DEFA-Werbung
Unter dramatisch veränderten Wettbewerbsbedingungen, die eine marktwirtschaftliche Orientierung erfordern, ergreift das Defa Studio Babelsberg die Flucht nach vorn und wirbt via Video um Produzenten und Aufträge. Spielfilmregisseur Lothar Warneke fertigte zu diesem Zweck einen 15-minütigen Werbetrailer an, in dem Volker Schlöndorff zukünftige Interessenten mit den Produktionsvorteilen des traditionsreichen Studios vertraut macht. Dass bei dieser Werbeaktion nicht unbedingt an inländische Filmproduktionen gedacht wird, belegt die Tatsache, dass Schlöndorff auf Englisch an die großen Zeiten, an Lang, Lubitsch und Pabst erinnert und auch Greta Garbo, Lilian Harvey und Willy Fritsch als frühe Garanten für Filmerfolge aus Babelsberg ins Feld führt. Nach einem kurzen geschichtlichen Abriss – die Nazi-Zeit und die Zeit des Kalten Krieges bleiben weitgehend ausgespart – werden die „Produktvorteile“ der elf Ateliers vorgestellt. Eine holprige Fahrt führt über echtes Kopfsteinpflaster vorbei an einem der größten Filmfreigelände der Welt, die Kamera berauscht sich förmlich an Archiv und Requisiten der Defa, die über eine Million Artikel beherbergen. Im Rhythmus des „Can Can“ fährt sie durch endlos erscheinende Lagerhallen, die Kunstfertigkeit der „filmbegeisterten Handwerker“ wird vor Augen geführt, und ausgerechnet zu Marschmusik gewährt man Einblicke in den gewaltigen Kostümfundus des Studios. Natürlich soll diese durchaus informative, manchmal jedoch ein wenig zu gewollt und zu verkrampft wirkende Werbemaßnahme dem Erhalt der Defa und der Sicherung der Arbeitsplätze dienen. Da tischt man natürlich Superlative auf, verweist darauf, dass alles möglich ist und alles gefälscht werden kann und versucht mit dem Vorurteil aufzuräumen, dass die langjährige zentralistische Planwirtschaft nur unflexible Strukturen hinterlassen hat. Stolz erwähnt man die Umstrukturierung der „Deutsche Film Aktiengesellschaft“ (Defa) und erzählt von den zehn unabhängigen Produktionseinheiten, die von einer Holding verwaltet werden. Am Ende zeigt die Kamera die Europakarte. Zunächst ist nur Babelsberg zu sehen, dann fährt die Kamera zurück, man sieht Berlin, dann Deutschland, dann Europa; pathetisch spricht eine Stimme aus dem Off von der europäischen Filmzentrale der Zukunft, von der Medienzentrale, die in der Mitte Europas liegt. Dann ist der Trailer zu Ende und nur Schwärze flimmert auf dem Bildschirm. Nach so viel Zukunftsmusik flackert die Gegenwart, der Jetztzustand auf, den abzuwenden das Video helfen soll.
(filmdienst 9/1991)