Von verschiedenen Standpunkten
Die Darstellung jüdischer Erfahrung im Film der DDR
Lisa Schoß
656 Seiten, 22 Fotos
Hardcover, 14,8 x 21 cm
43,00 Euro (zzgl. Versand)
ISBN 978-3-86505-423-4
zu beziehen über den Bertz+Fischer Verlag
Das Buch

Von verschiedenen Standpunkten
Lisa Schoß, 2023
Die Darstellung jüdischer Erfahrung im Film der DDR ist voller Widersprüche und Ambivalenzen. Einerseits hat man der DDR attestiert, ihre »größte Hypothek« sei »die versäumte Auseinandersetzung« mit der Shoah (Jürgen Danyel) – obwohl oder gerade weil der Antifaschismus politischer Leitdiskurs in der DDR war. Tatsächlich konnte bis 1989 vom Faschismus respektive Antifaschismus die Rede sein und gleichzeitig von den Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung (oder anderen Minderheiten) geschwiegen werden. Andererseits lassen Alltags- und Lokalgeschichte, vor allem aber Kunst und Kultur in der DDR eine vielschichtige Auseinandersetzung mit den deutschen Verbrechen erkennen, darunter auch facettenreiche Darstellungen jüdischer Erfahrung. Welche Bilder von Jüdinnen, Juden und jüdischen Erfahrungen der ostdeutsche Film und das Fernsehen boten, analysiert die Autorin in einer kritischen Retrospektive, beginnend beim frühen Nachkriegskino mit seinen Idealen bis zu den Filmen aus der müden Spätphase der DDR. Dabei richtet sich der Blick auch auf die Akteurinnen und Akteure vor und hinter der Kamera. Denn sie waren es, die dem Antifaschismus-Diskurs jüdische Perspektiven beifügten, aus eigenem Erleben heraus und oftmals in kritischer Spannung zur offiziellen Ideologie.

„Es wird schon nicht so schlimm!“: Die aufstrebende Schauspielerin Elisabeth wird aufgrund ihrer jüdischen Herkunft in EHE IM SCHATTEN (R: Kurt Maetzig, 1947) in die gesellschaftliche Isolation gezwungen. Nur die „Mischehe“ zu ihrem Kollegen Paul bewahrt sie vor der Deportation. Fotograf: Kurt Wunsch

SS-Obersturmbannführer Kurt A. Becher (Horst Schulze) und der Vertreter der jüdischen Seite Rudolf Kasztner (Wolfgang Greese) bei den „Blut gegen Ware“-Verhandlungen in LEBENDE WARE (R: Wolfgang Luderer, 1966) Fotografen: Dieter Jaeger, Hans-Joachim Zillmer
Die Autorin
Lisa Schoß ist Literatur- und Kulturwissenschaftlerin und forscht an der Schnittstelle von Jüdischen Studien und visueller Zeitgeschichte. Im Jahr 2020 promovierte sie zu Darstellungen jüdischer Erfahrungen im DEFA-Spielfilm und in Produktionen des DDR-Fernsehens. Die letzten Jahre war sie mit dem »Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg« assoziiert und Teil eines wissenschaftlichen Netzwerkes zur Erforschung der deutsch-jüdischen Filmgeschichte der Bundesrepublik. Heute arbeitet sie freiberuflich.