Mühevolle Talentsuche.
60 Jahre DEFA – Eine kritische Bilanz
von Claus Löser
Blickt man auf das Konvolut der ungefähr 750 abendfüllenden Spielfilme, das die DDR und ihr Spielfilmstudio der Nachwelt hinterlassen haben, stellt sich Ernüchterung ein. Ganz unbenommen davon bleiben die Leistungen von Künstlern wie Gerhard Klein, Konrad Wolf, Frank Beyer, Egon Günther, Jürgen Böttcher, Heiner Carow, Rainer Simon, Ulrich Weiß und anderer als immens wichtige Beiträge für die gesamtdeutsche Kinematografie. Doch handelt es sich dabei durchweg um Ausnahmen von der Regel, um Filme, die trotz der bestehenden Produktionsbedingungen entstanden sind, nicht als notwendige Folge dieser Umstände. Es bleibt dies, gerade im Vergleich mit anderen Ländern des Ostblocks, eine schwere Hypothek.
Während von Polen, Ungarn, der Tschechoslowakei (bis 1968) und sogar von der Sowjetunion regelmäßig Impulse ausgingen, die nicht nur Anschluss an die Weltfilmkunst fanden, sondern diese sogar wesentlich beeinflussten und vorantrieben, gab es in der DDR keine vergleichbaren Marksteine. Sicher: Auch Filme von Polanski, Jancsó, Forman oder Tarkowskij stellen im Kontext ihrer jeweiligen Herkunftsländer Ausnahmen von der Regel dar, doch fallen diese Amplituden qualitativ viel höher aus als im sozialistischen Osten Deutschlands. Auf den ersten Blick scheint sich das Manko als ein Personalproblem darzustellen. In den genannten Ländern gab es neben den großen Namen stets einen soliden Stamm von auf hohem Niveau arbeitenden Regisseuren (natürlich auch zahlreiche weniger gute). Dass es ausgerechnet in der DDR keine verheißungsvollen Talente gegeben haben soll, widerspricht der Logik – und den Tatsachen. Um zu verstehen, warum solche Begabungen indes keinen oder nur einen sehr beschränkten Zugang zur DEFA fanden und deshalb nicht zur filmsprachlichen Erneuerung beitrugen, bedarf es einer genaueren Analyse. Ein solcher Ansatz muss auf die Historie blicken.
„Zeit der Hoffnungen“
In der Geschichte der sowjetischen Kinematografie lösten sich in Abhängigkeit der jeweiligen innenpolitischen Verwerfungen mehrfach liberale und restriktive Phasen ab. Entscheidend für die ostdeutsche Situation war der 1945 vorliegende, durch die Ulbricht-Gruppe in die SBZ importierte Status quo – der des Hochstalinismus. Dabei schienen unmittelbar nach Kriegsende die Weichen keineswegs eindeutig in diese Richtung gestellt. Sogar früher als in den Westsektoren wurde im Osten unter Aufsicht der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) das Kapitel des deutschen Nachkriegsfilms eingeläutet; die Dreharbeiten zu „Die Mörder sind unter uns“ (1946, Wolfgang Staudte) begannen sogar noch vor dem Gründungsakt der DEFA, nämlich am 4. Mai 1946. Als förderlich für ein zunächst entspanntes, durchaus hoffnungsvolles Klima des Neubeginns erwiesen sich zudem aufgeschlossene sowjetische Kulturoffiziere, die die DEFA-Gründung unmittelbar begleiteten. Zwischen 1946 und 1949 wurden bei der DEFA mit jährlich zunehmender Tendenz insgesamt 26 abendfüllende Spielfilme realisiert. Dabei gelang es der Studioleitung, wichtige personelle Kräfte zu mobilisieren, die schon vor 1933 für das deutsche Kino bleibende Beiträge geleistet und/oder das „Dritte Reich“ relativ unbelastet durchlebt hatten: u.a. die Kameramänner Friedl Behn-Grund und Fritz Arno Wagner sowie die Regisseure Gerhard Lamprecht und Robert A. Stemmle.
Inhaltlich wie formal wurden während dieses kurzen Interims zwischen „Heißem“ und Kaltem Krieg Wege eingeschlagen, die bereits wenig später undenkbar schienen. Unter dem verfremdeten Titel „Wozzeck“ erfolgte 1947 eine Verfilmung von Georg Büchners berühmtem Drama (Regie: Georg C. Klaren), die sich der Stilmittel des deutschen Expressionismus bediente und mit Hermann Warm einen der Bühnenbildner von „Das Cabinet des Dr. Caligari“ gewinnen konnte. Kurt Maetzigs Generationen-Epos „Die Buntkarierten“ (1949) verklärte die Sozialdemokratie in einer Weise, die nur mit der Zwangsvereinigung von SPD und KPD zu erklären ist. Mit seinem versöhnlichen Grundtenor wirkt dieser Film aus heutiger Sicht ebenso unerhört wie Staudtes kabarettistische Attacke auf den systemübergreifenden Paragraphen-Fetischismus der Deutschen („Die seltsamen Abenteuer des Herrn Fridolin B.“, 1948). Für einen kurzen historischen Augenblick lang schien es möglich, im Osten Deutschlands an die Traditionen der Weimarer Republik und ihrer Pionierleistungen auf dem Gebiet des Kinos anzuknüpfen, damit den Anschluss an die Weltkinematografie zu halten. Doch dieser Eindruck war trügerisch. Schon sehr bald verhärteten sich die Fronten. Die phasenweise fruchtbare personelle Allianz von experimentierfreudigen DEFA-Funktionären und -Regisseuren sowie aufgeschlossenen SMAD-Offizieren erwies sich angesichts der neuen, alten Fahrtrichtung schnell wie ein Kartenhaus. Wie die Biografien von zahlreichen Regisseuren, Kameraleuten und Schauspielern zeigen, setzten mit den ersten Anzeichen zunehmender Indoktrination unter dem Personal der ersten Stunde Absatzbewegungen ein, von denen, teilweise unfreiwillig, auch die Leitungsebene erfasst wurde. Die DEFA-Mitbegründer Alfred Lindemann und Karl Hans Bergmann gerieten ab 1948 in die Schusslinie der Bürokraten, wurden aus der SED ausgeschlossen und verließen die SBZ Richtung Westen. Die „Zeit der Hoffnungen“ (Christiane Mückenberger) für einen innovativen, unabhängigen deutschen Nachkriegsfilm war endgültig vorbei.
Nachwirkender Niedergang
Nach dieser ersten Phase der ostdeutschen Nachkriegsfilmgeschichte, die oft nicht als trügerisches Interim zwischen totalitären Zeitblöcken, sondern als hoffnungsvoller Neubeginn eingestuft worden ist, trat die DEFA in ein Stadium der Restauration ein. Kreatives Personal mit liberalem Hintergrund, das diesem Trugschluss zeitweilig aufgesessen war, kehrte Babelsberg verstärkt den Rücken, parteipolitisch bewährte Kader rückten nach. Der nach Fall und Flucht Alfred Lindemanns inthronisierte neue Studioleiter Sepp Schwab verfügte als eine seiner ersten Amtshandlungen strikte Schnittauflagen gegenüber Staudtes „Rotation“ (1949) und setzte damit ein entsprechendes Zeichen. Nachdem die Jahresproduktion an Spielfilmen zunächst kontinuierlich gesteigert werden konnte, stagnierte sie ab 1950 und fiel sogar zurück. Diese Entwicklung korrespondierte mit jener in der Sowjetunion: Kurz vor Stalins Tod war der sowjetische Film nahezu zum Erliegen gekommen. In der DDR kam zur politischen Paranoia noch Personalmangel hinzu: Es gab einfach nicht genug als „zuverlässig“ eingestufte Kader, die die neuen Richtlinien der DEFA-Kommission hätten getreulich umsetzen können. Parteipolitisch eingeschworener Nachwuchs war ebenfalls noch nicht in greifbarer Nähe, da die nach dem Vorbild der Moskauer WGIK in Potsdam-Babelsberg eingerichtete Filmhochschule erst 1954 ihre Ausbildung aufnahm.
Auf ihrer II. Parteikonferenz stellte die SED im Juli 1952 Weichen für die künftige Filmpolitik der DDR. Die Schlussfolgerungen aus der Bilanz der zurückliegenden sechs DEFA-Jahre lief auf die Polemik „Sozialistischer Realismus“ versus „Kritischer Realismus“ zu. Mit dem Aufruf zur Gleichschaltung auf diese Doktrin nach innen ging die Beschwörung nach außen einher, sich von internationalen Tendenzen der Filmkunst abzuwenden. In der ersten Hälfte dieser Dekade trat das ostdeutsche Filmschaffen einen lange nachwirkenden Niedergang an; die DEFA hinterließ in dieser Phase der Weltkinematografie kaum bleibende Beiträge; einzige Ausnahme blieb Staudtes „Die Geschichte vom kleinen Muck“ (1953). 1951 kam es zum ersten Verbot eines abgedrehten DEFA-Films. Ausgerechnet der eigentlich über jeden Verdacht erhabene ehemalige Widerstandskämpfer Falk Harnack musste erleben, wie „Das Beil von Wandsbek“, in der Hauptrolle besetzt mit Ex-KZ-Häftling Erwin Geschonneck, infolge einer perfiden Intrige diffamiert, abgesetzt und verstümmelt wurde. Insgesamt dominierten neben belanglosen Unterhaltungs- und Genrefilmen jene Produktionen, in denen die Partei ihre Beschlüsse durchzusetzen beabsichtigte. Apotheose dieses vorherrschenden diensteifrigen Schulterschlusses mit der in künstlerische Agonie verfallenen Sowjetunion waren die beiden schwülstigen Heldenbeschwörungen „Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse“ (1954) und „Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse“ (1956), beide von Kurt Maetzig in Szene gesetzt.
Gegen Ende der 1950er-Jahre machten sich verstärkt Anzeichen bemerkbar, die neue Hoffnungen für den ostdeutschen Film versprachen. Innerhalb des künstlerisch unerheblichen Gleichmaßes gab es bereits einzelne Ausnahmefilme. Ein besonderes Kapitel stellen vier Co-Produktionen mit Frankreich dar (u.a. „Die Abenteuer des Till Ulenspiegel“ und „Die Hexen von Salem“). Nachhaltiger als dieses internationale Intermezzo war der sich anbahnende Generationswechsel innerhalb des Studios. 1960 verabschiedete die DEFA die letzten Regisseure, die zwar im Osten gedreht, aber im Westen gelebt hatten. Gleichzeitig tauchten neue Namen auf, Namen von wesentlich jüngeren Filmemachern wie Konrad Wolf (geb. 1925), Frank Beyer (geb. 1932) oder Heiner Carow (geb. 1929). Hinzu kamen ab 1961 die ersten Absolventen der Babelsberger Filmhochschule, die den Altersdurchschnitt des Studios spürbar senkten und für einen gewissen Erneuerungsschub sorgten.
Kurze Phase des „Tauwetters“
Dieser ungefähr mit dem Jahr 1960 evident werdende Generationswechsel fiel mit weiteren günstigen Umständen außerhalb Ostdeutschlands zusammen. Noch wichtiger als Tendenzen in Westeuropa waren für die DEFA jene Signale einer filmpolitischen Liberalisierung in der Sowjetunion, die zunächst ganz konkret von einem einzigen Film ausgingen – von Kalatosows „Die Kraniche ziehen“ (1957). In der Sowjetunion selbst fungierte er als Startschuss für die kurze Phase des „Tauwetters“, machte nachfolgende Produktionen wie Tarkowskijs „Iwans Kindheit“ (1962) oder „Ich bin 20 Jahre alt“ (1965) von Marlen Chuzijew erst möglich. In den jahrelang unter dem Diktat des Sozialistischen Realismus stehenden Ländern des Ostblocks wurde der Vorstoß seiner kreativen Überschreibung dankbar aufgenommen. Vor allem in Ungarn, Polen und der Tschechoslowakei kam es Anfang der 1960er-Jahre zur Herausbildung jeweils „Neuer Wellen“, in denen inhaltliche, politische und ästhetische Impulse aus Ost wie West zusammenflossen.
In der DDR konnte sich keine vergleichbare Bewegung durchsetzen. Dabei schienen die Voraussetzungen durchaus gegeben. Ernsthaften Versuchen eines Paradigmenwechsels in der Innen- und damit der Kulturpolitik der DDR stand jedoch das Fehlen von reformwilligen Kräften in den oberen Etagen des Verwaltungsapparats im Weg. In dieser Hinsicht hatte das misstrauische Kader-Auswahlsystem ganze Arbeit geleistet: kein potenziell umstürzlerischer Geist war bis in die inneren Zirkel der Macht vorgedrungen. Als Chruschtschow 1964 aller Ämter enthoben und die lange Ära der Stagnation unter Breschnew eingeläutet wurde, stürzten die zaghaften Ansätze einer Reformbewegung in der DDR als Kartenhaus in sich zusammen. Der neuerliche restaurative Umschwung in der UdSSR wurde von den Funktionären der DDR umgehend als Fanal für eine massive Zurückdrängung derjenigen Kräfte genutzt, die auf einen vorsichtigen Umbau der Gesellschaft gesetzt hatten. Mit dem „Kahlschlag“ des 11. Plenums im Dezember 1965 kulminierte diese Entwicklung. Die massivsten und unmittelbarsten Konsequenzen ergaben sich für die Filmschaffenden der DDR. Fast die gesamte Jahresproduktion fiel unter Verdikt. Von diesem Flurschaden hat sich die DEFA nie wieder erholt. Nach 1965 verkümmerten die Ansätze eines innovativen Filmschaffens in der DDR erneut, die DEFA fiel zurück in Agonie. Auf Funktionärsebene setzte man nun alles daran, die Zensurschranken tiefer zu staffeln und in die Vorbereitungsphase der Filme zu verlagern, sodass man später gar nicht erst in die Verlegenheit kam, Produktionen verbieten zu müssen. Diese Strategie ging auf und konnte bis zum Ende der DDR durchgehalten werden.
Angesichts der zwischen 1965 und 1968 gesammelten, alles andere als motivierenden Erfahrungen ist es umso verwunderlicher, dass wenig später schon wieder Hoffnungen für den ostdeutschen Film keimten, dies ausgerechnet aus Anlass der Entmachtung Ulbrichts im Frühjahr 1971. Ausgerechnet Erich Honecker, Großinquisitor des 11. Plenums, avancierte kurzzeitig zum Hoffnungsträger: Neben Ankündigungen, die Versorgungslage und die Wohnverhältnisse speziell sowie die Lebensbedingungen allgemein zu verbessern, formulierte er auch liberale Ermunterungen. Filme, die eine sanfte „Tauwetterstimmung“ der ersten Jahre unter Honecker widerspiegelten, waren Produktionen wie „Der Dritte“ (1972) von Egon Günther, „Leichensache Zernick“ (1972) von Helmut Nitzschke oder Lothar Warnekes „Leben mit Uwe“ (1974), nicht zuletzt „Jakob der Lügner“ (1975) von Frank Beyer. Bald zeichnete sich ab, dass die Lockerungen nicht das Wetterleuchten eines grundlegenden Trendwechsels darstellten, sondern lediglich Irrlichter innerhalb restriktiver Kontinuität. Zunächst schleichend, später massiv wurden die gewährten Freiräume wieder beschnitten. Brisante Stoffe – wie Heiner Carows in Zusammenarbeit mit Franz Fühmann erarbeitete Adaption des „Simplicius Simplicissimus“ von Grimmelshausen oder Rainer Simons Verfilmung des von Brigitte Reimann nachgelassenen Romans „Franziska Linkerhand“ – wurden in der Drehbuchphase endlosen Bearbeitungen unterworfen, bis sie irgendwann hinfällig wurden. Als im November 1976 die Seifenblase der Honeckerschen Liberalisierung endgültig platzte, verließen DEFA-Regisseure, -Schauspieler und -Autoren scharenweise das halbe Land in Richtung Westen. Nach Biermanns Ausbürgerung trat die DDR und mit ihr die DEFA in ihre letzte Phase ein; die Irreversibilität einer spätestens seit 1965 evidenten Entwicklung war nicht länger zu kaschieren.
Keine relevante Opposition
Auch nach 1976 wurden bei der DEFA interessante Filme gedreht, ergaben sich durch Einzelfilme wider alle Logik verheißungsvolle Anzeichen einer nochmaligen Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Filmemacher. Erwähnt seien hier nur die stilistisch und inhaltlich ungewöhnlichen Spielfilme von Ulrich Weiß (z.B. „Olle Henry“, 1983) oder Evelyn Schmidts „Das Fahrrad“ (1982). Auf dem Gebiet des Dokumentarfilms sorgte Jürgen Böttcher, der durch nahezu jede Spielart der Desillusionierung ging, mit eindringlichen Beobachtungen aus dem Alltags- und Berufsleben für eine Ehrenrettung des ostdeutschen Films. Insgesamt aber machte sich Resignation breit: Ein gemeinsamer Aufbruch innerhalb der sich als unbrauchbar erwiesenen Apparaturen schien weniger denn je denkbar. Bei der historisch längst überfälligen, noch offenen Konfrontation der DDR-Intellektuellen mit „ihrem“ Staat im November 1976 und danach offenbarte sich ein spezifisches Dilemma, das zumindest teilweise erklärt, warum sich in Ostdeutschland nie eine relevante Opposition wie in anderen Ländern des Ostblocks herausbilden konnte. Unter dem Trauma von Nationalsozialismus, Holocaust und versagender Widerstandsbewegung gegen Hitler stehend, stellte das Bekenntnis zum Sozialismus für die meisten Künstler eine Selbstverständlichkeit dar. Allen staatsterroristischen Entgleisungen unter Stalin sowie seiner Nachfolger und Statthalter zum Trotz blieb doch die moralische Überlegenheit der Idee stillschweigender Konsens. Mit dieser „Antifaschismus-Falle“ war ein reibungslos funktionierendes Instrument zur Disziplinierung jeglichen Abweichlertums installiert worden. Sämtliche maßgeblichen DEFA-Regisseure waren Mitglieder der SED. In der letzten Phase der DDR tendierten sowohl in der Literatur als auch auf dem Gebiet des Films wichtige Künstler zu unübersehbarem Historismus. Teilweise war dieser Rückzug von Gegenwartsstoffen selbst gewählt, teilweise resultierte er aus den unmittelbaren Folgen der Einflussnahme von Studioleitung und Staatssicherheit. Dass ein hochbegabtes Talent wie Ulrich Weiß seine Fähigkeiten nicht annähernd entfalten konnte und nahezu die gesamte Generation der um 1950 Geborenen (wie Thomas Heise, Jörg Foth, Dietmar Hochmuth, Herwig Kipping, Tony Loeser, Jan Bereska oder Petra Tschörtner) gar nicht erst zum Zug kam, geht maßgeblich auf das Konto Hans Dieter Mädes, des seit 1977 amtierenden Generaldirektors des DEFA-Spielfilmstudios. Im Verbund mit dem Vorsitzenden des Staatlichen Komitees für Fernsehen, Heinrich Adameck, wie Mäde Mitglied des ZK der SED, wurde in der letzten Dekade der DDR eine nahezu flächendeckende Kontrolle über die audiovisuellen Medien erreicht. In dieser Hinsicht waren Film und Fernsehen im Vergleich zu anderen Bereichen der ostdeutschen Öffentlichkeit in ihrer Planerfüllung vorbildlich; in dieser Mustergültigkeit reproduzierte sich jedoch gleichzeitig der eklatante Realitätsverlust, dem Partei- und Staatsführung zunehmend ausgesetzt waren.
Zum einen hatte sich der Großteil der Bevölkerung längst von den erfolgreich sterilisierten Massenmedien abgewandt; von wenigen Ausnahmen abgesehen, erreichten die Sendungen und Filme nicht mehr ihre Adressaten, strahlten sie ihre aufwändig erstellten Botschaften in den leeren Raum ab. Zum anderen hätte ein Blick in die Vergangenheit und auf aktuelle internationale Entwicklungen ausreichen müssen, um die Vergeblichkeit totaler Kontrolle, gerade im medialen Bereich, aufzuzeigen.
Claus Löser (filmdienst Sonderheft 10/2006)