Die Dreharbeiten von CHRISTINE wurden nach dem Unfalltod des Regisseurs Slatan Dudow am 12. Juli 1963 abgebrochen und nie wieder aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt waren mehr als zwei Drittel des Films abgedreht.
Heute liegen von CHRISTINE drei Fassungen vor. Eine Arbeitskopie (118 Min.), die bis 2018 als verschollen galt, diente 1963 als Grundlage zur internen Diskussion im DEFA-Studio für Spielfilme über die Fortsetzung des Filmprojektes. Diese Arbeitskopie besteht aus aneinandergehängten Mustern aller gedrehten Einstellungen in der Reihenfolge, die das Drehbuch vorsah. Ab 1974 zeigte das Staatliche Filmarchiv der DDR gelegentlich eine unvollständige Rohschnittfassung (105 Min.). Anfang und Ende des Films fehlten. Der Ton war lückenhaft. Dialoge waren zum großen Teil schwer oder gar nicht zu verstehen. Anlässlich des 25. Jahrestages der DDR wurde diese Rohschnittfassung am 15. Oktober 1974 im Filmtheater des Staatlichen Filmarchivs der DDR STUDIO CAMERA in Berlin erstaufgeführt. 2020/21 wurde CHRISTINE durch die DEFA-Stiftung als Fragment digital rekonstruiert und dramaturgisch bearbeitet (109 Min.).
Dieser digitalen Rekonstruktion gingen umfangreiche Recherchen im Bundesarchiv voraus. Die Ende der 1960er-Jahre eingelagerten, ca. 400 unsortierten Büchsen zum Film enthielten unter anderem zahllose Negativröllchen, Bildmuster, Teile des Primärtons, Musik- und Geräuschaufnahmen, Probeaufnahmen und die als verschollen geglaubte Arbeitskopie. In einem langwierigen Prozess wurden alle Materialien identifiziert und sortiert. Dramaturgisch entscheidende Aufnahmen, die in der Rohschnittfassung nicht enthalten waren, wurden aufgefunden.
Die Rekonstruktion entstand auf Grundlage des Drehbuchs. Es enthält alle gedrehten Einstellungen. Integriert wurden überdies einige Probeaufnahmen; diese sind entsprechend gekennzeichnet. Noch verbleibende Lücken wurden mit Schwarzfilm markiert. Für das Verständnis der Handlung erforderliche Informationen wurden auf Texttafeln hinzugefügt.
Da der Film nach dem Ende der Dreharbeiten synchronisiert werden sollte, wurde meist mit ungeblimpter Kamera oder ohne Ton gedreht. Vorhandene Tonaufzeichnungen sind deshalb oft durch für Primärton typische Kamera- oder andere Störgeräusche gekennzeichnet. Diese wurden durch eine digitale Nachbearbeitung so weit wie möglich eliminiert. Hauptziel dabei war es, die Dialoge verständlich zu machen. Unverständliche und fehlende Dialogteile wurden mit Untertiteln ergänzt, um das Verständnis der Handlung zu erleichtern. Finanziert wurde die digitale Rekonstruktion mit Mitteln aus dem Förderprogramm Filmerbe.
Weiterführende Literatur: Dittrich, Ralf: Chronik eines Scheiterns. Slatan Dudows letzter Film CHRISTINE. In: Pikarski, René; Rittmeyer, Nicky; Schenk, Ralf (Hrsg.): … und wer wird die Welt verändern? Slatan Dudow. Annäherungen an einen politischen Regisseur. Bertz+Fischer Verlag Berlin, 2024. [Schriftenreihe der DEFA-Stiftung]. S. 533-548.