des gegenseitigen menschlichen Verstehens beizutragen“. [25] Einen Überflug über die Sujets und also eine Kurzgeschichte der Wochenschau-Inhalte zu geben ist hier nicht der Ort, dafür muss auf die Literatur verwiesen werden. [26]

Wie Kurt Maetzig, stand sich auch Marion Keller gut mit der Kulturabteilung des Zentralsekretariats der SED und deren Leitern Richard Weimann, Dr. Josef Naas, Karl Raab, wie auch mit der Zentralverwaltung für Volksbildung und dessen Kulturabteilungsleiter Herbert Volkmann. Sie war Mitglied der Kommission Film im Zentralen Kulturausschuss der SED und der Arbeitsgemeinschaft sozialistischer Künstler der DEFA und Teilnehmerin am 1. Deutschen Filmautorenkongress 1947.

In ihrer Arbeit traf sie regelmäßig mit Vorstandsmitgliedern der DEFA, wie Alfred Lindemann, Karl Hans Bergmann, Rudolf Engel, Falk Harnack, insbesondere mit Hans Klering und Walter Janka, sowie mit Kollegen von Film, Theater, Funk und Literatur, wie Slatan Dudow, Alexander Stenbock-Fermor, Wolfgang Langhoff, Matthäus Klein, Hans Mahle, Ernst Busch, Bodo Uhse, Max Schröder, Wolfgang Harich, Alfred Kantorowicz, zusammen. Die Journalistenkollegen Herbert Geßner und Karl-Eduard von Schnitzler, aus München und Hamburg in den Osten gekommen, arbeiteten für den Augenzeugen. Maetzig und Keller besuchten die Klubs der Alliierten und hielten Kontakt zu deren Kulturoffizieren. Für die der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) war das ein Muss. Auch wenn der Gang von Berlin-Mitte nach Karlshorst zur Politischen Hauptverwaltung der SMAD nicht gerade der nächste Weg war, war er oft der kürzeste, um zum Ziel und zu Drehgenehmigungen zu kommen. Die Beziehungen zu Alexander Dymschitz, Mark Mogilewer, Alexander Mosjakow gingen über das Dienstliche hinaus und wurden zu Freundschaften, ähnlich wie bei den Militärzensoren Sergej Barski und Samuil Simowski. Mit den sowjetischen Vorständen und Mitarbeitern in der DEFA, also mit Ilja Trauberg, Andrej Andrijewski, W.P. Wassilenko, war es ein gutes Auskommen. Wladimir Semjonow, der Politische Berater des Obersten Chefs der SMAD, war oft bei den Abnahmen der Wochenschau zugegen, in denen es nicht selten zu Meinungsverschiedenheiten kam. „Ich könnte ja den Zensor spielen, weil wir das formale Recht dazu haben. Das werde ich nicht tun. Aber wenn Sie mich fragen, dann würde ich es so und so anders sehen.“ [27] Zu Anton Ackermann hatte sie seit der Arbeit an Einheit SPD-KPD (1946), bei dem sie Mitautorin war, einen Draht. Und zu Wilhelm Pieck ein herzliches Verhältnis, das für Anekdoten gut war.

1946/47 hatten Kurt Maetzig und Marion Keller noch in Prenzlauer Berg von Berlin gewohnt. 1947 zogen sie ins Babelsberger DEFA-Gästehaus in der Stubenrauchstraße. Im September erwartete Marion Keller ihr zweites Kind. Sportlich von Haus aus, stellte es für sie das geringste Problem dar, hochschwanger im Griebnitzsee ein Bad zu nehmen. Die privatime Angelegenheit machte sofort die Runde, ihr Ruf errang Spitzenwerte. Von der Arbeit blieb sie nur die nötigste und vom Mutterschutz vorgesehene Zeit fern. In dieser Zeit vertrat sie Vorstandsmitglied Hans Klering. Das eigentliche Problem war eher, dass ihre Ehe auseinander ging. Da sie ein Mensch war, die Dinge zu nehmen, wie sie waren und das Beste daraus zu machen, blieben sie für eine kurze Weile noch freundschaftlich und in Sachen DEFA kooperativ verbunden. Nach der Scheidung zog Maetzig in das Haus gegenüber, Tochter C. blieb bei ihm und seiner neuen Partnerin und alsbaldigen Frau Yvonne. Marion Keller zog mit der erstgeborenen Tochter K. nach Groß Glienicke.

Kellers „human interests“ konzentrierten sich nicht nur auf die Menschen vor der Kamera, sondern fanden ihren Ausdruck auch im Umgang mit den Mitarbeitern in der Wochenschau selbst, und das von Anfang an. „Daß der Feierabend sich nach der Arbeit richtet und nicht die Arbeit nach dem Feierabend, das ist für alle Leute bei der Wochenschau eine Selbstverständlichkeit. Diese Selbstverständlichkeit ist nicht nur der Redaktion, sie ist auch jedem Abeiter in Fleisch und Blut übergegangen.“ [28] Gerade darum setzte sie sich auch immer wieder für ihre Mitarbeiter ein, ganz gleich, ob es um Bezahlung ging, Versorgung, Arbeitszeit. „Gute Mitarbeiter lassen sich aber nur dann halten, wenn sie entsprechend ihren Leistungen behandelt werden. [...] In technischer und künstlerischer Hinsicht leistet der Stab der Wochenschau mindestens gleich qualifizierte Arbeit wie der Stab der Spielfilm-Produktion: Die Arbeit dürfte also Anreiz für gute Mitarbeiter besitzen. [...] Diese Arbeitsleistung wird von den Wochenschau-Leuten durch grosses Arbeitstempo, aber auch durch erhebliche Überstunden, Nachtarbeit, Sonntagsarbeit, Verzicht auf Urlaub erreicht. [...] Ob es Weihnachten, Ostern oder Pfingsten ist, stets hat die Wochenschau Hochbetrieb.“ [29]

Ein Gleiches betraf die Frauenfrage, wofür sie schon immer ein Faible hatte. In der Praxis der DEFA-Wochenschau nahm sie vorweg, was in der Gesellschaft noch Zukunftsaufgabe war: Gleichberechtigung. „Alle haben sich daran gewöhnt, daß ich eine Frau bin, noch dazu eine ziemlich junge, [...] wir arbeiten alle gut zusammen, weil wir die Leistung jedes einzelnen respektieren. Wir haben 50% Frauen, die qualifiziert arbeiten. [...] Einer kann sich auf den anderen verlassen, Männer auf Frauen und Frauen auf Männer.“ [30] Von außen sah man das dem Augenzeugen offensichtlich an. „Mit viel fraulichem Scharm und instinktsicherer Weiblichkeit wird hier eine Aufgabe so gelöst, daß man dem Werk immer noch das ‚gewisse Etwas’ anmerkt, das auch von der Frau selbst ausstrahlt.“ [31]

Selbstverantwortlich handeln, Anlass und Folgen des Tuns nicht auf Andere legen: diese Haltung zeichnete sie aus. Im Frühjahr 1948 ließ der Augenzeuge noch einmal vier Millionen Kinobesucher die Botschaft dieser gesellschaftlichen Selbsterneuerung vernehmen, in der sich die ganze Programmatik des Gründungs-Augenzeugen verbarg: „Der Mensch ist frei – er hat selbst für alles aufzukommen: für seinen Glauben, seinen Unglauben, seine Liebe, seine Vernunft. Nicht durch Mitleid erniedrigen soll man ihn ... sondern respektieren!“ [32]

Kritik und Krise

In der zweiten Hälfte des Jahres 1948 wurde in der Sowjetischen Besatzungszone der Grundstein gelegt für den Bau, der im Jahr darauf Deutsche Demokratische Republik heißen sollte: Die SED beschloss einen Zweijahresplan. In der Sache war das einleuchtend: Warum Wirtschaft nicht planmäßig entwickeln, Ressourcen freilegen und die Menschen mitnehmen? Die Zweijahresplankonferenz der SED Anfang September 1948, wo die Unterstellung der Künste unter die Maßgaben der SED in Rede stand, hätte allerdings zu denken geben können. Das sei erst der Beginn des Kampfes und der offenen Auseinandersetzung auf allen Gebieten des Kunstschaffens, klopfte Walter Ulbricht in unverblümter Offenheit auf den Busch. „Die Auseinandersetzung geht um die Grundfrage des Weges zum Sozialismus und die Rolle der Partei.“ [33]

Für Marion Keller verstand es sich von selbst, dass der Augenzeuge einen Beitrag zur Verwirklichung des Zweijahresplans leistete, was eine Zunahme von Wirtschaftssujets zur Folge hatte, nach der Devise: Je konkreter, desto besser. Kurt Maetzig äußerte dagegen begründete Angst vor einer Propagandawelle, die bei der Masse der Gutwilligen und zu Gewinnenden nur Protest und Ablehnung hervorrufen könne. „Ich warne deshalb die Redaktion des Augenzeugen vor einem allzu volltönenden Aufbaupathos. Ich warne vor der ständigen Wiederholung bestimmter Vokabeln aus dem Schatz unserer politischen Schlagwörter.“ Und er warnte davor, „das Konzept des Augenzeugen dürfe nicht der Tagespolitik geopfert werden“. Zwischen der tatsächlichen Lage und den Mitteln der Kunst dürfe sich niemals eine Schere auftun, die vom Publikum nicht geschlossen werden könne. Die Mittel der Propaganda würden sich erschöpfen, und eine auf Schlagworten aufgebaute Propaganda ließe sich unter keinen Umständen längerfristig wirkungsvoll erhalten. „Der erregenden Wirkung der Propaganda folgt mit Sicherheit die Ernüchterung und der Katzenjammer.“ [34]

Was nach Kritik klang, war in Wirklichkeit Schützenhilfe zur Bewahrung des Gründungsauftrag des Augenzeugen, seinem Slogan „Sie sehen selbst, Sie hören selbst, urteilen Sie selbst“ gemäß den Menschen nach wie vor zum „eigenen kritischen Denken erziehen und ihn anregen, sich mit den interessierenden Tatbeständen [...] auseinanderzusetzen“. [35] Keller setzte das um in ein Grundsatzpapier für Ackermann, den Ideologie-Sekretär der SED. Sie plädierte für die „Schärfung des kritischen Geistes durch Kritik an öffentlichen Missständen“ durch „sachliche Berichterstattung, und zwar durch überzeugende Bilder, nicht durch rhetorische Informationen“. Satire und Parodie seien zur Behandlung ernster Themen hervorragend geeignet, „pathetische Berichte dagegen sollen sparsam verwendet werden“. In jeder Nummer sollte grundsätzlich „ein im positiven oder negativen Sinn kritisches Sujet zum Zweijahrplan“ enthalten sein sowie „ein Sujet, welches die Verkettung von Politik und Leben des einzelnen sinnfällig demonstriert“. [36]

Aus dem starken Ackermann von 1946 war ein gebrochener Mann geworden, der im September 1948 seinen berühmten Satz zurücknehmen musste als „von Anfang an falsch“. [37] Von ihm war weder Verständnis noch Unterstützung zu erwarten. Schon gar nicht dafür, „es dem Zuschauer [zu] überlassen, sich sein eigenes Bild zu machen“. [38] Die Aufforderung zum selbständigen Urteilen stand der Forderung nach Unterordnung unter den Wahrheits- und Führungsanspruch der SED als einer Partei neuen Typus von 1949 diametral entgegen. Maetzigs Ratschläge und Kellers Grundsätze gingen an der neuen Lage und am Ziel vorbei. Die Wirklichkeit schnitt den Hoffnungen von 1946 den Schneid ab.

Die SED stellte den Augenzeugen unter Parteikontrolle. „In dieser schlimmsten Stunde jeder Woche stand ich ganz allein und musste unsere Auswahl der Sujets und ihre Präsentation gegen didaktische und politische Einwände vieler Art durchsetzen.“ [39] Das fiel selbst dem SMAD-Zensor auf. „Bei unseren kritischen Berichten über offensichtliche Missstände für jedermann, die dem [deutschen] ZK stets ein Dorn im Auge waren, sagte Simowski meist: Aber Marion Keller hat doch recht.“ [40] Im Mai 1949 schließlich wurde sie sogar von den Pressebesprechungen im ZK-Sekretariat ausgeladen. „Ich sehe diese Maßnahme als einen großen Schaden für den politischen Gehalt des Augenzeugen an und kann mir dieses Verbot nur als ein Mißtrauensvotum gegen meine Person erklären.“ [41] Eine Woche nach Gründung der Deutschen Demokratischen Republik im Oktober 1949 brach Marion Keller in ein Stöhnen aus, das man von ihr nicht kannte. „Prophet muss man sein, um eine Wochenschau zu machen. Prophet muss man sein, um beispielsweise die Eröffnung eines Kongresses mit dem Kommentar zu bringen, der der Entwicklung gerecht wird, die sie in dem Augenblick besitzt, wenn der Filmstreifen schließlich im Kino läuft.“ [42]

Der Augenzeuge, einst Partner des Zuschauers, wurde Sprachröhre des Parteigeistes und Vormund des Publikums. Als erstes fiel der Slogan. Dann wurde der Kindersuchdienst eingestellt. Schließlich ging es nicht mehr um die Beistellung eines politischen Redakteurs, den Keller immer gefordert hatte, sondern um die Neubesetzung des Chefredakteur-Postens.

Im November 1948 war Dr. Gerhard Dengler als politischer Chefredakteur eingestellt worden. Das Gehalt war das gleiche, nur die Funktionszulage als Abteilungsleiterin und das Renommee unterschieden Keller von ihm. Dengler war zuvor Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung gewesen, im Dritten Reich Artillerieoffizier vor Stalingrad. Nach dem Antifa-Lager des Nationalkomitees Freies Deutschland (NKFD) kam er gewendet nach Deutschland zurück. Er fand den Kurs des Augenzeugen nicht parteigemäß. So sehr er sich auch bemühte, er konnte ihn nicht wenden. Und wurde abberufen. Inzwischen war es immer klarer geworden, dass die Arbeit des Augenzeugen eine Parteifrage war und die DEFA-Genossen einen Fehler begingen, „wenn wir der Gen. Keller nicht klarmachen würden, daß sie sich ideologisch noch weiterbilden muß“. [43] Die ideologische Runderneuerung fand im Sommer 1949 auf einem Sonderlehrgang in der Parteihochschule in Kleinmachnow statt. Was dazu führte, dass ihre Abwesenheit von Berlin bemerkt wurde und in West-Berliner Zeitungen das Gerücht aufkam, wonach sie vor der „GPU“ in den Westen geflüchtet sei. [44] Daran war nichts wahr, aber nach den Fluchtfällen von Erich W. Gniffke, Günter Matern und Wolfgang Leonhard war die SED-Führung empfindlich auf diesem Ohr geworden. Obwohl ganz unschuldig, war Marion Keller verbrannt. Sie war die Chefin eines einflussreichen, vielleicht sogar des einflussreichsten Mediums jener Zeit. Wenn sie die Parteilinie nicht verstand und verfolgte, war sie ein unsicherer Kantonist und fehl am Platz.

Die SED war, nachdem die sowjetische Seite ihren Anteil an der DEFA A.-G. 1950 abgetreten hatte, Eigentümerin der DEFA und bestimmte die Personalpolitik. [45] Also griff die SED-Führung in ihre Kaderreserve und beorderte Günter Klein in die Wochenschau. Klein war bei der Luftwaffe gewesen und aus der NKFD-Bearbeitung als Kommunist hervorgegangen. Er war Journalist beim Sowjetischen Nachrichtenbüro und der Berliner Zeitung gewesen und mit politischen Fragen, was auch hieß: mit dem politischen Prozedere, wohl vertraut. Der Beschluss kam „von ganz oben“, aus Ulbrichts Kleinem Sekretariat, und war unmissverständlich: „Genossen Günter Klein wird die Chefredaktion für die DEFA-Wochenschau Der Augenzeuge übertragen.“ [46] Sein Auftrag, wie der des neuen DEFA-Vorstandsvorsitzenden Sepp Schwab, war, DEFA und Wochenschau in ihrer inneren Struktur umzugestalten, ihre ideologische Funktion zu stärken und sie für die SED verfügbar zu machen. Das war für Marion Keller, nach der konstruktiven Zusammenarbeit mit Walter Janka, eine Wendung, die sie nicht nachvollziehen konnte, und eine Praxis, die nicht die ihre war. Sie wurde nicht entlassen, für sie sollte es einen Platz in der Redaktion geben, und Klein war bereit, mit ihr zu arbeiten. [47] Auch Marion Keller war bereit, mit ihm zu arbeiten, aber nicht unter ihm. Sie begriff, dass es diesmal ernst wurde. Sie richtete noch das neue Domizil der Wochenschau in der Jägerstraße ein, zeichnete im Titel gemeinsam mit Klein bis zur ersten Dezembernummer des Augenzeugen. Dann wurde sie „gefeuert“. Eine Begründung ist nicht überliefert. Es ist anzunehmen, dass, wie bei der Einsetzung des neuen Leiters der Wochenschau, auch hier der ZK-Apparat involviert war. Die Kündigung beachtete die gesetzliche Kündigungsfrist, stellte sie aber mit sofortiger Wirkung von der Arbeit frei. Das war kein freundlicher Abschied im gegenseitigen Einvernehmen. Am 31. März 1950 schied Marion Keller aus der DEFA aus [48]. Im Unterschied zu den Elogen zwei Jahre zuvor nahm davon keine Zeitung Notiz.

Restlaufzeit

Marion Keller wurde bei der DEFA als freie Mitarbeiterin auf Vertragsbasis weiterbeschäftigt. Nach ihrer Drehbuch-Arbeit für Chemie und Liebe (1946-1948) frönte sie weiteren Spielfilm-Ambitionen. Gemeinsam mit Kurt Maetzig hatte sie „Der große Rummel“ als politische Revue in den Thematischen Plan von 1946/47 lanciert [49], gefolgt von der Idee „Nur ein paar Meter Film“ (1949), die im Wochenschau-Milieu spielen sollte [50], und einem Lustspiel zum Thema Sitten (1950) [51], die sie aber nicht weiter verfolgte. Sie nahm an den DEFA-Autorentreffen 1948–1950 teil [52] und war beim Spielfilm zusammen mit Weisenborn, Böttcher und Kampendonck einer Dramaturgengruppe zugeteilt. [53] Zur Fünfjahresfeier der DEFA 1951 wurde sie im Jubiläumsbuch „Auf neuen Wegen“ noch unter den ständigen künstlerischen Mitarbeitern aufgeführt. Mit anderen Worten: Marion Keller dachte nicht daran, sich von der DEFA zu trennen, und konnte auf Kollegen und Freunde zählen.

Sie schrieb noch einen Dokumentarfilm, der ein ähnliches Schicksal nahm wie 1948 der Film über das Alexandrow-Ensemble, bei dem ihr aus politischen Gründen der Titel Botschafter des Friedens aufgedrückt wurde. [54] Hier wurde aus „Die Frauen sind dabei“ Unsere Frauen im neuen Leben (1950) mit einem aufgesetzten Kommentar von Karl Gass. [55] Dann war erst einmal Schluss. Marion Keller beklagte sich beim SED-Landesvorstand Berlin, „dass sie zunächst aus der DEFA habe ausscheiden müssen und trotz fortdauernder Bemühungen, neue Arbeit bei der DEFA zu bekommen, nicht wieder zur Filmarbeit herangezogen worden sei“. [56] Kurzfilmchef Dr. Heino Brandes vermittelte sie an die Kulturfilmproduktion, wo 1951 nach ihrem Buch und unter ihrer Regie KINDERGÄRTEN [57] entstand, nicht zuletzt gespeist aus den Erfahrungen mit ihrer ältesten Tochter, nichtsdestotrotz Brotarbeit. Ihrer Fröhlichkeit tat das keinen Abbruch. Doch ewig konnte das so nicht weitergehen.

Marion Keller, von Beginn an Mitglied der SED, blieb der DEFA-Betriebsgruppe weiterhin erhalten. Beim 1. Parteilehrjahr der SED im November 1950 wurde die promovierte Wissenschaftlerin, Antifaschistin und DEFA-Mitbegründerin in den Grundlehrgang verwiesen. Zur Eröffnung trug sie Majakowskis Verse über die Partei vor. [58] „Eins aber wollt ich aufs neue blankschleifen: P a r t e i – als erhabensten Strahlenspender! / Was ist der Einzelne?/ Wen geht er an? / Sein Stimmchen ist dünn wie der Pfiff einer Maus. / Wer hört ihn?/ Vielleicht hört die Frau ihren Mann, / zwar nicht auf dem Markt, doch vielleicht zu Haus./ Partei – ist ein bündig geraffter Sturm / versammelter Stimmen, gesellig und hell.“ [59] Das war griffig, daran mochte sie glauben, dazu hatte sie gestanden. Nun standen Änderungen ins Haus, im Großen wie im Kleinen, und sie mittendrin im Mahlwerk der Politik. In den Parteiversammlungen suchte sie Klärung ihrer Angelegenheit und der Zukunft bei der DEFA, fand dort aber weder Verständnis noch Stimmen, gesellig und hell, sondern nur Gegenwind. Wann und wie sie die Bindung an die Partei löste, ist nicht bekannt, verlorengegangen war sie ihr sowieso.

Die Vertragsfrage von Marion Keller beschäftigte den DEFA-Vorstand bis Mitte 1951, doch ohne Ergebnis. [60] Kindergärten lief Mitte Juli 1951 in den Kinos an, danach war Schluss. Wie weiter? DEFA-Vorstandsvorsitzender Sepp Schwab verfocht eine Politik der harten Hand. Einmal von der Partei fallengelassen, gab es keine Chancen mehr, eine Erfahrung, die auch Kellers Genossen Janka und Harnack machen mussten. [61]

Mit ihrer Idee einer Verbindung von Theorie und Praxis journalistischer Ausbildung in „F-F-F-P – eine neue Fakultät?“ [62] (1949) hätte sie sich für eine akademische Laufbahn empfehlen können, doch weder an der Universität Leipzig, die ein Institut für Publizistik und Zeitungswissenschaft hatte, noch an der in Vorbereitung befindlichen Filmhochschule Babelsberg, absichtsvoll als für „Filmkunst“ etikettiert und mit Kurt Maetzig als Gründungsrektor, war ein Platz für sie.

Nach dem Abschied von der DEFA kämpfte sich Marion Keller von 1951 bis 1955 mit ihrem Lebensgefährten und Partner Horstheinz Neuendorff, auch er vom Augenzeugen („unser bester Kamera-Assistent, zuverlässig, sehr interessiert an seiner Arbeit“ [63]), als freischaffende Journalistin mit Bild-Text-Arbeiten in der DDR durch. Aus dem allzu fernen Groß Glienicke zog sie wieder nach Berlin in die Knaackstraße; der Kollwitzplatz war ihr Refugium. [64]

Gehen oder bleiben, das war die Frage, die sich stellte. Denn die andere Frage, sich zu verbiegen, sich irgendwo anzudienen, stellte sich nicht. Die Trennung von Land und Leuten fiel ihr nicht leicht; selbst nach dem 17. Juni 1953 brauchte das noch zwei Jahre. Erst nach ihrer letzten Arbeit über Max Jaaps Dreharbeiten zum Schiller-Film [65], ein Freundschaftsdienst für ihren einstigen Aufnahme-Regisseur beim Augenzeugen, verließ sie mit Kind und Kegel 1955 die DDR.

Von Marion Keller war in der DDR keine Rede mehr. Sprach man aber ehemalige Kollegen an, wie Tonmeister Heinz Reusch oder Sprecherin Isot Kilian, hörte man Loblieder auf Marion Keller. Da war nichts vergessen. Das waren und blieben die goldenen Anfangsjahre der DEFA, wo etwas geschaffen wurde, das bleiben würde, ohne Vorbild, ohne Ausstattung, mit Enthusiasmus, Ideenreichtum, Hartnäckigkeit.

Zurück auf Anfang

Wie jede Geschichte hat auch diese eine Vorgeschichte.

Geboren 1910 in Bonn als Irmgard Miriam Keller (was zwischenzeitlich zu den Initialen I.M. führte und der Einfachheit halber zu Marion), wuchs sie in Berlin in einer kinderreichen Professorenfamilie auf, studierte an der Universität Berlin Physik und Chemie, wurde mit der Dissertation über den „Beitrag zur Normung der Farbsensitometrie von photographischem Negativmaterial für bildmäßige Aufnahmen“ 1936 promoviert und war damit eine der wenigen weiblichen Doktoren der Physik über ein filmtechnisches Problem. Eine ihrer letzten wissenschaftlichen Veröffentlichungen über „Die Kinetik des photographischen Entwicklungsprozesses unter besonderer Berücksichtigung rasch arbeitender kombinierter Fixierentwickler“ fand nicht nur die Anerkennung der Fachkreise, sondern war praxisorientiert, was für ihr ganzes wissenschaftliches Denken sprach.

Sie trieb Sport, war Juniorenmeisterin in Tennis und Schwimmen, interessierte sich für Malerei, Literatur, Theater und Varieté; ihr Faible für Ballett im Augenzeugen und für Tatjana Gsovsky im Besonderen nahm damals seinen Anfang. [66] Sie war so voller Leben, dass sie sich auch an Kurzgeschichten versuchte und Erfolg damit hatte, bis ihr Goebbels’ Reichskulturkammer mit Zwangsmitgliedschaft und Ariernachweis die Lust dazu nahm. „Auf Kompromisse ließ sie sich nicht ein, noch weniger war sie bereit, sich selbst zu verleugnen. Also tauchte sie in einer Filmkopieranstalt unter und wartete auf die Stunde, in der sie wieder mitsprechen durfte.“ [67]

1938 nahm Marion Keller ihre Freundin Lilian Vásárhelyi, spätere Karina, Balletttänzerin und Tanzpädagogin, zu einem Segeltörn mit, wo sie nicht nur deren Bruder Robert kennenlernte, sondern auch dessen Freund Kurt. Da machte es Klick. Maetzig: „Sie hatte einen Charakter wie ein Gebirgsquell.“ [68] Und wie Geschichte so spielt, stellte sich heraus: Robert Rompe war der Vetter einer ihrer Freundinnen, seine Schwester Lilian die Ballettkollegin von Marion Kellers jüngerer Schwester Guta, die als „danseuse étoile“ in Paris auftrat (und nach dem Krieg in der Schweiz als La Guta reüssierte). Wenn das nicht gute Vorzeichen waren! Die schlechten waren sehr gegenwärtig: Nach dem nazistischen Rassegesetz von 1935 war eine Eheschließung von Juden mit Nicht-Juden „Rassenschande“ und bei Strafe verboten, Kurt Maetzigs und Marion Kellers Heiratswunsch von 1939 obsolet. [69]

Kurt Maetzig hatte von 1936 bis 1940 ein kleines Trickfilmatelier Radius betrieben. [70] 1940 wechselte er mit Marion Keller in die Filmkopieranstalt FEKA seines Vaters. „Nachdem ich das Vertrauen der uralten Fachleute bei einer Bombennacht mit Brand des gesamten Negativlagers gewonnen hatte – bei dem ich nicht weg-, sondern herbeirannte“ [71], nahm sie die Arbeit als Betriebsingenieurin und Laborantin auf. 1942 richteten beide ihr „Photochemisches Laboratorium Dr. Keller/Dr. Maetzig im Auftrag der Forschungsgesellschaft für Funk- und Tonfilmtechnik e.V.“ ein, die zur Klangfilm gehörte, und fanden wegen der seit 1943 zunehmenden Bombenangriffe in Werder/Havel ein Ausweichquartier. Wohnung nahmen sie in dem kleinen Ort getrennt, damit sie nach außen hin nicht als Paar erschienen. Es zahlte sich aus, dass beide doctores (Maetzig war 1935 in München mit einer Arbeit über „Das Rechnungswesen in einer Film-Kopieranstalt“ promoviert worden) Physik und Chemie in ihrem Zusammenhang und deren Überleitung in technische Verfahren im Blick gehabt hatten und Kontakte sowohl in die Wissenschaft als auch in die fotografisch-filmische Praxis gepflegt hatten. Die wichtigsten Aufträge kamen von Dr. Robert Rompe aus der Osram-Forschungsstelle Berlin, der dort seit 1932 tätig war und mit Lichterzeugungstechnik, Festkörperforschung, Halbleiter- und Plasmaphysik zu tun hatte.

Über Rompe kamen sie mit Dr. Friedrich Möglich zusammen, mit dem sie gemeinsam physiko-chemische Untersuchungen und Veröffentlichungen unternahmen, wie zu den Arbeiten des Lütticher Physikalischen Instituts „Über das latente photographische Bild und den Herschel-Effekt“ oder, in Fortsetzung von Marion Kellers Arbeit, „Über die Beschleunigung der Entwicklung und Fixierung photographischer Schichten durch Spurenzusatz von Thallium-Ionen und ihre Anwendung in kombinierten Fixier-Entwickler-Lösungen“, dessen praktischen Nutzen auch der technische Laie unschwer erahnen kann. Maetzig meldete eine Reihe von Patenten an. Die als kriegswichtig eingestufte Arbeit verhindert die Einziehung Maetzigs zur Organisation Todt bzw. gewährte die Rückstellung von der Deportation, die seit der sog. Fabrik-Aktion 1943 auch die nach den Nürnberger Gesetzen als Halbjuden geführte Personengruppe betraf.

Rompe war Segler, wie Maetzig und Keller, war seit 1932 Mitglied der KPD, hatte Kontakt mit Widerstandsgruppen. Das bürgerliche Leben bot eine gute Deckung. Das galt auch für Mitsegler Dr. Heinz Schmellenmeier, linksorientierter Werkstudent in Rompes Osram-Labor, Promotion, Haft, der sich gleichfalls mit einem privaten Laboratorium und kriegswichtigen Aufträgen über Wasser und fern der Front hielt. [72]

Weit vor Kriegsende kreisten die Gespräch über die Nachkriegszeit und die politische Orientierung. Maetzig nahm über Rompe Fühlung mit einer illegalen Gruppe der Kommunistischen Partei auf, der sich Maetzig und Keller im Oktober 1944 als Mitglieder anschlossen. Nach Kriegsende und der Zulassung der politischen Parteien am 12. Mai 1945 stellten sie sich der KPD-Organisation in Werder/H. zur Verfügung. [73]

Noch in der Agonie des Dritten Reiches brachte Marion Keller insgeheim ihr erstes Kind zur Welt, allerdings nicht in Werder, sondern in Berlin. Wäre das bekannt geworden, wäre es nicht weniger als ein Todesurteil für Mutter und Vater gewesen, denn es galt ja noch die Nürnberger Gesetzgebung mit dem Beziehungsverbot. Rompe nahm die Doppelrolle als Freund und Vater „aus einer Mischung von politischer Solidarität und persönlicher Freundschaft“ [74] an und sprang als „Ersatzvater“ ein. Zurückgekehrt nach Hause, brachte Marion Keller es in der Kinderklinik Beelitz unter, um keinen Verdacht auf sich und Maetzig zu lenken.

Am 3. Mai 1945 kapitulierte Werder bedingungslos, woran auch Maetzig und Keller ihren Anteil hatten. Marion Keller: „Ich habe das Kriegsende erlebt als Befreiung.“ [75] Befreiung, das waren in Werder weiße Tücher auf grauen Siedlungshäusern. Und gleichzeitig war es ein Freudenfest. Kurt Maetzig: „Wir standen zusammen vor unserem Bunker, Holländer, Franzosen und Deutsche, und sahen dem Einzug der russischen Panzer zu, die mit Blumen geschmückt waren und von den russischen Arbeitern mit Fliedersträußen beworfen wurden. Jetzt sitzen wir zusammen und besiegeln unsere Freundschaft, die wir in anderen Tagen geschlossen haben.“ [76] Marion Keller ergänzte: „Während oben auf der Friedrichshöhe ein Freudenfest der russischen Mädchen mit ungeheuren Mengen Käse, Wein u. Brot vor sich geht, sitzen wir beim Schein einer geliehenen Petroleumlampe im Labor, etwas steif feierlich u. noch zittrig vor Aufregung u. Freude, dass unser gutes Havelstädtchen so klug war, bedingungslos zu kapitulieren u. den halben Millionen deutscher Soldaten, die heute das gleiche taten, mit gutem Beispiel voran zu gehen. Wir haben auf diesen Tag zwölf Jahre gewartet u. können nur sagen, wenn in dieser Zeit alles so gut geraten wäre, wie der ‚grand vin’ von 1933, der eben über unsere Zunge rollte, so hätten wir schönere Zeiten erlebt.“ [77] Diese Flasche hatte Maetzig einst gekauft und sich angesichts des Jahrgangs vorgenommen: „Die machst du nicht eher auf, als dieser Spuk vorbei ist. Und heute war es soweit. Der Spuk war vorbei. Ich habe die Flasche geöffnet, und wir haben sie zusammen mit den Fremdarbeitern ausgetrunken.“ [78]

Maetzig und Keller hatten in Werder stationierten französischen, holländischen und russischen Zwangsarbeitern im Maße ihrer Möglichkeiten geholfen. Dafür zeichneten diese sie bereits am Vorabend mit einem Papier aus. „Wir erklären und unterschreiben, dass Frau Dr. I.M. Keller [...] immer während der langen Monate, die wir an diesem Ort verbracht haben, sehr hilfsbereit zu allen ausländischen Arbeitern und Kriegsgefangenen war. Sie hat immer nach ihren Kräften eine wirksame und sichere Hilfe im Kampf gegen die NAZIS geleistet [...] Ausserdem hat sie mehreren ausländischen Arbeitern Unterschlupf und Nahrung gegeben. Wir sind bereit all dieses unter Beweis zu stellen und unsere Unterschrift zu bestätigen. Werder (Havel), den 2. Mai 1945.“ [79]

Maetzigs erster Akt war die Vaterschaftsanerkennung. „Ich entsinne mich sehr genau, dass ich in den Maitagen 45 zu dem Standesbeamten hingegangen bin und ihm gesagt habe: ‚Das wird jetzt geändert!’ Und als der sagte, das sei unmöglich, habe ich ihm einfach das Register aus der Hand genommen, den Namen Rompe durchgestrichen und den Namen Maetzig hingeschrieben. In Ordnung war die Sache, habe ‚Wiedersehen’ gesagt und bin weggegangen. Das ging eben alles damals ein bißchen rauh zu, aber damals fühlte ich, die Diktatur ist weg, und der Freiheit müssen Flügel wachsen.“ [80]

Zweiter Akt: die Ende Mai 1945 nachvollzogene Heirat von Maetzig und Keller. Die Urkunde musste nicht nur aufgesetzt, sondern auch besiegelt werden. Es gab aber nur die alten Stempel und noch keine Anweisung, wie damit zu verfahren war. Also kam der Nazi-Stempel aufs Papier mit dem Adler und dem Hakenkreuz, das durch leichtes Verwischen unansehnlich gemacht worden war. Die Fahrt von Werder nach Berlin war ihre Hochzeitsreise. [81]

Dritter Akt: Was tun? In Berlin-Lankwitz fanden sie im Juni 1945 einen verlassenen, komplett eingerichteten Filmbetrieb, der vor einem Monat noch der Luftwaffe gehört hatte, mit Synchron-Atelier, Schnitt- und Vorführungsräumen, Kopieranstalt und eigenem Wasserwerk. Das galt es in Gang zu bringen, in Kombination von Physik und Chemie, nach Versuch und Irrtum, Kopierwerkserfahrungen hatten sie ja, gelernt ist gelernt. Maetzig fand Kontakt mit der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) in Karlshorst, lief dort als erstes dem Kulturoffizier Alexander Dymschitz über den Weg und erhielt den Auftrag zur Herstellung von Filmkopien. Dann lief die erste Rolle durch die Entwicklungsmaschine. „Der Film, um den wir so eifrig bemüht waren, hieß Die steinerne Blume.“ [82] Damit begann die Filmarbeit im Nachkriegs-Berlin – und eine lebenslange Freundschaft mit Dymschitz.

Robert Rompe war für beide eine Schlüsselfigur nicht nur jener Zeit, sondern auch nach 1945. Rompe, inzwischen in der Zentralverwaltung für Volksbildung für Hochschulen zuständig, gab Maetzig den Rat: Geh dorthin! Maetzig wollte nicht an einem Schreibtisch sitzen, wurde aber als Filmfachmann, der er war, in das Film-Aktiv aufgenommen, das zur Aufgabe hatte herauszufinden, wie und unter welchen Umständen eine Filmproduktion in Gang zu bringen war. Dymschitz verschaffte Maetzig und Keller eine Wohnung in der Pasteurstraße 16, vierter Stock, sowjetischer Sektor von Berlin.

Bis zum Antritt des Film-Aktivs nahm Marion Keller in Vertretung Rompes an der Berliner Universität Aufnahmeprüfungen von Studenten ab und arbeitete in diversen Ausschüssen mit. Im Oktober 1945, als das Film-Aktiv an die Öffentlichkeit trat, übernahm sie dessen Pressearbeit. Erster Lokaltermin: die berühmte Zusammenkunft von Filmschaffenden im Hotel Adlon am 22. November, Gründungslegende des neuen deutschen Films, Entscheidung für das, was für den Anbeginn am Wichtigsten war. Am Anfang war die Wochenschau. Marion Keller gab ihr den Namen dafür: Der Augenzeuge.

Die Wiederentdeckung

Marion Keller und Horstheinz Neuendorff übersiedelten 1955 nach Baden-Baden, arbeiteten fortan in der PR-Branche und erfüllen sich jenen Traum, den Marion Keller in ihrem „F-F-F-P“-Beitrag umrissen hatte: Literatur, Journalismus, Fotografie und Film miteinander zu verflechten. Die Voraussetzungen dafür waren trotz der Konkurrenz gut. Marion Keller kamen wissenschaftliche Ausstattung und journalistische Übung zustatten, Neuendorff wusste als Fotograf und Kameramann mit genauem Blick und rechtem Licht zu reüssieren. Mit ihrer Firma „Foto-Design/Grafik-Design“ spannten sie den Bogen von versierter Werbearbeit (Idee, Design, Textierung) über komplexe PR-Betreuung bis zu wissenschaftlich-technischer Literatur, insbesondere zur Flug- und Flugfunktechnik.

Das hätte ruhig so weitergehen können, doch, wie man weiß, wenn über eine Sache endlich Gras gewachsen ist, kommt irgendwann ein Esel, der alles wieder runterfrisst.

Was 1981 mit den Forschungen zum frühen DEFA-Dokumentarfilm und zur Wochenschau „am undogmatischsten und kritischsten“ [83] seinen Anfang nahm, blieb andernorts nicht unbeachtet. Eines Tages tauchte in Baden-Baden der amerikanische Historiker R.C. Raack auf mit Fragen zur deutschen Nachkriegsgeschichte. Marion Keller musste nicht in Erinnerungen kramen. Ein Griff in die Schublade, und vor Raack lag der komplette von ihr angefertigte Pressespiegel von 1946 bis 1952. Raack zog mit einer Kopie von dannen, von der im Frühjahr 1983 wiederum eine Kopie nach Berlin kam. Das Buch zur Frühgeschichte der DEFA von Christiane Mückenberger und Günter Jordan war vom Henschel Verlag 1990 aus dem Verlagsprogramm genommen worden. Dafür brachte es Heinz B. Heller unter dem Titel „Sie sehen selbst, Sie hören selbst ... Eine Geschichte der DEFA von den Anfängen bis 1949“ 1994 in Marburg heraus. [84] Darin hatte Marion Keller in der Filmgeschichtsschreibung endlich den Platz gefunden, der ihr gebührte. Zwei Jahre zuvor, 1992, hatten ihre „Erlebnisse und Einsichten bei den ersten zweihundert Augenzeugen“ [85] in der ostdeutschen Zeitschrift Film und Fernsehen bereits für Aufsehen und ihr Name für Aufregung gesorgt: Wer ist das? Es grenzte an ein Wunder, dass die Redakteurin Erika Richter sie in Baden-Baden ausfindig machte und ihr allen Platz zur Verfügung stellte. Marion Keller wunderte sich nicht. Sie wusste: Es stand ihr zu. Nun merkten auch die Kollegen im Westen auf. Das Institut für den wissenschaftlichen Film (IWF) Göttingen nahm für seine Reihe „Die Entwicklung der Wochenschau in Deutschland“ Interviews zum frühen DEFA-Augenzeugen mit Kurt Maetzig (1994) und Marion Keller (1995) auf. Zum ost-/westdeutschen Gemeinschaftswerk und Höhepunkt geriet ihre öffentliche Ehrung beim Sonderprogramm „Wochenschau in Deutschland West und Deutschland Ost“ auf der Oberhausener Kurzfilmwoche 1996.

Marion Keller hat ein Kapitel Wochenschaugeschichte geschrieben, wenigstens in Deutschland, wenn nicht darüber hinaus. Der Augenzeuge war ihr Lebenswerk. Er spielte eine durch nichts zu ersetzende Rolle in der öffentlichen politischen und kulturellen Kommunikation und hinterließ Spuren eines demokratischen Traums auf der Leinwand. Es waren vielleicht ihre besten Jahre, in denen sie wirken konnte in ihrer Zeit.

© Dr. Günter Jordan 2016

Dank an Dr. Claudia Köpke-Maetzig für ihre freundschaftliche Unterstützung.

Anmerkungen

[1] Hans Hill, Eine Frau – Wochenschauredaktorin, Die Tat/Zürich, 10.4.1948

[2] Ebd.

[3] Ebd.; „aggressiv“ dem allgemeinen Sinn nach: angriffslustig (dto. Anm. 22)

[4] Das Porträt: Dr. Marion Keller, Sonntag 1.8.1948

[5] Gustav Leuteritz, Schöpferisch und volksverbunden, Tägliche Rundschau 7.3.1948)

[6] Privatarchiv Marion Keller

[7] Verzeichnis der Räume in der Hankestraße, BArch DR 117/v.S 48

[8] Jahresbericht der Wochenschau „Der Augenzeuge“, o.D. (Januar 1947), ebd.

[9] Aufgabenkreis von Marion Keller, 5.1.1948, BArch DR 117/v.S 199

[10] Kurt Maetzig/Marion Keller, Ein Dutzend „Augenzeugen“, Tägliche Rundschau 11.8.1946; siehe auch: Alltag des Dokumentarfilms, S. 17

[11] Kurt Maetzig, Wir alle sind Augenzeugen, Vorwärts 14.8.1946

[12] Marion Keller, Erlebnisse und Einsichten bei den ersten zweihundert Augenzeugen, Film und Fernsehen 2/1992

[13] Marion Keller, Der Neuaufbau des deutschen Films, Theaterdienst, 4.10.1947, siehe auch: Alltag, S. 33

[14] Marion Keller, Rund um die Wochenschau, Neue Filmwelt 7/1949; siehe auch: Alltag, S. 40

[15] Frau Augenzeuge ist im Bilde, Die Frau von heute, 1. Novemberheft 1947

[16] Marion Keller, Erlebnisse und Einsichten, a.a.O.

[17] Friedrich Luft, „Der Augenzeuge“, Der Tagesspiegel 20.2.1946

[18] H.U.E., Fünfundzwanzig „Augenzeugen“, Tägliche Rundschau 3.10.1946; siehe auch: „Sie sehen selbst ...“, S. 242f.)

[19] Marion Keller, Wie eine Wochenschau entsteht, Tägliche Rundschau 3.4.1946; siehe auch: Alltag, S. 31

[20] Marion Keller, Der Neuaufbau des deutschen Films, Theaterdienst 4.10.1947

[21] Bericht über eine Aussprache in der Kommission Film in der SED, 2.8.1948, BArch DR 2/1093

[22] Marion Keller, Wie eine Wochenschau entsteht, a.a.O.

[23] Ebd.

[24] Hans Hill, a.a.O.

[25] Produktionsprogramm der DEFA, Neues Deutschland 23.5.1947

[26] Bislang gibt es keine DVD-Edition mit innovativen Augenzeugen-Sujets dieser Zeit. Die Icestorm-Edition zum DEFA-Augenzeugen (VHS 2001; DVD 2004) ist eine willkürliche Sujet-Zusammenstellung ohne filmhistorisch-ästhetische Grundlegung.

[27] Siehe: „Sie sehen selbst, Sie hören selbst ...“, S. 220

[28] Wie eine Wochenschau entsteht, Tägliche Rundschau 3.4.1946

[29] Marion Keller, Arbeitsverhältnisse bei der Wochenschau „Der Augenzeuge“, 5.5.1948, BArch DR 117/v.S 532

[30] Interview mit Dr. Marion Keller, Die Frau von heute, 1. November-Heft 1949

[31] Frau „Augenzeuge“ ist im Bilde, Für Dich 21/1948

[32] Siehe auch: Alles für den Menschen! Eine Szene aus Gorkis „Nachtasyl“ mit Werner Hinz und Ernst Busch. (AZ Nr. 100/1948)

[33] Walter Ulbricht, Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. III, Berlin 1953, S. 570ff.

[34] Kurt Maetzig, Film und Zweijahresplan, 2.11.1948, in: ders., Filmarbeit, Berlin 1987, S. 202f.

[35] Ebd.

[36] Marion Keller, Ziele und Methoden der Wochenschau „Der Augenzeuge“, 16.12.1948, BArch DR 117/v.S 147

[37] Anton Ackermann, Über den einzig möglichen Weg zum Sozialismus, Neues Deutschland 24.9.1948

[38] Marion Keller, Drei Jahre „Augenzeuge“, Thüringer Volk 17.5.1949, siehe auch: Alltag, S. 35

[39] Marion Keller, Erlebnisse und Einsichten, a.a.O.

[40] Ebd.

[41] Keller an Ackermann, 1.6.49, BArch DY 30/IV 2/4/278

[42] Marion Keller, Aktuelle oder Aktu-älteste Wochenschau? Deutschlands Stimme 14.10.1949

[43] SED-Betriebsgruppe, 4.10.1948, BArch DR 117/v.S 499

[44] Glosse vom Tage: Wo ist Marion?, Thüringer Volk 7.7.1949

[45] Siehe: Günter Jordan, Film in der DDR, Potsdam 2009, 2013

[46] ZK der SED, Kleines Sekretariat, Prot. Nr. 51 v. 9.9.1949, BArch DY 30/J IV 2/3/051

[47] Zeitzeugengespräch Günter Klein, Filmmuseum Potsdam

[48] Personalveränderungen, in: Monats-Produktionsbericht, 6.4.1950, BArch DR 117/v.S 45

[49] Vorschläge der Dramaturgie für das Produktionsprogramm 1947, BArch DR 117/v.S 231

[50] Thematischer Plan 1949, BArch DR 117/v.S 403, 438 russ.

[51] Thematischer Plan 1950, BArch DR 117/v.S 209

[52] Berichte über die Autorentreffen 1948–1950, BArch DR 117/v.S 467, 439

[53] Albert Wilkening, Betriebsgeschichte der DEFA, Teil 2, o.O.o.J. (Babelsberg 1984), S. 24

[54] Siehe: Marion Keller, Erlebnisse und Einsichten, a.a.O.

[55] Die Frauen sind dabei, Drehbuch, 2. Fassung, 23.1.1951; Unsere Frauen im neuen Leben, Kommentartext, 3.3.1951; BArch DR 118/2488

[56] Besprechung am 13.7.50 beim SED-Landesvorstand Berlin, BArch DR 117/v.S 317/3

[57] DEFA 1946-1964, Studio für populärwissenschaftliche Filme (und Vorläufer), Filmografie, Berlin 1997, S. 56

[58] SED-Betriebsgruppe der DEFA, Bericht über die 1. Sitzung am 1.11.50, BArch DR 117/v.S 499/2

[59] W. Majakowski, Gedichte, SWA-Verlag Berlin 1946, S. 151

[60] 106. Vorstandssitzung, 4.7.1951, BArch DR 117/21726

[61] Siehe: Günter Jordan, Die Unterwerfung oder Der Fall Walter Janka, in: apropos: Film 2001, Berlin 2001; ders., Der Verrat oder Der Fall Falk Harnack, in: apropos: Film 2004, Berlin 2004

[62] Dr. Marion Keller, F-F-F-P– eine neue Fakultät?, Sonntag 25/1949

[63] Bericht über den Mitarbeiterstab des „Augenzeugen“, 29.12.1947, BArch DR 117/v.S 199

[64] Siehe auch: Kunstwerk der Woche: Käthe Kollwitz ‚Mutterliebe’ (AZ Nr. 1/1946), 80. Geburtstag der 1945 verstorbenen Käthe Kollwitz. Viele Berliner haben sich vor dem Wohnhaus dieser großen deutschen Graphikerin und Malerin im Norden der Stadt zu Ehren der Künstlerin eingefunden. (AZ Nr. 63/1947)

[65] Marion Keller/Horstheinz Neuendorff, Die DEFA dreht einen Schillerfilm, Wochenpost 32/1955, dto. Sonntag 32/1955

[66] Siehe auch: Bolero in der Berliner Staatsoper. Die erfolgreiche Inszenierung von Ravels „Bolero“ durch Tatjana Gsovsky wird hier in einer Spezialchoreographie von Frau Gsovsky filmisch dargestellt, die die Steigerung dieser originellen Schöpfung auch in diesem kurzen Ablauf überzeugend verwirklicht. (AZ Nr. 7/1946; vgl. dazu auch: AZ 34, 83/1947, 115/1948, 43/1949)

[67] Frau Augenzeuge ist im Bilde, Für Dich 21/1948

[68] Privatarchiv Kurt Maetzig

[69] Siehe: Kurt Maetzig, Lebenslauf, 15.2.1946, BArch DR 2/8267

[70] Trickatelier Radius (i.e. Robert Maetzig) arbeitete nach 1945 weiter. (BArch/DR 117/v.S 532)

[71] Zit. in: Hans Hill, a.a.O.

[72] Siehe auch: Es geht um die Schule. Prof. Schmellenmeier von der Universität Berlin erzählt von anschaulichem Unterricht der Naturwissenschaften. (AZ Nr. 108/1948)

[73] Zentralverwaltung für Volksbildung, Personalfragebogen, 11.11.1945, BArch DR 2/8267

[74] Privatarchiv Marion Keller

[75] A.a.O.

[76] A.a.O.

[77] A.a.O.

[78] Kurt Maetzig, Etwas Ungewöhnliches auf ungewöhnlichem Wege erreichen, in: Das Prinzip Neugier, Berlin 2012, S. 20

[79] A.a.O.

[80] Kurt Maetzig, Filmarbeit, Berlin 1987, S. 26

[81] Privatarchiv Marion Keller

[82] A.a.O.

[83] Dorothea Becker, Zwischen Ideologie und Autonomie, Münster 1997, S. 258

[84] Komprimierte Fassung davon in: Schwarzweiß und Farbe. DEFA-Dokumentarfilme von 1946–1992, Potsdam 1996; 2000

[85] Marion Keller, Erlebnisse und Einsichten, a.a.O.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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