Werner Kanitz
Schauspieler
* 24. Oktober 1944 in Bernau bei Berlin; † 13. April 1996 in der Nähe von Bernau
Biografie
Über Umwege gelangt der ausgebildete Maler und Autolackierer Werner Kanitz zur Schauspielerei. Bei der DEFA ist er lediglich einmal in einer großen Rolle zu sehen. Noch als Student spielt er den David Balfour im Abenteuerfilm SCHÜSSE UNTERM GALGEN nach einer Erzählung von Robert Louis Stevenson. Der Film findet bei den DDR-Sommerfilmtagen 1968 ein großes Publikum. Äußerlich ähnelt Kanitz mit seinen dunklen Haaren, den vollen Lippen und dem hervorstechenden Blick durchaus seinem französischen Jugendidol Jean-Paul Belmondo, dessen Poster während des Schauspielstudiums in seinem Zimmer hängt. Doch eine ähnlich ruhmreiche Karriere wie seinem Vorbild ist ihm nicht vergönnt.
Werner Waldemar Kanitz wird im Oktober 1944 in Bernau bei Berlin geboren. Er hat einen älteren Bruder. Der Vater stirbt noch im Zweiten Weltkrieg als Soldat in der Normandie. Um seiner Mutter, die den Tod ihres Mannes nie verarbeiten kann, zu helfen, übernimmt Kanitz früh Verantwortung. Er hilft in der Landwirtschaft aus und füllt damit die Familienkasse auf. Der sportliche Junge – versiert in Fußball, Judo, Boxen und Leichtathletik – entwickelt eine Leidenschaft für Artistik und Gesang. In ihm reift der Wunsch, in einem künstlerischen Beruf Fuß zu fassen. Gegen familiäre Bedenken an diesen Ambitionen weiß er sich zunächst nicht zu behaupten und absolviert eine Ausbildung zum Maler und Autolackierer.
Die Kunst lässt den jungen Werner Kanitz jedoch nicht los: Er ist Ausbilder in einem Fanfarenzug, Obermann in einer Artistengruppe und übt im Klub Junger Talente die Kulissenmalerei. Kanitz arbeitet an seinen gesanglichen Fähigkeiten und springt in einem Programm von „Von Melodie zu Melodie“ als Conférencier ein. Es verschlägt ihn nach Frankfurt/Oder, wo er am Theater als Bühnenarbeiter tätig ist und erste kleine Rollen übernimmt. Eine Aufnahmeprüfung für eine Gesangsausbildung in Halle an der Saale besteht er fast ohne Notenkenntnisse. Er hadert jedoch mit sich, fühlt sich der Herausforderung nicht gewachsen und tritt den Ausbildungsplatz nicht an.
Stattdessen geht Kanitz als Theatermaler nach Parchim. In Mecklenburg übernimmt er erstmals größere Bühnenrollen. Zu sehen ist er in einer Märchenadaption von „Der gestiefelte Kater“, in „Gewehre der Frau Carrar“ und in einer politischen Revue. Chefdramaturg am Parchimer Theater ist zu dieser Zeit Fritz Marquardt, der dort mit einer Inszenierung von Georg Büchners Dramenfragment „Woyzeck“ für große Aufregung sorgt. Marquardt wird Kanitz’ Förderer und ermutigt ihn zu einem Schauspielstudium. Durch weiteres gutes Zureden einiger in Parchim engagierter Schauspieler, darunter Alexander Wikarski, wagt der zweifelnde Kanitz den Schritt und bewirbt sich für ein Studium. Gleich zwei Aufnahmeprüfungen – an der Schauspielschule in Berlin-Schöneweide und an der Hochschule für Filmkunst in Potsdam-Babelsberg – besteht er im ersten Anlauf und entscheidet sich schließlich für den Standort Babelsberg.
Im September 1966 nimmt Werner Kanitz das Studium auf. Im ersten Studienjahr ist er unter der Leitung Horst Ruprechts anlässlich des 50. Jahrestags der Oktoberrevolution in der Theatermontage „Oktober“ zu sehen. Das Programmheft kündigt anlässlich der Premiere am 7. Mai 1967 ein „heroisches, episches und satirisches Spektakulum“ an. Weiterhin probt der mittlerweile in Parchim suspendierte und als Dozent für Szenenstudium in Babelsberg angestellte Fritz Marquardt basierend auf seiner Parchimer Inszenierung mit den Studierenden „Woyzeck“. Für die Titelrolle besetzt er Werner Kanitz. An seiner Seite spielen die Kommilitonen Dieter Montag und Peter Krieg-Helbig. Peter Kupke, damaliger Fachrichtungsleiter Schauspiel an der Hochschule, verbietet die Arbeit an dem Stoff und die Proben erfolgen in lediglich drei intensiven Wochen während Kupkes Urlaub. Die Inszenierung kann laut Marquardt nur ein einziges Mal gezeigt werden, bevor weitere Aufführungen untersagt werden.(1) Diese eine Aufführung – in Anwesenheit eines kleinen Who-Is-Who der Ost-Berliner Theaterszene mit Heiner Müller, Matthias Langhoff, Manfred Karge, Wolfgang Heise, B.K. Tragelehn, Sarah Kirsch und weiteren – findet große Beachtung. Marquardt, der nun als – wie er retrospektiv festhält – „Jugendverderber von Babelsberg“ (Marquardt in „Wahrhaftigkeit und Zorn“, S. 62) gilt, erinnert sich später an Kanitz’ überzeugende schauspielerische Leistung an diesem Abend: „[Er] war bei der Aufführung total heiser, was eine ungeheure Wirkung erzielt hat.“ (ebd., S. 62). In einer Inszenierung von Shakespeares „Wie es euch gefällt“ nach einer Übersetzung von Heiner Müller und in Regie von B.K. Tragelehn ist Kanitz in der Rolle eines Lords in einer weiteren studentischen Inszenierung zu sehen. Die Premiere findet am 23. April 1969 statt. Nach drei Vorstellungen erfolgt ein Verbot weiterer Aufführungen. Das am 30. Juli 1969 ausgestellte Bühnenreife-Zeugnis bescheinigt Kanitz sehr gute Noten in den Fächern Fechten und Pantomime.(2)
Bereits während seines Studiums ist Werner Kanitz für die DEFA aktiv. 1966 spielt er in Jürgen Böttchers einzigem Spielfilm JAHRGANG 45 die kleine Rolle des Napoleon, ein Freund der Hauptfigur Al (gespielt von Rolf Römer). Im Zuge des 11. Plenums des Zentralkomitees der SED wird die Produktion verboten und kann erst 1990 aufgeführt werden. An der Seite seines Kommilitonen Winfried Glatzeder ist Kanitz als Maurer im dritten Teil des Episodenfilms GESCHICHTEN JENER NACHT (1967) unter der Regie von Frank Vogel erstmals in einer kurzen Szene ohne eigenen Sprechanteil auf der Kinoleinwand zu sehen.
Der Regisseur Horst Seemann entdeckt Kanitz im gleichen Jahr für größere filmische Aufgaben. Kanitz soll die Hauptrolle des David Balfour in Seemanns zweitem DEFA-Spielfilm SCHÜSSE UNTERM GALGEN nach Motiven der Erzählung „Kidnapped“ von Robert Louis Stevenson übernehmen. Bereits mit seinem Vorjahresdebüt, dem Filmmusical HOCHZEITSNACHT IM REGEN (1967), machte sich Seemann einen Namen für die Verwendung ungewöhnlicher Gestaltungsmittel. Auch für sein zweites Werk bricht der Regisseur mit Erwartungshaltungen und Genrekonventionen. Gedreht wird zwischen dem 2. August 1967 und dem 16. Januar 1968 u.a. am Darßer Ostseestrand bei Prerow, am Lichtenhainer Wasserfall im Elbsandsteingebirge und in der Hohen Tatra. Die Premiere erfolgt zu den publikumsstarken Sommerfilmtagen des Jahres 1968. Die Filmarbeit verlangt Werner Kanitz, dessen dunkle Haare für die Dreharbeiten rotbraun gefärbt werden, viel ab. Es gilt zu fechten, springen, klettern und zu schießen. In Vorbereitung auf die Rolle erlernt er das Reiten. Ein Stuntdouble lehnt der Schauspielstudent weitestgehend ab und lässt sich u.a. gefesselt von einem galoppierenden Pferd durch den Sand ziehen. Bei der Nachstellung eines Sturms auf hoher See werden Kanitz hunderte Liter kaltes Wasser über den Kopf geschüttet. Befragt nach dem gefährlichsten Dreh erinnert sich Kanitz‘ Schauspielkollege Hans Hardt-Hardtloff noch Monate später an die Szenen auf dem in Babelsberg nachgebauten Schiff: „500 Liter Wasser – kaltes Wasser – stürzten auf mich herab (...) dazu spritzte die Feuerwehr mit mehreren C-Rohren. Damit das Wasser schönt schäumt, hatte man ihm irgendein Waschmittel beigegeben. Ich schäumte auch, aber vor Wut, weil mir die Augen so brannten. Das Ganze wurde sechsmal geprobt und viermal gedreht.“ (ND, 29. Dezember 1968)
Ein Journalist beschreibt Kanitz bei einem Besuch während der Dreharbeiten als „nachdenklich und ein bisschen melancholisch (...) Im Gang wirkt er schon anders. Er ist geschmeidig und elegant in seinen Bewegungen, ein durchtrainierter Körper.“ (Thüringer Neueste Nachrichten, 27. Januar 1968). Kanitz, der sich zum Zeitpunkt des Drehs im zweiten Studienjahr befindet, plagen auch Zweifel, ob er neben gestandenen Schauspielgrößen wie Herwart Grosse, der in einer Doppelrolle brilliert, mithalten kann. Die DDR-Presse beurteilt Kanitz’ Leistung wohlwollend bis zurückhaltend. Hans-Dieter Tok lobt in seiner Kritik „Liebe, Lieder, Leichen“ in der Leipziger Volkszeitung Kanitz’ Natürlichkeit auf der Leinwand. Christine Gundlach attestiert ihm in der Ostseezeitung ein „unbefangene[s], fast rührend-naive[s] Spiel“. Elvira Mollenschott kommt in ihrer Besprechung im ND zu dem Schluss, dass es Kanitz‘ insbesondere in den Action-Szenen nicht gelänge, aus dem Schatten seines Mitspielers Thomas Weisgerber (in der Rolle des Alan Breck) herauszutreten. Das Sächsische Tageblatt hätte den „romantischen Typen mit den zum Küssen wohlgeeigneten Lippen und dem verträumten Blick“ gerne in weiteren aktionsreichen Szenen gesehen.
David Balfour bleibt Werner Kanitz’ einzige Hauptrolle bei der DEFA. Mehrfach ist er später in kleinen Rollen in den DEFA-Indianerfilmen zu sehen. Etwa als Bandit in der Bande des Schurken James Bashan (gespielt von Rolf Hoppe) in WEISSE WÖLFE (1969), als Handlanger des Sklavenaufsehers Joe Hammer (Gerhard Rachold) in OSCEOLA (1971), als Krieger Bagulé an der Seite Ulzanas (Gojko Mitić) in APACHEN (1973) oder als Sergeant von Colonel Howard (Manfred Zetzsche) in DER SCOUT (1982). Die Dreharbeiten ermöglichen ihm Reisen bis in die Mongolei. Weitere Kleinstrollen ergeben sich für Kanitz bei der DEFA in Egon Günthers LOTTE IN WEIMAR (1975), Herrmann Zschoches BÜRGSCHAFT FÜR EIN JAHR (1981), Michael Kanns STIELKE, HEINZ, FÜNFZEHN... (1986) und Roland Gräfs FALLADA – LETZTES KAPITEL (1988). Gelegentlich wird er auch beim Fernsehen besetzt. In dem von Kurt Jung-Alsen aufwendig inszenierten Agenten-Zweiteiler VISA FÜR OCANTROS mit Gojko Mitić und Alfred Müller ist er 1974 als Wächter des Autohändlers Ben Schakem (gespielt von Edwin Marian) zu sehen. 1987 wirkt er in Bernhard Wickis deutsch-schweizerischer Co-Produktion SANSIBAR ODER DER LETZTE GRUND nach dem gleichnamigen Roman von Alfred Andersch mit.
Anspruchsvollere Rollen werden Werner Kanitz bis in die frühen 1980er-Jahre am Theater geboten. Das erste Engagement nach dem Studium führt ihn nach Frankfurt/Oder. Er debütiert in der Spielzeit 1970/71 in „Regina B. – ein Tag in ihrem Leben“ nach Siegfried Pfaff in der Rolle des Anton Höllmichel. Es folgen der D’Estivet in „Die heilige Johanna“ nach George Bernhard Shaw und die Titelrolle in der Märcheninszenierung „Der dumme Teufel Stanislaus“ nach Gernot Schulze. In der Spielzeit 1973/74 ist Kanitz als Gast in einer Inszenierung von Shakespeares „Romeo und Julia“ (R: K-F Zimmermann) an den Bühnen der Stadt Nordhausen an der Seite von Veronika Nowag als Romeo zu sehen. Anschließend kehrt er nach Frankfurt/Oder zurück und übernimmt Hauptrollen in Inszenierungen von „Die neuen Leiden des jungen W.“ (R: Reiner Adler) und „Die Gaunerstreiche des Scapin“ (R: Hans-Dieter Scheibel). Von 1976 bis 1979 ist Kanitz am Elbe-Elster-Theater Wittenberg engagiert und spielt dort u.a. in der DDR-Erstaufführung von Christopher Marlowes „Doktor Faustus“ mit. Anschließend wird er freischaffend tätig. 1980 ist er Teil der Inszenierung „Unsere egoistischen Eltern“ (R: Horst Ruprecht) des Fernsehtheaters Moritzburg nach einem Stoff von Traudel Brennecke. In der Spielzeit 1981/82 wirkt er als Gast am Eduard-von-Winterstein-Theater in Annaberg-Buchholz. Dort ist er in der Freiluftsaison 1981 an der Naturbühne Greifensteine unter der Regie von Heinz Kahlow als Karl Stülpner zu sehen. In der regulären Spielzeit gibt Kanitz u.a. den Odoardo in Lessings „Emilia Galotti“ und den von Wehrhahn in Hauptmanns „Der Biberpelz“. 1982 folgt ein Gast-Engagement am Theater in Stendal. Kanitz ist dort in der Rolle des Karl Wolfsteller in einer Inszenierung von Helmut Bez‘ „Jutta oder Die Kinder von Damutz“ (R: Klaus-Dieter Müller) zu sehen. Danach sind keine weiteren Theaterengagements von Werner Kanitz dokumentiert.
Über den Verlauf seiner schauspielerischen Karriere ist Werner Kanitz unzufrieden. Nach dem verheißungsvollen Start mit der Hauptrolle in SCHÜSSE UNTERM GALGEN bleiben weitere große Filmrollen aus. Nach Angaben seiner Familie hat er nie ganz überwinden können, dass er nach Probeaufnahmen für Peter Hagens Fernsehdreiteiler DAS LICHT DER SCHWARZEN KERZE (1973) nicht für die Hauptrolle des im Spanischen Bürgerkrieg kämpfenden Kommunisten Fred Laurenz besetzt wurde. Auch der Wehrdienst, den er beim Nachrichtenregiment „Harro Schulze-Boysen“ in Waldsieversdorf ableistet, und eine zwischenzeitliche Alkoholkrankheit verhindern weitere große Filmrollen. In den 1980er-Jahren bemüht sich Kanitz intensiv darum, wieder im Filmgeschäft Fuß zu fassen. Er sucht Gespräche mit Führungspersonen der DEFA, des DDR-Fernsehens, der Hauptverwaltung Film und trifft sich am 20. Januar 1987 mit Filmminister Horst Pehnert. Große Rollenangebote folgen nicht. Schließlich wendet er sich am 9. Dezember 1987 in einem sehr persönlichen Brief an DDR-Kulturminister Hans-Joachim Hoffmann. Kanitz beklagt in dem Schreiben, dass er trotz seiner Bemühungen kaum besetzt werde, spricht gar von einer „gemeinschaftliche[n] Absprache der Nichtbesetzung“ seitens der DEFA und des DDR-Fernsehens:
Die Antwort des Ministers folgt am 7. Januar 1988. Er lässt Kanitz wissen „daß keinerlei benachteiligende oder berufsbehindernde Mitteilungen in den Unterlagen zu ihrer Person existieren“. Die Schuld für Kanitz’ Karrieresituation sieht er beim Schauspieler selbst, der zu frühzeitig den Status eines Freischaffenden gewählt habe. Hoffmann ergänzt die provokante Frage: „Kann es nicht auch sein, daß Ihre Leistungen in den angeführten Filmen und Fernsehwerken keinen so nachhaltigen Talentbeweis erbracht haben und nun durch die von Ihnen verschuldete Zwangspause künstlerischer Entwicklung viele neue und jüngere Regisseure keinen rechten Eindruck von Ihrem Leistungsvermögen besitzen?“ Abschließend gibt der Minister Kanitz auf den Weg „sich mit Überlegungen vertraut zu machen, einen anderen Beruf zu ergreifen, der Ihren Fähigkeiten und Neigungen entgegenkommt.“
Bis Mitte der 1990er-Jahre ist Werner Kanitz insbesondere als Synchronsprecher aktiv – zunächst für das DEFA-Studio für Synchronisation später für diverse Berliner Synchronfirmen. In knapp 80 Serien- und Filmproduktionen übernimmt er kleinere und größere Sprechrollen. Unter anderem gibt Kanitz in der 217 Episoden umfassenden US-amerikanischen Western-Serie Tausend Meilen Staub (OT: RAWHIDE, 1959-66) die deutsche Stimme von Eric Fleming. Die Serie wird Anfang der 1990er-Jahre in deutscher Erstausstrahlung beim Sender Pro7 gezeigt. Nach der Wiedervereinigung ergeben sich für Kanitz kleinere Gastauftritte in deutschen Serienproduktionen, darunter in Polizeiruf 110 und Praxis Bülowbogen. 1992 erhält er die Rolle des Antagonisten Erwin Becker in der seinerzeit neuen RTL-Vorabendseifenoper Gute Zeiten, Schlechte Zeiten. Kanitz ist damit der erste Bösewicht in der Geschichte der Serie, die seit über 30 Jahren erfolgreich im deutschen Fernsehen läuft. Das Serien-Engagement mag aus heutiger Sicht wie ein Glücksfall erscheinen, Kanitz selbst sprach jedoch in Erinnerung seiner Familie wenig positiv über sein Mitwirken. Ihm mangelte es an Professionalität am Set und an Möglichkeiten sich künstlerisch zu verwirklichen. Im Oktober 1993 ist er das letzte Mal in „GZSZ“ zu sehen.
Kanitz’ Familie beschreibt den Schauspieler rückblickend als Freidenker, der sich nicht verbiegen ließ. Impulsiv und mit Vehemenz konnte er seine mitunter unbequeme Meinung äußern. Mit der DDR identifiziert er sich nicht. Mehrfach überlegt Kanitz das Land zu verlassen, verzichtet jedoch aus Rücksicht auf seine Angehörigen auf diesen weitreichenden Schritt. Dass ihm frühere Kollegen nach dem Mauerfall anlässlich der Erstaufführung von JAHRGANG 45 bescheinigt haben sollen, ihn bereits für Tod gehalten zu haben, hat ihn nach Angaben der Familie sehr gekränkt. Im Frühjahr 1996 werden für den Schauspieler, der bis zum Schluss auf den Anruf für eine weitere große Filmrolle hofft, Traurigkeit und Unzufriedenheit zu übermächtig. Er stirbt im Alter von 51 Jahren in der Nähe seiner Geburtsstadt Bernau.
In erster Ehe ist Werner Kanitz mit der Schauspielerin Liane Kanitz (geb. Müller) verheiratet. Er lebt zuletzt mit seiner zweiten Ehefrau Verena, die er 1982 kennenlernt, und seinen Zwillingssöhnen Edward und Gerald Kanitz in Berlin-Marzahn.
Verfasst von Philip Zengel. (Stand: Oktober 2024)
Fußnoten
- B. K. Tragelehn erinnert sich an zwei Aufführungen vor je 50 Zuschauerinnen und Zuschauern (Theater der Zeit, 01/1990, S. 24)
- Aussagen Fritz Marquardts in „Wahrhaftigkeit und Zorn“, wonach Kanitz sein Studium nicht beendet hätte, lassen sich anhand des Zeugnisses nicht bestätigen.
Quellennachweise
Der Autor bedankt sich bei Verena Kanitz mit den Söhnen Gerald und Edward Kanitz für das Gespräch und die bereitgestellten Unterlagen am 6. September 2022 sowie bei Liane Kanitz für das Gespräch am 19. September 2022.
Ein großer Dank gilt zudem den Archiven, die Auskunft über die Theaterengagements von Werner Kanitz geben konnten, allen voran Silvia Giese (Erzgebirgisches Theater), Sigrid Riedel (Stadtarchiv Frankfurt/Oder), Simone Habendorf (Stadtarchiv Stendal) und Katja Mickan (Junges Staatstheater Parchim). Abschließender Dank gebührt Volker Wachter und Barbara Barlet für wertvolle Recherchehinweise.
- lo: Neue Gesichter vor der Kamera. In: Der Morgen, 26.8.1967.
- IMP: „David“ ohne Furcht und Tadel. In: Thüringer Neueste Nachrichten (Erfurt). 27.1.1968.
- R.P.: Zum ersten Mal auf der Leinwand: Werner Kanitz. In: Kino DDR, Sonderheft Sommerfilmtage 1968, S. 6-7.
- Christine Gundlach: Sommerfilmtage 1968. Ostsee Zeitung Rostock, 25.6.1968.
- Elvira Mollenschott: Sommer, Kino, Freilichtbühne. ND, 30.6.1968.
- Briefwechsel zwischen Werner Kanitz und Minister Hans-Joachim Hoffmann von 1987/88. Im Besitz von Verena Kanitz. (liegt dem Autor in Kopie vor)
- Michael Laages & Wolfgang Behrens (Hg.): Fritz Marquardt. Wahrhaftigkeit und Zorn. Theater der Zeit, Berlin 2008.
DEFA-Filmografie
- Jahrgang 45 (1966 - 1990) - Darsteller | Regie: Jürgen Böttcher (Pseudonym: Strawalde)
- Geschichten jener Nacht, Teil 1 - 4 (1967) - Darsteller | Regie: Karl-Heinz Carpentier, Ulrich Thein, Frank Vogel, Gerhard Klein
- KOMISSAR / Die Kommissarin (1967) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Alexander Askoldow
- Schüsse unterm Galgen (1968) - Darsteller | Regie: Horst Seemann
- Weiße Wölfe (1968) - Darsteller | Regie: Konrad Petzold, Bosko Boskovic
- Osceola (1971) - Darsteller | Regie: Konrad Petzold
- Apachen (1973) - Darsteller | Regie: Gottfried Kolditz
- Lotte in Weimar (1975) - Darsteller | Regie: Egon Günther
- Bürgschaft für ein Jahr (1981) - Darsteller | Regie: Herrmann Zschoche
- Der Scout (1982) - Darsteller | Regie: Konrad Petzold, Dshamjangijn Buntar
- Der Sieg, Teil 1. / 2. (1984) - Darsteller | Regie: Jewgeni Matwejew
- Stielke, Heinz, fünfzehn ... (1985 - 1986) - Darsteller | Regie: Michael Kann
- LILOWY SCHAR / Die lila Kugel (1987) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Pawel Arsenow
- Fallada - letztes Kapitel (1988) - Darsteller | Regie: Roland Gräf
- Das Licht der Liebe (1990) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Gunther Scholz
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