Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Marion Rasche

Regisseurin, Dramaturgin

* 12. September 1944 in Spremberg

Biografie

Marion Rasche

während der Preisverleihung der DEFA-Stiftung am 13. Dezember 2019 © Reinhardt & Sommer

Der Name Marion Rasches ist mit ästhetisch bemerkenswertesten Trickfilmen der DEFA verbunden. Sie öffnete das Studio für eine Reihe von Malern und Grafikern, die dem Trickfilm zu neuen Ausdrucksformen verhalfen. Nach dem Ende des DEFA-Studios für Trickfilme spürt sie als Dokumentarfilmregisseurin vor allem Künstlern und deren Schaffen nach.

Marion Rasche wird am 12. September 1944 als Marion Schmidt in Spremberg geboren. Nach dem Studium der Theaterwissenschaft und Philosophie in Berlin beginnt sie 1976 als Dramaturgin beim DEFA-Studio für Trickfilme in Dresden. Dort betreut sie unter anderem Otto Sachers Zeichentrickfilme AM FENSTER (1978), GEZEICHNETES (FOLGE 2): STERN UND BLUMEN (1978) und GEZEICHNETES (FOLGE 3): DIE FALLE (1979) sowie Lutz Dammbecks LEBE! (1978) und seinen Flachfigurentrickfilm EINMART (1980). Laut Claus Löser ist EINMART eines der „kompaktesten Wagnisse der DEFA-Filmgeschichte“ (Löser 142) und wäre ohne Rasches Einsatz nicht zustande gekommen.

1981 wird sie Chefdramaturgin und anschließend künstlerische Leiterin. Rasche versucht, in dieser Position „innovative Impulse von außen zuzulassen, um nicht in Eintönigkeit zu erstarren und auch auf internationalen Festivals Aufmerksamkeit zu erlangen“ (Rasche 2012). Sie bindet Künstler wie Andreas Dress, Lutz Dammbeck und Helge Leiberg ans Studio.

Filmstill zu "Sieben Rechte für den Zuschauer"

SIEBEN RECHTE FÜR DEN ZUSCHAUER (R: Marion Rasche, Peter Mißbach, 1980) Fotograf: Helmut Krahnert

Filmstill zu "Sieben Rechte für den Zuschauer"

SIEBEN RECHTE FÜR DEN ZUSCHAUER (R: Marion Rasche, Peter Mißbach, 1980) Fotograf: Helmut Krahnert

1988 gibt Rasche ihren Leitungsposten auf, um selber als Regisseurin Animationsfilme zu verwirklichen. Bereits 1981 gelingt ihr zusammen mit Otto Sacher für das Nationale Festival für Dokumentar- und Kurzfilm der erfolgreiche Vorspann-Zeichentrickfilm SIEBEN RECHTE DES ZUSCHAUERS (1980), in dem das nicht immer einfache Verhältnis zwischen Filmschöpfer und Publikum persifliert wird. Für ihren Animationsfilm DER LANGE WEG (1989), für den Rasche das Buch nach einer Vorlage von Friedrich Wolf schreibt und allein Regie führt, gestaltet Andreas Dress Figuren und Hintergründe.

Das Thema des Einzelnen und seiner Überformung durch die Masse greift Rasche auch in dem Zeichentrick REISEN IST SCHÖN (1990) auf: Nachdem ein Elefant mit einem Bus voller gleich aussehender Passagiere gefahren ist, wird er selber einer von ihnen und hört auf, Elefant zu sein. Im selben Jahr dreht Rasche mit HANS IM GLÜCK (1990) ihren einzigen Silhouettenfilm, der mit der Tradition filigraner Silhouetten im Geiste Lotte Reinigers bricht. Die kalten, nüchternen Hintergründe und die schroffen unförmigen Figuren zeigen einen Einfluss der Animationsfilme Caroline Leafs. 

Filmstill zu "Der lange Weg"

DER LANGE WEG (R: Marion Rasche, 1989 - 1990) Fotograf: Lutz Kleber

Filmstill zu "Der lange Weg"

DER LANGE WEG (R: Marion Rasche, 1989 - 1990) Fotograf: Lutz Kleber

Als das Studio für Trickfilme 1992 endgültig schließt, arbeitet Rasche bereits als Dokumentarfilmerin für das Fernsehen. 1990 dreht sie im Auftrag des DFF OHNE PHANTASIE STIRBT DER MENSCH, ein Film über den Dresdner Bildhauer und Grafiker Hermann Naumann. Nach der Wende folgen Filme über West-Ost-Beziehungen. Der Maler A. R. Penck und dessen erste Ausstellung in Dresden nach seiner „Ausbürgerung“ 1980 steht im Mittelpunkt von VOR ALLEM BIN ICH NOMADE (1992).

DAS DRESDENER HUHN (1992) ist eine Satire über die Probleme der „Deutschen Einheit“: Hühnerzüchter müssen sich im vereinigten Deutschland auf ein gemeinsames Aussehen des Dresdener Huhns einigen. Rasche interessiert sich in ihren Filmen für Künstler, Maler und Bildhauer wie Georg Baselitz, Woldemar Winkler und Achim Freyer, aber auch für die Theater- und Unterhaltungsgeschichte Sachsens. Noch unter dem direkten Eindruck des Endes der DDR formulierte sie ihren Anspruch als Dokumentaristin:

„Trotz aller Bescheidenheit in meinem Anspruch sehe ich doch, dass gerade Künstler diejenigen sein müssten, die ein paar notwendige Fragen stellen. Ich gehe nicht davon aus, dass der Mensch schlecht ist, die Macht ihre Möglichkeiten nutzt und man es dabei belassen sollte. Die Aufgabe der Opposition in einem Parlament haben auf anderer Ebene, in einer anderen Sprache, die Künstler. Sie sollten auch schon danach fragen, wie es morgen aussehen wird. Mit meinen Arbeiten möchte ich im Zuschauer etwas ansprechen, das über den notwendigen trivialen Kern des Alltags, über die bloße Fortsetzung der Existenz hinausgeht.“

Lemke 1992

Aber ihre Zeit im DEFA-Trickfilmstudio lässt Rasche auch als Dokumentarfilmerin nicht los. Sie führt Zeitzeugengespräche für die DEFA-Stiftung unter anderem mit dem Studiodirektor Thomas Wedegärtner und der Regisseurin Monika Krauße-Anderson. 2012 kuratiert Rasche die Ausstellung „Ausflug zum Film — Malerei, Graphik und DEFA-Filmbilder“ mit Werken jener Künstler, denen sie einst die Arbeit im Studio für Trickfilm ermöglicht hat.

Verfasst von Stephan Ahrens. (Stand: Dezember 2019)

Filmstill zu "Hans im Glück"

HANS IM GLÜCK (R: Marion Rasche, 1990) Fotograf: Lutz Kleber

Filmstill zu "Hans im Glück"

HANS IM GLÜCK (R: Marion Rasche, 1990) Fotograf: Lutz Kleber

Auszeichnungen

  • 2019: Preis für herausragende Leistungen im deutschen Film der DEFA-Stiftung

Literatur

Eigene Texte:

  • Marion Rasche: Ausflug zum Film. Malerei, Graphik und DEFA-­Filmbilder. Heft zur Ausstellung, Stadtmuseum Pirna 2012.

Fremde Texte:

  • Ingeborg Zimmerling: Sisyphos trickst alle aus, Filmspiegel 1989/1, S. 24-25.
  • Udo Lemke: Statt Idealen und Utopien: Gespräche über Steuern. Im Gespräch mit der Trick- und Dokumentarfilmregisseurin Marion Rasche, in: Sächsische Zeitung, 20. Januar 1992.
  • Claus Löser: Strategien der Verweigerung. DEFA-Stiftung Berlin 2011.
  • Angeregt Richter: Marion Rasche - Die Ermöglicherin, in: Cornelia Klauß, Ralf Schenk (Hrg.):  Sie. Regisseurinnen der DEFA und ihre Filme, Bertz und Fischer Berlin 2019. S. 279 - 286.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

menu arrow-external arrow-internal camera tv print arrow-down arrow-left arrow-right arrow-top arrow-link sound display date facebook facebook-full range framing download filmrole cleaning Person retouching scan search audio cancel youtube instagram