Walter Beck
Regisseur
* 19. September 1929 in Mannheim; † 23. Juni 2024
Biografie
Der Filmemacher Walter Beck ist durch seine Märchenverfilmungen und Kinderfilmproduktionen weit über die DDR hinaus bekannt. An einer naturalistischen Wiedergabe der Wirklichkeit ist der Regisseur weniger interessiert als an der Schaffung stilisierter künstlicher Welten, die die Fantasie anregen und der Wirklichkeit etwas hinzufügen sollen. In über 30 Jahren bei der DEFA realisiert er 16 Spielfilme, die sich vor allem an ein junges Publikum richten.
Walter Beck wird am 19. September 1929 in Mannheim geboren. Sein Vater ist Schlosser, bildet sich zum Elektroingenieur weiter, seine Mutter arbeitet als Schneiderin. 1937 zieht die Familie nach Berlin. Hier absolviert er sein Abitur und will zunächst Schauspieler werden. Eine Bewerbung am Deutschen Theater wird abgelehnt, beim Nachwuchsstudio der DEFA erhält er eine Zusage, allerdings im Bereich „Regie“. 1948 beginnt Beck sein Regie-Studium. Nach seinem Abschluss arbeitet er zunächst im Synchronstudio, wechselt zwischen den Bereichen. So ist er gemeinsam mit Konrad Wolf, Andrew Thorndike, Herbert Ballmann und Joop Huisken bei der deutschen-sowjetischen Produktion FREUNDSCHAFT SIEGT (1951), die während der III. Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Berlin gedreht wird, im Assistentenstab tätig.
Ab 1951 arbeitet Walter Beck im Spielfilm- und Dokumentarfilmbereich der DEFA als Assistent bei verschiedenen Regisseuren, etwa für Otto Meyer in SCHATTEN ÜBER DEN INSELN (1952), Herbert Ballmann in BLAUE WIMPEL IM SOMMERWIND (1952) oder Richard Nicolas in ANNA SUSANNA (1953). Zunehmend erhält er selbständige Aufgaben, dreht Wochenschauen für Pioniere und mit dem Porträtfilm HERREN DER FELDER (1953) über die LPG-Arbeit seinen ersten Dokumentarfilm. Von 1954 bis 1958 ist Walter Beck als Assistent im DEFA-Studio für Spielfilme tätig und kann bei den Regisseuren Hans Müller, Slatan Dudow, Richard Groschopp, Kurt Jung-Alsen, Martin Hellberg und Artur Pohl lernen.
Ab 1958 ist Walter Beck als Regisseur beim DEFA-Spielfilmstudio festangestellt. Ein Jahr später präsentiert er seinen ersten Spielfilm CLAUDIA (1959) über ein kleines Mädchen, das in einem Ferienlager lernen muss, gemeinschaftlich zu denken und handeln. Ein ähnliches Thema greift der junge Filmemacher in DER NEUE FIMMEL (1960) auf. Hier ist es eine Gruppe junger Fußballbegeisterter, die lernt, dass neben dem Sport auch andere Aufgaben erfüllt werden müssen. Nach der Liebesgeschichte DREI KAPITEL GLÜCK (1961) findet Walter Beck in Filmen für Kinder und Jugendliche seine Bestimmung und erlangt in den kommenden Jahren nationale wie internationale Aufmerksamkeit.
Mit seinen publikumswirksamen Märchenverfilmungen setzt Walter Beck stilistische Standards, die den Rahmen von konventionell erzählten Märchenverfilmungen sprengen. Dazu gehören die Filme KÖNIG DROSSELBART (1965), TURLIS ABENTEUER (1967), DORNRÖSCHEN (1970), DER PRINZ HINTER DEN SIEBEN MEEREN (1982), DER BÄRENHÄUTER (1985) und FROSCHKÖNIG (1987). Der Filmemacher entwickelt gemeinsam mit den Szenenbildern Erich Krüllke und Werner Pieske bei KÖNIG DROSSELBART eine Szenerie, die sich auf das Wesentliche beschränkt. So entsteht eine Welt, die nicht steril und leblos wirkt, sondern durch dynamische Schauspielführung ( Manfred Krug und Karin Ugowski in den Hauptrollen) und mittragende Kamera- sowie Beleuchtungsarbeit der Geschichte Leben einhaucht. In TURLIS ABENTEUER vermischt er Real-Trick und Marionettenaufnahmen. DORNRÖSCHEN wirkt damals wie heute modern, locker und frech. Eigenwillig und poetisch, zum Teil kühl und distanziert gestaltet Beck die Geschichte DER PRINZ HINTER DEN SIEBEN MEEREN. In DER BÄRENHÄUTER überzeugt Jens-Uwe Bogadtke als Christoffel, der einen Pakt mit dem Teufel eingegangen ist. Futuristisches Design gibt es im modernisierten FROSCHKÖNIG zu sehen.
Auch moderne Stoffe verfilmt Walter Beck. In der Kriminalgeschichte KÄUZCHENKUHLE (1968) decken einige Kinder in den Ferien einen Kunstraub gegen Ende des Zweiten Weltkrieges auf. Spannend, gut beobachtet und stimmungsvoll inszeniert wird hier Historie für Kinder und Erwachsene gleichermaßen verarbeitet; der Film wird zu einem Erfolg an den Kinokassen. DAS RAUBTIER (1978) präsentiert eine Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn. Im Dorf ist ein Wolf aufgetaucht, den der Vater mit dem Gewehr erschießen will, während Roland und sein Freund Hugo ihn lebendig fangen wollen. In BIBERSPUR (1984) sucht Joochen einen Biber-Mörder und gerät in eine Krise, als er erfährt, dass sein großes Vorbild, sein zukünftiger Schwager, das Tier aus Versehen getötet hat.
Neben seinen Märchenfilmen konzentriert sich Walter Beck auf Filme für Kinder, die historisch angelegt sind. ALS MARTIN VIERZEHN WAR (1964) erzählt von einem Jungen in einem mecklenburgischen Dorf zur Zeit des Kapp-Putches. Der Junge entdeckt beim Großbauern Waffen und leitet diese Information an kämpfende Arbeiter in der Stadt weiter. Als DER ROTE REITER (1970) will Arbeitersohn Michael in die Geschichte eingehen und versucht 1920 in die Sowjetunion zu reisen, um dort die Revolutionäre zu unterstützen. Die Reise wird Abenteuer und Bewährungsprobe zugleich. In TRINI (1976) wendet sich der Filmemacher dem Land Mexiko im Jahr 1918 zu. Der Bauernjunge Trini schließt sich der revolutionären Bauernarmee Zapatas an und versucht, einen mörderischen Plan zu vereiteln. In DES HENKERS BRUDER (1978) gerät ein Bauernsohn in die Wirren des mittelalterlichen Bauernkrieges. Während sein Bruder als Henker arbeitet, ist er für die revolutionären Bundschuh unterwegs. Wieder arbeitet der Filmemacher ein historisches Thema kindgerecht auf und kann besonders eine Atmosphäre der Zeit vermitteln.
Anfang der 1970er Jahre arbeitet Walter Beck auch für das Fernsehen. Er inszeniert den Siebenteiler STÜLPNER-LEGENDE mit Manfred Krug in der Hauptrolle. Die Serie ist überaus populär, da sie mit viel Witz und Ironie die Geschichte eines Volkshelden erzählt und auf den deftigen Charme eines Manfred Krug zählen kann. Der letzte DEFA-Film von Walter Beck wird DER STREIT UM DES ESELS SCHATTEN (1989). Adaptiert wird eine Satire nach Christoph Martin Wieland, die menschliche Borniertheit aufs Korn nimmt. Weitere Projekte realisiert Walter Beck nach der Deutschen Wiedervereinigung nicht.
Mehrfach regt Walter Beck theoretische Diskussionen zum Stand des Kinderfilms und der Filmkunst an. Er schreibt Beiträge für die Textreihe der Betriebsakademie des DEFA-Spielfilmstudios. Von 1984 bis 1989 ist Walter Beck Präsident des Nationalen Kinder- und Jugendfilmfestivals „Goldener Spatz“ in Gera. Neben seiner Arbeit als Filmemacher ist er auch am Theater tätig. Er gastiert in Zwickau, Erfurt und Schwerin. Zudem reist er als Rezitator durch das Land und organisiert als Künstlerischer Leiter größere Festveranstaltungen. 2019 erscheint seine umfangreiche Autobiografie „Mär und Mehr“ in der Manuskriptreihe der DEFA-Stiftung.
Walter Beck lebt in Blankenfelde bei Berlin. Er stirbt am 23. Juni 2024 im Alter von 94 Jahren.
Verfasst von Ines Walk. (Stand: September 2024)
Literatur
Eigene Texte:
- Walter Beck: Mär und Mehr - Ein arbeitsbiographisches Kaleidoskop von Walter Beck, DEFA-Stiftung, Berlin, 2019
DEFA-Filmografie
- Schatten über den Inseln (1952) - Regieassistenz | Regie: Otto Meyer
- Herren der Felder (1953) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
- Pole Poppenspäler (1954) - Regieassistenz | Regie: Arthur Georg Otto (auch: Artur) Pohl
- Stärker als die Nacht (1954) - Regieassistenz | Regie: Slatan Dudow
- 52 Wochen sind ein Jahr (1955) - Regieassistenz | Regie: Richard Groschopp
- Letztes Fach unten rechts (1955) - Regieassistenz | Regie: Kurt Jung-Alsen
- Thomas Müntzer (1955 - 1956) - Regieassistenz | Regie: Martin Hellberg
- Die Millionen der Yvette (1956) - Regieassistenz | Regie: Martin Hellberg
- Emilia Galotti (1957) - Regieassistenz | Regie: Martin Hellberg
- Wo Du hin gehst ... (1957) - Regieassistenz | Regie: Martin Hellberg
- Auf dem Marktwagen (1959) - Regie: Walter Beck
- Claudia (1959) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
- Der neue Fimmel (1960) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
- Drei Kapitel Glück (1961) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
- Als Martin vierzehn war (1964) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
- König Drosselbart (1965) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
- Trailer: König Drosselbart (1965) - Regie: Walter Beck
- Turlis Abenteuer (1967) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
- Käuzchenkuhle (1968) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
- Trailer: Dornröschen (1970) - Regie: Walter Beck
- Dornröschen (1970) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
- Der rote Reiter (1970) - Darsteller, Drehbuch | Regie: Walter Beck
- Trini (1976) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
- Das Raubtier (1977) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
- Des Henkers Bruder (1978) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
- Der Prinz hinter den sieben Meeren (1982) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
- Trailer: Der Prinz hinter den sieben Meeren (1982) - Regie: Walter Beck
- Biberspur (1984) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
- Der Bärenhäuter (1985) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
- Froschkönig (1987) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
- Der Streit um des Esels Schatten (1989) - Drehbuch | Regie: Walter Beck
Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.