Im Übergang - Protokoll einer Hoffnung
Regie: Kurt Tetzlaff, 82 Min., Farbe/Schwarz-Weiß, Dokumentarfilm
Deutschland
DEFA-Studio für Dokumentarfilme GmbH, 1991
- Film-/Videoformat
- 35 mm
- Länge in m
- 2250
- Sonstiger Titel
- Vormittag; Im Übergang
- Englischer Titel
- In Transition: Report on a Hope
Kurzinhalt (Deutsch)
Dieser schwarz-weiß Dokumentarfilm, der die Zeit zwischen Oktober 1989 bis zur Vereinigungsfeier am 3. Oktober 1990 ablichtet berichtet über den jungen Alexander Schulz. Er, der ewig Suchende, war Demonstrationsteilnehmer in den Oktober- und Novembertagen 1989 , Wehrdienstverweigerer, Pfleger in einem Behindertenheim und Mitarbeiter der "Aktion Sühnezeichen" in Westberlin. In chronologischen Rückblicken wird diese Dokumentation durch farbige TV-Beiträge der Sendung "Aktuelle Kamera" und seiner Originalkommentierung angereichert.
Filmstab
- Regie
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- Kurt Tetzlaff
- Drehbuch
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- Eckhard Mieder
- Kurt Tetzlaff
- Kamera
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- Andreas Bergmann
- Karl Faber
- Claus Mühle
- Hans Borrmann
- Jürgen Partzsch
- Ingo Bahr
- Schnitt
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- Monika Schäfer
- Regieassistenz
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- Uwe Mann
- Ton
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- Hartmut Haase
- Lutz Laschet
- Dietmar Falkenthal
- Rainer Pape
- Produktionsleitung
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- Joachim (auch: Achim) Sigmund
- Person, primär
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- Lothar de Maizière
- Wolfgang Schäuble
- Gerd Poppe
- Richard von Weizsäcker
- Alexander Schulz
- Helmut Kohl
- Walter Romberg
- Hannelore Kohl
- Theodor ("Theo") Waigel
- Hans-Dietrich Genscher
- Sabine Bergmann-Pohl
- Oskar Lafontaine
- Willy Brandt
- Reinhard Meinel
- Person, sekundär
-
- Friedrich Ebert
- Otto von Bismarck
- Puhdys (Musikgruppe)
- Nina Hagen
- Walter Momper
- Axel Springer
- Karl Marx
- Wladimir Iljitsch Lenin
- Dietrich Bonhoeffer
- Otto Nuschke
- Friedrich Engels
- Egon Krenz
- Günther Krause
- Rüdiger Wrede
- Sylvia Acksteiner
- Hans-Joachim Korwalli
- Erich Honecker
- Ludwig van Beethoven
- Michail Gorbatschow
Kurzinhalt (Englisch)
The film opens with celebrations on New Year’s Eve 1989/1990 - the first united celebration of East and West Germans, on the Glienicker Bridge; the infamous bridge between Berlin Wansee and Potsdam where spies were exchanged during the Cold War; a bridge which in the GDR adopted the suggestive name "Bridge of Unity". The film closes on the same bridge with the equally euphoric reunification party on the 3rd October 1990. The viewer experiences the short year of transition to German unity in Potsdam through the personal experiences and reflections of a young man.
Langinhalt
0:00:00
Blick auf Alexander der auf einer verschlammten Allee neben einer Mauerbefestigung geht (halbtotal). Im Off erzählt Alexander: "Ich habe dann am 10. November 89 meinen Einberufungsbefehl zurück gegeben und habe gesagt das ich den Dienst verweigere, das hätte auch bedeuten können, da ich ja praktisch Wehrdienst-Totalverweigerer war, das die mich in den Knast stecken". Einblendung eines Zitats von Dietrich Bonhoeffer: "Es kommt wohl nur darauf an, ob man dem Fragment unseres Lebens noch ansieht, wie das Ganze angelegt und gedacht war und aus welchem Material es besteht". Überblendung auf die Glienicker Brücke in den Abendstunden (halbtotal). Einblendung "IM ÜBERGANG - Protokoll einer Hoffnung".
0:01:37
Kameraschwenk über einen Radfahrer auf der Glienicker Brücke "Brücke der Einheit" (halbtotal). Im Off wird der O-Ton von Walter Momper unterlegt: "...28 Jahre lang, seit dem Bau der Mauer am 13. August 1961, haben wir diesen Tag herbei gesehnt und herbei gehofft, wir Deutschen sind jetzt das glücklichste Volk auf der Welt...". Schwenk (von oben) über die Menschen im Umfeld und auf der Glienicker Brücke während der Silvesterfeier 1989/1990 (halbtotal) (O-Ton). Böller explodieren und Raketen fliegen in den Himmel (halbtotal) (O-Ton). Bläserin spielt auf der Glienicker Brücke Beethovens "Freude schöner Götterfunken..." (halbnah) (O-Ton). Blick auf das Grenzschild in 4 Sprachen "Sie betreten den amerikanischen Sektor" und den feiernden Menschen davor (halbtotal) (O-Ton). Feuerwerkskörper explodieren auf der Straße (halbnah) (O-Ton). Trabant mit Dachschild "EDDY - LOCCI" fährt über die Glienicker Brücke unter dem Jubel der Menschen (halbtotal). Bläserin spielt "Freude schöner Götterfunken" und ein Kollege hält die Noten (halbnah) (O-Ton). Passant (nah) (O-Ton) "...also vor 3 Monaten da waren wir also noch...da waren wir längst nicht der Meinung das es so kommen wird, aber wir sind glücklich das es so gekommen ist".
0:02:54
Motorradfahrer überquert die Glienicker Brücke (halbnah). Passanten singen an der Brücke und eine Frau dirigiert zur Bläserin hin, sie spielt "Freude schöner Götterfunken..." (halbnah) (O-Ton). Akkordeonspieler unterstützt die singenden und schunkelnden Passanten an der Glienicker Brücke (halbtotal) (O-Ton). Passant mit Kerze in der Hand (halbnah) (O-Ton) "...und so weiter geht, was Schöneres können wir uns doch gar nicht wünschen, oder". Passant mit einem Sektglas in der Hand (halbnah) (O-Ton) "...das Jahr 1989 bestand eigentlich nur aus 2 Monaten wenn ich das rückwirkend betrachte, November und Dezember". Im Off spricht ein Passant: "Also so verlockend fand ich das nicht auf der Glienicker Brücke...wenn so die Deutschen in Massen zusammen kommen dann habe ich immer den Eindruck es wird schnell Nationalistisch, und im Dezember kamen die Rufe auf "Einig Vaterland", und das habe ich eben auch befürchtet das zu vorgeschrittener Stunde so verschiedene Sachen gesungen werden wie das Deutschlandlied mit der 1. Strophe, und so etwas wollte ich auch nicht gerne hören...denn das hat mit den Ereignissen in diesem Land nicht viel zu tun". Eingeblendet zum Off-Ton werden: Spielender Trompeter, umgeben von Passanten (halbtotal) (O-Ton), Schild an der Brücke "Pass-Vorkontrolle" (halbnah), Passant umarmt einen Grenzsoldaten an der Brücke (halbnah), Trompeter (halbnah) (O-Ton), Feuerwerk über den Bürgern an der Glienicker Brücke (halbtotal). Großes Feuerwerk am Himmel (halbtotal) (O-Ton). Grenzsoldaten und Passanten feiern in der Silvesternacht (halbtotal) (O-Ton) "Prost Neujahr". Zwei Trompeter spielen auf der Glienicker Brücke (halbnah) (O-Ton). Grenzsoldat mit Luftschlangen um den Hals auf der Brücke (halbnah). Autos überqueren die Glienicker Brücke und fahren nach Westberlin ein (halbtotal).
0:04:52
Blick in ein Behindertenheim mit einem Blasharmonikaspieler (halbtotal) (O-Ton). Blasharmonikaspieler mit seiner Version von "Du mein stilles Tal, ich grüß dich tausend Mal..." (halbnah) (O-Ton). Schwenk über die zuhörenden Heimmitglieder (halbtotal) (O-Ton). Der Wehrdienstverweigerer und jetziger Pfleger Alexander (nah) (O-Ton) "...spiel mal noch was...mach doch noch was, ja...". Im Off hört man ihn erzählen: "...am 10. den Wehrdienst verweigert, dann hier angefangen zu arbeiten, ich hab das zu meinem Zivildienst erklärt, weil ich nicht eingesehen habe Soldat zu werden, hier zu sein halte ich für viel sinnvoller, weil diese Arbeit gebraucht wird und weil es was für die Menschen und nicht gegen die Menschen ist...". Schwenk über die behinderten Zuhörer im Heim (halbnah). Blasharmonikaspieler in Aktion (halbnah) (O-Ton). Pfleger Alexander klatscht Beifall (nah) (O-Ton). Pfleger in seiner Wohnung vor einer Fototapete (halbnah) (O-Ton) "Es ist schwer wenn man das erste Mal mit solchen Leuten zu tun hat, wenn man da gleich so rein gestoßen wird. Es sind viel zu wenig Mitarbeiter da, es sind 37 Behinderte und 8 Mitarbeiter, so dass wir im Prinzip immer alleine sind, und dann für so 30 Leute zuständig sind, verantwortlich sind. 30 Leute die beschäftigt werden wollen, 30 Leute die Fragen stellen, jeder will ständig besonders bedacht sein, das ist tagsüber, oder während der Arbeit so belastend das danach nix mehr in den Kopf geht, nach Feierabend macht man den Fernseher an und fall dann irgend wann ins Bett um am nächsten Tag wieder arbeiten gehen zu können, aber ich hab den Kopf nicht mehr frei für andere Dinge, so hart hatte ich mir das nicht vorgestellt". Schwenk vom Flurbereich auf den erzählenden Pfleger (halbtotal).
0:07:30
Farbaufnahmen: Blick in das Fernsehstudio der Sendung "AK am Mittag" (halbtotal). TV-Einblendungen der "AK" vom 15. Januar 1990, hier der Kommentar: "So hatten sich wohl weder die Veranstalter noch die meisten der Teilnehmer den Ablauf der Demo vor der Schaltzentrale des ehemaligen "MfS" (Ministerium für Staatssicherheit) vorgestellt. Von hier waren in den vergangenen Jahren die Fäden gezogen worden für das was man "Flächendeckende Beobachtung" nannte, Verbitterung die sicher verständlich ist, macht sich in einer Weise Luft die viele erschreckte. Keine Gewalt skandierten die Leute draußen nachdem Scheiben zu Bruch gegengen waren und etliches auf die Straße flog...". TV-Beitrag: Aufgebrachte Bürger vor dem Gebäude in den Abendstunden (halbtotal), Schwenk über die Demonstranten vor dem Haus des "MfS" (halbtotal), Demonstrant mit Schild "Ich liebe Euch doch Alle!!!" (halbtotal), Schwenk über die Demonstranten und verstreuten Dokumente im Hausflur des MfS (halbtotal), Demonstrant sprüht Parole "Stasi-Gestapo-KGB-Securitat Blutsauger" an die Wand im Eingangsbereich des MfS (halbnah), Dokumente fliegen durch das Treppenhaus hinunter (halbnah).
0:08:21
Alexander uns seine Freunde betrachten Fotos von einer Demonstration und kommentieren diese (halbnah) (O-Ton) "...ja, wo es da los ging habe ich angefangen zu fotografieren und der mit der weißen Jacke hat mich raus gezerrt...also das weiß ich heute noch und den würde ich auch jederzeit wieder erkennen...". Alexander zeigt auf eine Person auf dem Foto (nah) (O-Ton) "Der gehört auch zur Stasi, hier ist der Matthias zu sehen, der hat dafür Monate im Knast gesessen...". Freund am Tisch erzählt weiter (halbnah) (O-Ton) "Und denn drei Tage später haben sie mich dann von der Arbeit abgeholt und haben mich dann in die Otto-Nuschke-Straße gefahren und mich dann verhört, ik hatte dann angegeben das ich den Film vernichtet habe, bei der Kripo habe ich det gesagt...weil sie mir gedroht haben wenn die Fotos irgend wo auftauchen bei Freunden oder Bekannten, das sie mich dann da wiedersehen." Alexander (halbnah) (O-Ton) "Na ja, das habe ich auch geglaubt, er hat mir auch glaubhaft versichert das er den Film vernichtet hat...". Fotograf (halbnah) (O-Ton) "Ik hatte einfach Angst, ich wußte nicht zu was die so fähig sind, ich hatte einfach Angst". Schwenk über die Freundesgruppe am Tisch und den Fotos (halbnah).
0:09:50
Alexander geht durch den Flur des Behindertenheimes und weckt die Bewohner (halbtotal) (O-Ton). Pfleger Alexander weckt in einem Zimmer einen Behinderten (halbnah). Behinderte und Alexander im Waschraum bei der Morgentoilette (halbnah). Alexander rasiert die Behinderten (halbnah). Alexander ermahnt zum Frühstück (halbnah) (O-Ton). Schwenk über die nummerierten Zahnputzbecher im Waschraum (nah). Gruppenaufnahme im Hof des Behindertenheimes (halbtotal). Im Off erzählt Alexander von seinen Erlebnissen und Sorgen.
0:11:53
Zoom auf den "Omnibus für direkte Demokratie in Deutschland" auf einem Platz (halbtotal). Wahlinteressierte vor dem Omnibus äußern sich (halbnah) (O-Ton) "Ich meine man sollte ein bißchen auf dem Teppich bleiben wenn man immer sagt "Wiedervereinigung", die Bundesrepublik will die Wiedervereinigung, dann soll sie auch unsere Sozialmaßnahmen übernehmen...keine Kindergärten, keine Betreuer...". Ein interessierter Passant (halbnah) (O-Ton) "...aber wissen Sie was, ich gebe Ihnen insofern Recht, es ist alles viel zu schnell und ihr werdet wirklich überrollt, das gebe ich gerne zu...". Männergruppe vor den Bus diskutiert (halbnah) (O-Ton) "Natürlich versteh ich das, aber ich muß sagen, in dem Moment wo die Bürger..., im Grunde genommen müßte es in ganz Deutschland nur noch runde Tische geben, runde Tische wo die permanente Diskussion ist über die demokratischen Vorgänge, die öffentlich sind, wo alle Leute dran teilnehmen können, zuhören können, zugucken können, und dann wird die Willensbestimmung von unten in die oberen Bereiche hinein gehen...". An einer Kreidetafel vor dem Bus erläutert der Erzähler seine Worte mit symbolischen Darstellungen (halbnah) (O-Ton) "...und alles muß entstehen durch die Willensbildung von unten nach oben". Älterer Bürger vor dem Bus mit Aufschrift "Volksabstimmung" (halbnah) (O-Ton) Ich werd jetzt hier meine Unterschrift machen". Männer vor dem Bus (halbnah) (O-Ton) "Det is nicht für die Älteren gemacht, det ist für die Jüngeren gemacht, für deine Kinder...ihr habt das Leben noch vor euch..". Passant vor dem Bus (halbnah) (O-Ton) "...wir müssen sagen ein vereinigtes Deutschland muß sich auch lohnen, das heißt wir müssen demokratisch einen Schritt voran kommen und es kann nicht so sein das die Bundesrepublik mit ihren Parteien einfach sagt, wir sind die Weltmeister und wir überrollen euch hier, und wir kommen deswegen hier hin um eigentlich zu sagen, wir müssen die Zukunft gemeinsam für die wirkliche Demokratie kämpfen, und wir haben von euch gelernt...". Schwenk vom Redner auf die direkten Nachbarn und Zuhörer (halbnah). Schwenk auf fragende männliche Gesichter (halbnah).
0:13:55
TV-Farbaufnahmen der "AK vom 12. März 1990" von der Sitzung des "Runden Tisches" im Konferenzgebäude des Ministerrates der DDR am Schloss Schönhausen in Berlin-Pankow. Tagungsleiter am Mikrofon (O-Ton) "Wir bitten sie das die Arbeit die hier auch am runden Tisch geleistet wurde weiter Frucht währt, nehmen sie ihr Stück Verantwortung wahr und beteiligen sie sich an der Wahl..." TV-Kommentator: "Gute Wünsche und wohl auch Hoffnungen der drei Männer die maßgeblich zum Gelingen des runden Tisches von seiner ersten bis zu seiner heutigen, letzten Sitzung beigetragen haben. Zuvor war es aber noch einmal gründlich zur Sache gegangen, wichtigstes Thema, die neue Verfassung. Im Auftrag der zuständigen Arbeitsgruppe schlug Minister Gerd Poppe vor über ein neues DDR-Grundgesetz am 17. Juni in einem Volksentscheid zu befinden. Im Bereich der traditionellen Freiheitsrechte gehe es darum mit dem Entwurf alle Versuche auszuschalten einen neuen Überwachungsstaat zu errichten, vielmehr müsse die Verfassung, so Minister Poppe, dem inneren und äußeren Frieden dienen, die Einheit der Nation und die Selbstbestimmung des Volkes wahren, und das unabhängig zu welchen Zielen sich das Volk hinsichtlich der staatlichen Einheit Deutschlands letztendlich bekennen wird". Zum Kommentar werden folgende Ausschnitte gezeigt: Schwenk über den Konferenzraum und die Tagungsteilnehmer (halbtotal), Minister Gerd Poppe am Mikrofon (halbnah), Blick auf einzelne Tagungsteilnehmer (halbnah), Tagungsleiter mit seinen Beisitzern (halbnah), TV-Kamera und Presseleute zwischen den Tischen (halbtotal), Blick auf das Ende der Tagung (halbtotal).
0:15:09
Schwarz-weiß Filmaufnahmen: Ein Mann schaut sich interessiert Gebrauchtwagen auf der Straße an (halbtotal). Männer mit ratlosen und fragenden Blicken zwischen den Gebrauchtwagen aus der Bundesrepublik Deutschland und der DDR (halbtotal). Schild an einer Windschutzscheibe "Verkaufe Ford Taunus Kombi, VB 2.500 DM" (halbnah). Im Off erzählt Alexander: "Ich hab schon mal 1989 gewählt, bin eigentlich noch immer ärgerlich darüber, ich hab da eigentlich nur gewählt weil meine Klassenlehrerin zu mir gesagt hatte, bitte geh doch hin Du ersparst mir einen Haufen Ärger, darum bin ich wählen gegangen, aus keinem anderen Grund...und ich hab mich nicht dabei wohl gefühlt, ja, und diese Wahl, ich meine 1 Jahr später war es dann, mit dem Gefühl hier an etwas beteiligt zu sein und hier eine richtige Stimme zu haben...". Eingeblendet zum Off-Ton werden: Schwenk über einen Wahlraum im Jahre 1990 (halbtotal), Schwenk über die Wahlboxen (halbnah), Pfleger unter den Wartenden im Wahllokal (halbnah), Aushändigung eines Wahlscheines (halbnah), Wählerin wirft ihre Stimme in die Urne (halbnah).
0:16:27
Schwenk über die Männer vor den abgestellten Gebrauchtwagen auf der Straße (halbtotal). Schwenk vom Pfleger Alexander auf die Gäste vor einem Bierlokal (halbtotal) (O-Ton). Blick auf die Gäste vor der Kneipe neben Mülltonnen (halbtotal). Schwenk von einem Flohmarkttisch mit DDR-Fähnchen auf die maroden Häuser im Hintergrund (halbtotal). Schwenk von einem sitzenden Mann im offenen Fenster über die marode Hauswand mit DDR-Flagge des Wohnhauses auf die Gäste der Eckkneipe (halbtotal). Schwenk vom Bier trinkenden Pfleger auf den Flohmarkttisch (halbnah). Rückwärtszoom von der Eckkneipe auf die Straßenkreuzung (total).
0:18:31
Menschengruppe geht über eine Treppe zu einem Innenhof in den Abendstunden (halbtotal). Schild an einer Stahltür "Liebe Besucher! Bewahren Sie trotz der leidvollen Vergangenheit dieses Hauses Ruhe & Gelassenheit. Entfernen oder beschädigen Sie nichts an Beweis! Unterstützen Sie uns angesichts einer besseren & Gewaltfreien Zukunft! Vielen Dank" (halbnah). Schwenk vom Schild zu Plakaten in den Räumen des Innenhofes "Richtig wählen. Das bessere Konzept SPD, ein europäisches Deutschland" und "SED + CDU: Partner seit 1949. Die ehrliche Alternative wählen SPD" (halbnah). Mann an der Schwingtür eines "Info-Cafés" mit Schild "Alternativ - Die Grünen" (halbtotal) (O-Ton) "Die Initiativgruppe Spielhaus glaubt das nur die Linken den Kindern helfen werden, kein anderer".
0:19:33
Schwenk über Bürger in einem Wahllokal während der Stimmenauszählung zur Volkskammerwahl 1990 (halbtotal). Im Off spricht Alexander: "Es ist natürlich bedeutend das dies eine Wahl ist wie wir sie gefordert haben in der Zeit des Umbruchs, als wir auf der Straße waren, wir haben eben nach freien Wahlen gerufen...". Wahlvorstand bei der Stimmauszählung zur Volkskammerwahl 1990 (halbnah). Menschengruppe vor einem Fernseher bei der Bekanntgabe des Wahlergebnisses (halbtotal) (O-Ton) "Die CDU wird mit großem Abstand die stärkste Partei...Lothar de Maizière dürfte der neue Ministerpräsident der DDR werden...". Unter den Zuschauern hört man "buh...pfui...nein"-Rufe (halbnah) (O-Ton). Schwenk über fröhliche und enttäuschte Gesichter bei der Bekanntgabe des Wahlergebnisses (halbnah) (O-Ton). TV-Zuschauer äußern sich zum Wahlergebnis im "Info-Café" (halbnah) (O-Ton) "...dann lieber rote Rüben als Kohl von drüben...". Blick auf den Fernseher mit den eingeblendeten Statistiken zur Wahl (halbnah). Im Off hört man Alexander sprechen: "Also benachteiligt sind eben die, die das Ganze begonnen haben, die, die ersten auf der Straße waren und die dafür noch selbst in den Knast gegangen sind, die sich haben verprügeln lassen...am 7. Oktober war die CDU eben noch ne Linientreue Blockflöte und nichts weiter und hat überhaupt nicht daran gedacht in irgend einer Form vielleicht sich mal gegen den offiziellen Kurs der SED zu stellen, das waren andere...". Blick auf den Fernseher mit einer aktuellen Hochrechnung (halbnah) (O-Ton).
0:20:53
TV-Farbaufnahmen aus der "AK vom 18. März 1990": Reporter umringen Lothar de Maizière und fragen ihn nach seiner Meinung zum Wahlausgang (halbnah) (O-Ton) "... das es doch gelungen ist deutlich zu machen das wir eine erneuerte, auch eigenständige Partei sind, aber natürlich drückt sich in diesem Ergebnis eine wahnsinnig hohe Verantwortung und Erwartungshaltung unserer Menschen aus, aber nicht nur Erwartungen an uns, sondern auch Erwartungen an die Bundesrepublik, und da erwarten wir eine klare Antwort...". TV-Einblendung mit Bundeskanzler Helmut Kohl (halbnah) (O-Ton) "...dies ist das wohl gewichtigste an diesem Wahlergebnis, das sie einen Weg wollen der mit der Bundesrepublik zusammen zum vereinten Deutschland führt. Das Wahlergebnis selbst macht auch deutlich, das die Bürgerrinnen und Bürger in der DDR ganz gewiß eine Verfassungsordnung wünschen die die Freiheitsrechte des Bürgers schützt, die dem freiheitlichen Rechtsstaat verpflichtet ist, die der sozialen Verantwortung und dem sozialen Rechtsstaat verpflichtet ist, die die soziale Marktwirtschaft will und zwar bald...".
00:22:02
Blick in die Wohnung des Pflegers Alexander mit seiner Freundin (halbtotal) (O-Ton) "Tja, wir haben keinen Bock mehr auf Wahlpartys weil es nicht so viel zu feiern gibt bei dieser komischen Wahl". Kamerafahrt in das Zimmer auf den enttäuschten Alexander und seiner Freundin zu (halbnah) (O-Ton) "Ich hab och mit allem gerechnet, aber nicht auf die CDU, das war ein bißchen happig, das war so deutlich das sich so viele für die CDU entscheiden, für die Blockflöten...aber es war offensichtlich die Banane und das Geld was genannt wurde...was vor allem deprimierend ist, das die Bürgerbewegung wie "Bündnis 90" so mies abgeschnitten haben, die es eigentlich bewegt haben...". Schwenk über Alexander und seine engsten Freunde im Raum (halbnah). Umschnitt auf Alexander im Behindertenheim (halbnah). Pfleger Alexander spricht mit seiner Behindertengruppe bei ihren Tätigkeiten (halbnah) (O-Ton). Behinderte bearbeiten Haarklammern (halbnah). Alexander und seine engsten Freunde bei der Herstellung einer Zeitung "Wink-Element" (halbnah) (O-Ton) "Wir hatten Lust eine Zeitung zu machen und da haben wir einfach angefangen...". Freund (halbnah) (O-Ton) "Ne linke, kulturpolitische Zeitung...in den anderen Zeitungen gibt es nur immer Gelabere, wir können uns aber jetzt nicht raushalten was jetzt passiert...unsere Meinung dazu auch öffentlich machen, vielleicht , so gut wir das können, auf das hinweisen was uns dabei Angst und Sorgen macht in der Entwicklung...". Frage aus dem Off: "Was macht euch Angst?" Alexander (halbnah) (O-Ton) "Ja dieser Lauf mit Siebenmeilenstiefeln in die Einheit, der Konsumrausch, das die Leute überhaupt nicht mehr nachdenken...und auch versuchen das lebendig zu halten was im Oktober, November lebendig war in unserem Land". Blick auf die enttäuschten Gesichter der drei Freunde (halbnah).
0:25:35
Blick aus dem Fenster eines fahrenden Personenzuges (halbtotal). Schwenk auf Alexander am Zugfenster (nah) (O-Ton) "Inzwischen tut mir das nicht mehr weh wenn da die DDR auch so symbolisch demontiert wird...die haben sich sicher sehr beeilt die DDR zu beerdigen, das ist schon so ne Sache die etwas befremdlich ist weil es ursprünglich nicht darum ging, aber so rasant wie die Entwicklung aber auch auf der Straße verlaufen ist zwischen November und Dezember, wie das umgeschlagen ist, diese Rufe aufkamen nach Wiedervereinigung, also ich weiß nicht was jetzt besser ist, oder ob es besser gewesen wäre weiter in zwei Staaten zu leben ohne diese Vereinigung, ich weiß nicht...". Blick auf die Fahrgäste im Zug (halbnah). Blick aus dem Zugfenster auf das Reichstagsgebäude in Westberlin (halbtotal). Im Off erzählt Alexander weiter: "..also das erste Mal hier war ich am 10. November abends, und zwar war ich am 10. bei meinen Eltern...weil die Glienicker Brücke geöffnet wird bin dann sofort nach Potsdam und abends um 10 oder so über die Glienicker Brücke gelaufen...das Gefühl kann ich eigentlich...ich weiß das nicht mehr so richtig, war etwas eigenartig, da bin ich angesteckt worden von diesem Jubel der da herrschte, da standen auf der anderen Seite der Brücke noch Westberliner die wir begrüßt haben und so, aber das ist an mich nicht ran gekommen und wir sind dann zum Brandenburger Tor gefahren und haben an der Party, die auch am 10. noch stattfand, so ein bißchen aus der Distanz angeguckt, das war zu weit weg, ich weiß nicht warum...". Fahraufnahmen aus dem Fenster von: Spreebrücke (halbtotal), verlassener DDR-Wachturm am Bahngeleis (halbtotal), Schwenk vom Grenzbereich an den Kanalanlagen auf das Reichstagsgebäude am Horizont (halbtotal). Alexander weiter (O-Ton) "...den ersten Eindruck den ich von Westberlin hatte war, das ist Berlin, speziell auf den Bahnhöfen ist es mir aufgefallen das es da keine Unterschiede gibt, unsere sind vielleicht ein bißchen sauberer, von der Architektur her und von den Leuten, das ist Berlin, und das war für mich nie so krass...". Blick aus dem Zugfenster auf den Turm der Gedächtniskirche (halbtotal).
0:28:22
Alexander besichtigt das Dietrich Bonhoeffer-eine Villa in Westberlin, hier wird sein neuer Arbeitsplatz entstehen (halbtotal). Alexander im Eingangsbereich der Villa (halbnah). Im Off erzählt er: "...das ist eigentlich so, das ich den Kopf jetzt frei habe für Dinge die mich interessieren, für die Dinge die ich machen möchte...es sollte nicht so eine Ausreise durchs Hintertürchen sein...Ich bin seit Anfang Mai hier als Freiwilliger der "Aktion Sühnezeichen" und ich betreue das Haus, das heißt ich zeige Besuchern die Ausstellung und betreue die Gruppen". Alexander im Gartenbereich der Villa (halbnah). Kirchlicher Mitarbeiter der "Aktion Sühnezeichen" (halbnah) (O-Ton) "Jemand aus der DDR, in diesem Prozeß wo es um die Vereinigung geht, ist deshalb wichtig weil wir miteinander bedenken müssen was trägt denn auf die Dauer, was trägt und was kann uns für die Zukunft Hilfen geben für eine gerechte Welt, für eine solidarische Welt, für eine Welt in der Werte gegenüber den anderen gelten, und da denke ich gibt es kaum bessere Ansätze für die Kirche als bei denen anzusetzen die sehr konsequent, mit hoher und intensiver Zivilcourage was gemacht haben".
0:29:40
Signal zur Abfahrt des Regionalzuges ertönt und die Türen schließen sich (halbnah) (O-Ton). Blick auf die Fenster des vorbei fahrenden Zuges (halbnah). Alexander erzählt im Zugabteil weiter (halbnah) (O-Ton) "Ja und dann hat diese Stadt (Berlin) natürlich tausend angenehme Seiten und die erst einmal alle zu entdecken und auszukosten und zu genießen das beansprucht Zeit das ich gar nicht das so reflektieren kann das ich jetzt woanders lebe, ich genieße det jetzt erst einfach. Umschnitt auf einen Markt (halbtotal). Verlagsmitarbeiter breitet Zeitschriften auf einem Tisch aus (halbnah) (O-Ton) "...und det alles für 10 Mark Ost, ein Sonderverkauf vom Axel Springer Verlag anläßlich der Währungsunion, ab Sonntag gibt es alles nur noch in Westmark". Alexander mit seiner Freundin auf dem Flohmarkt (halbnah). Schwenk über die Zeitschriften und den Verkäufer (halbnah) (O-Ton) "...so, wer noch nicht gelesen hat, oder wer eine Illustrierte haben will, einzeln gibt es die leider nicht, also immer 6 Stück für 10 Mark oder 3 Stück für 5 Mark, kann sich jeder aussuchen was er haben will...". Alexander mit seiner Freundin bei einem Bummel über dem Flohmarkt (halbnah). Pfleger Alexander vor einem Stand mit Schild "American Jogging-Anzüge nur 130 Mark Ost" (halbnah). Flohmarkthändler mit ihren Waren (halbnah). Im Off hört man Alexander erzählen: "...ich find es finster, die Menschen die hier aneinander vorbei rennen, sich nicht mehr wahrnehmen, es findet keine Kommunikation mehr statt untereinander, alles fiebert nach der Westmark und es deutlich zu spüren ist...". Schwenk über das Pärchen bei ihrem Bummel über den Flohmarkt (halbtotal). Freundin von Alexander (halbnah) (O-Ton) "Ende der DDR...ja man bekommt eigentlich nur noch Westwaren jetzt, man kann sich natürlich auch ganz schnell daran gewöhnen, aber diesen ganzen Konsum an sich...". Alexander(halbnah) (O-Ton) "...wir sind bei einer Beerdigungsfeier...". Reporter (O-Ton) "Das ist ein knappes halbes Jahr her das sie dich hier verhaftet haben auf der Straße". Freundin Alexanders (halbnah) (O-Ton) "Wir sind auf die Straße gegangen weil wir halt dieses System was war nicht mehr haben wollten, aber wir wollten auch nicht den Kapitalismus, wir haben halt immer noch nach einer Alternative gesucht, die ja nun vorbei ist". Alexander am Cafetisch (halbtotal) (O-Ton) "Ich finde es erschreckend wie sich die Stimmung zwischen den Menschen geändert hat, ja, wenn man das so rückwirkend betrachtet was da eine Kommunikation untereinander stattgefunden hat, so im Oktober und November, und jetzt ist nur noch jeder für sich selbst, jeder rennt durch die Stadt um noch da oder da was zu kriegen, will sein Geld umtauschen, aber Kommunikation findet nicht mehr statt...". Freundin am Cafetisch (halbnah) (O-Ton) "...es ist nur noch Panik, also ich will einfach nicht diese Gesellschaft übernehmen die halt im Westen herrscht, sie zeigt wie zwischen diesen Reichen und diesen Armen so eine große Kluft besteht...". Zoom auf das Gesicht der Freundin (nah).
0:33:53
TV-Farbaufnahmen der Sendung "AK 21. März 1990" mit einem kommentierten Bericht aus Bonn. Zoom auf das Palais Schaumburg, dem Amtssitz des Bundeskanzlers in Bonn (halbtotal). Kommentar: "Im Fluß der Geschichte wird der heutige Tag im Palais Schaumburg wahrlich nicht in Vergessenheit versinken. Am Nachmittag unterzeichneten im Gobelinsaal die Finanzminister Walter Romberg und Theo Waigel den 33seitigen Staatsvertrag, er schreibt in 6 Kapiteln fest wie in der DDR die soziale Marktwirtschaft und die D-Mark eingeführt werden sollen. Die Bonner SPD hatte deutlich gemacht das sie dem Vertrag noch nicht zustimmen kann, die Grünen lehnen ihn aus Gründen der Unterwerfung ab". Zum Kommentar werden gezeigt: Theo Waigel und Walter Romberg bei der Vertragsunterzeichnung (halbtotal), Hand mit Füllfederhalter (nah), Hans-Dietrich Genscher und Sabine Bergmann-Pohl unter den anwesenden Gästen bei der Vertragsunterzeichnung (halbnah), Waigel und Romberg überreichen die Verträge, im Hintergrund spenden Helmut Kohl und Lothar de Maizière Beifall (halbtotal). Lothar de Maizière bei seiner Ansprache (halbnah) (O-Ton) "Hier haben nicht fremde Staaten miteinander verhandelt sondern Landsleute und Freunde die sich nicht länger entfremden lassen wollen. Nicht alle Blütenträume die manche mit dem Staatsvertrag verbunden haben konnten in Erfüllung gehen, aber niemand wird es schlechter gehen als bisher, im Gegenteil. Welches Land in Osteuropa bekommt schon solch eine gute Startposition wie wir mit diesem Vertrag". Blick in den Gobelinsaal mit den Staatsmännern (halbtotal).
0:35:09
Schwarz-weiß Filmmaterial: Zoom auf einen Bananenstand auf dem "Platz der Nation" in Potsdam (halbtotal). Marktbesucher
0:42:04
Blick auf eine steinerne Heiligenfigur in einem Innenhof zwischen maroden Wohnhäusern in Potsdam (halbtotal). Gesicht der Heiligenfigur mit Palmwedel in der Hand (halbnah). Alexander inmitten der alten Backsteinhäuser (halbnah) (O-Ton) "Ein Stück Potsdam, also sehr viel mehr Identifikation als mit Sanssouci oder so. Es gibt so ein paar Details dieser Figur hier, aber davon findet man nicht mehr viel". Alexander am Drahtzaun des Innenhofes hinter der Heiligenfigur (halbtotal). Blick aus einem renovierungsbedürftigen Haus heraus auf den Kirchturm der Propsteikirche St. Peter und Paul (halbtotal). Schwenk über die eingerüsteten Häuser (halbtotal). Alexander betrachtet die alten Häuser aus verschiedenen Perspektiven (halbtotal) (O-Ton) "So wie es jetzt aussieht wird es ein Touristenviertel und so als Szene-Treff ist das vorbei hier, der Dampf ist raus...die Häuser werden teilweise besetzt... ". Handwerker auf einer Leiter befestigt an der alten Hausfassade ein Schild "Dresdner Bank" (halbtotal). Schwenk über das Haus auf der "Friedrich-Ebert-Straße" mit den Schriftzügen "Dresdner Bank" (halbtotal). Blick in eine Nebenstraße und auf die Baumaßnahmen an den Häusern (halbtotal).
0:44:10
Arbeitgeber zählt einen Stapel Geldscheine in einem Lokal und übergibt sie an einen Mitarbeiter am Tisch (halbnah) (O-Ton) "Das war das letzte Mal, man hat es uns aber erst heute gesagt, am letzten Tag vor dem Countdown...und da freut man sich ja besonders, jetzt kommt die D-Mark und auf einmal ist man soundsoviel Mark los". Ein anderer Mann am Tisch (halbnah) (O-Ton) "Bei uns sind ganz schnell die Beziehungen verloren gegangen, es zählt nur noch raffen, raffen, raffen, und wehe du steigst aus der Reihe, da mußt du abgestempelt werden". Blick in das Lokal (halbtotal). Mann am Tisch (halbnah) "Ich habe hier ein Flugblatt, es wurde absichtlich knapp verfaßt, es heißt auf gut deutsch gesagt "Wir heißen die Bürger von Potsdam herzlich willkommen im Diktat des Kapitals", und eh und wer davon träumt das du im Westen Demokratie hast ist ein Träumer und das 1. Problem was auftaucht in Potsdam ist Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot, Spekulanten...". Musiker am Tisch (halbnah) (O-Ton) "Wir haben hier nicht gern gespielt weil hier nur Chaoten verkehrt haben, es waren nur Chaoten, und jetzt, nachdem es etwas teurer geworden ist, jetzt kommt das Publikum, und jetzt könnten wir wieder spielen..., seitdem die Westdeutschen kamen, sagen wir besser die Westberliner, da wurde das Klima hier zunehmend besser, nicht weil sie uns mal ne Mark gegeben haben oder 5 Mark, ne, weil sie auch mal geklatscht haben, weil sie die Musik einfach mal auch anerkannt haben die wir gemacht haben...ich bin auch der Meinung das ab morgen das Publikum immer besser wird, weil ja ab morgen die Westmark gilt und kommen eben normale Menschen her". Alexander mit seiner Freundin im Lokal (halbnah) (O-Ton) "Hier hat keiner geguckt wo man sitzt, wie man sitzt, was man anhat...". Schwenk über das gefüllte Lokal (halbtotal) (O-Ton). Musiker mit elektronischer Orgel, Schlagzeug und Elektrogitarre spielen auf (halbnah) (O-Ton). Schwenk von den Musikern auf die Gäste im Lokal (halbtotal). Bedienung kassiert an den Tischen ab (halbnah). Bedienung verabschiedet sich von den Gästen "Schönen Abend noch" und diese antworten (halbnah) (O-Ton) "Danke gleichfalls, ebenso...komm gut rüber, wa...guten Rutsch".
0:48:30
Kellner räumt einen gedeckten Tisch ab (halbnah) (O-Ton) "Ja glaubst du wirklich das einer so blöd ist und sich hier auf Kredit hier einkauft, oder sonst etwas, das kannst du vergessen, so doof sind die DDR-Bürger nun auch nicht, das kannst du vergessen...wenn ich das schon lese hier den ganzen Scheiß, da kommt der Mietwucher von ganz alleine, da kannst du nichts gegen machen, denn denkst du dir weist nachher jemand eine Wohnung zu, die kannst du nachher selber suchen die Scheiße, dann ist gut...das Geld hast du eben nicht, dann läßt du es eben sein, oder schläfst unter der Brücke mit deinen Kindern...". Bedienung zählt Kleingeld in einem Lokal und wirft es in eine Tasse (halbnah) (O-Ton). Frauenhände zählen Geldscheine der Ostmark (nah) (O-Ton) "Pfennige, Fünfer, Groschen, Zwanziger und Kleingeld 1:1...bis zu 50 Pfennig...". Frau packt die Geldscheine in eine Papiertüte (halbnah). Lokalbesitzerin hinter der Theke spricht zu ihren Mitarbeiterinnen (halbnah) (O-Ton) "So, wir trinken alle auf unser Wohl und das wir weiterhin uns auch mit dem anderen Geld wirklich gut verstehen und das wir weiterhin so gute Kassen haben, vor allen Dingen, zum Wohl".
0:50:16
TV-Farbbeitrag mit Kommentierung "Mit der AK in die D-MARK": Sylvia Acksteiner moderiert die Sendung des "DFF" (O-Ton) "1. Juli 1990, seit 9 Stunden ist der Staatsvertrag zwischen der DDR und der BRD in Kraft, die D-Mark ist damit nun unser aller amtliches Zahlungsmittel. Der Countdown für die Währungsunion lief bereits heute Nacht um 0:00 Uhr ab und was danach folgte das sah so aus". TV-Bericht aus Berlin: Schwenk über anstehende DDR-Bürger in der Nacht vor einer Filiale der Deutschen Bank (halbtotal). Kommentar: "Rund 10.000 Menschen waren der Extra-Werbetour der Deutschen Bank gefolgt, die heute Nacht Punkt 0:00 Uhr ihre Hauptfiliale in Berlin eröffnete. Was als große Werbeaktion gedacht war entpuppte sich bald zum Skandal, nach 8 Stunden anstehen war Kraftfahrer Hans-Joachim Korwalli, der Erste". Filialleiter Rüdiger Wrede (halbnah) (O-Ton) "Ich freue mich Ihnen als dem 1. Kunden in der Filiale Berlin diesen Präsentkorb überreichen zu dürfen, wünsche Ihnen alles Gute, kommen Sie recht häufig zu uns". Wrede und Korwalli drehen sich zu den Fotografen (halbnah). Kommentierung: "Bereits 1 Stunde nach Öffnung der Geschäftsstelle trugen Sanitäter erste Bewußtlose in das Gebäude, mehrere Eingequetschte erlitten hysterische Anfälle. Die Polizei, Anfangs mit 4 Mann vor der Tür, konnte die euphorischen, teils betrunkenen Massen nicht beruhigen und wurde kaum Herr der Lage, währenddessen begann im 1. Stock die Auszahlung von bis zu 2.000 D-Mark pro Person". Eingeblendet zur Kommentierung werden: Schwenk über ein Schild "Deutsche Bank - 1. Juli 1990 - Auszahlung ab 0:00 Uhr" (nah), Schlangen von Menschen drängen in das Gebäude (halbtotal), Blick (von oben) auf Tausende Menschen im Halbdunkel (halbtotal), Bankangestellter blättert D-Mark-Scheine auf den Ausgabetisch (halbnah).
0:51:35
Schwarz-weiß Filmaufnahmen: Titelseite der "BZ" vom 2. Juli 1990 "Das ist ein dickes Ding" (nah). Schwenk von der Titelseite auf das Gesicht des Lesenden (nah). Schwenk über die Gesichter der anstehenden Bürger vor den Banken bei Tageslicht (nah). Blick auf die Menschenschlange an einer Hauptstraße (halbtotal). Alexander in der Regionalbahn (halbnah) (O-Ton) "Das ist die eine Sache...alles was ich mit dem Ruf "Wir sind das Volk" verbindet, dieser Stolz der darin steckte und davon ist eben leider nichts mehr zu spüren, es ist völlig weg. Und die Leute bücken sich jetzt nicht mehr vor der Stasi sondern bücken sich vor dem Geld. Dieser ganze Stolz ist verschwunden, ich fühle mich jetzt wieder genauso betrogen und belogen wie vorher, und ich sehe das keine Öffentlichkeit stattfindet und die Leute die in der Volkskammer sitzen scheinen mir alle nur damit beschäftigt zu sein sich in der gesamtdeutschen Politik irgendwie einen Platz zu sichern und keine Politik machen für die Leute die sie gewählt haben...". Blick aus dem Fenster und auf die Geleise während der Fahrt (halbtotal). Alexanderweiter "...der Zug fährt wie er fährt, den kann man nicht mehr aufhalten und es nicht das was ich mir gewünscht habe, ich weiß im Moment nicht damit umzugehen, das geht einfach viel zu schnell...".
0:54:09
TV-Farbbeitrag "AK 23. August 1990" mit Kommentierung: Sabine Bergmann-Pohl gibt in der Volkskammer das Ergebnis bekannt (halbnah) (O-Ton) "Die Volkskammer erklärt den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes mit der Wirkung vom 3. Oktober von 1990, es liegt Ihnen in der Drucksache Nr. 201 vor. Abgegeben wurden 363 Stimmen, davon ist keine ungültige Stimme abgegeben worden, mit Ja haben 294 Abgeordnete gestimmt...". Jubel in den Reihen der Volkskammerabgeordneten, sie erheben sich mit Applaus "halbtotal). Lothar de Maizière erhebt sich und nimmt den Applaus lächelnd entgegen (halbnah). Blick (von oben in den Saal der Volkskammer (halbtotal). Sabine Bergmann-Pohl weiter im O-Ton "...mit Nein haben 62 Abgeordnete gestimmt und 7 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten".
0:55:13
Schwarz-weiß Aufnahmen: DDR-Militärbekleidung wird auf einem Flohmarkt angeboten (halbnah). Schwenk von der Militärbekleidung auf die interessierten Passanten vor der Mauer (halbtotal). Passanten an der Mauer probieren an den Flohmarktständen DDR-Militärmützen an und posieren vor der Kamera (halbnah). Alexander an der Mauer schaut dem Treiben enttäuscht zu (halbnah). Schwenk auf die Flohmarkttouristen (halbtotal). Alexander beobachtet die Flohmarktbesucher (halbnah). Blick auf eine posierende Touristengruppe vor der Mauer (halbtotal). Stand mit "FDJ"-Banner gerahmten Honecker-Porträt (halbnah). Passant setzt Schirmmütze der NVA auf und winkt in die Kamera (halbnah). Reisebus "Holiday-Reisen" voller Touristen neben dem Flohmarkt an der Mauer (halbtotal). Schwenk über die parkenden Doppeldecker-Busse (halbtotal). Alexander vor den Bussen (halbnah) (O-Ton) "Das kalte Kotzen wenn ik dat hier sehe, ich fühl mich sauunwohl, wenn ik das sehe das Kohl- und Hitlerbriefmarken verkauft werden, dann stimmt hier irgend wat nicht, das sie Geschäfte machen mit dem "DDR-Abfall", mir ist körperlich schlecht wenn ik dat sehe...". Alexander geht frustriert an den Flohmarktständen vor der Mauer vorbei (halbtotal).
0:57:56
Behinderte vor ihrem Heim sind erfreut von der Ankunft ihres alten Pflegers Alexander (halbtotal) (O-Ton) "Die sind ja schon da...". Alexander begrüßt seine früheren Schützlinge (halbnah) (O-Ton). Schwenk über die erfreuten und aufgeregten Gesichter der Behinderten (halbnah) (O-Ton). Behinderter erinnert sich an den Namen des Pflegers (halbnah) (O-Ton) "Schulz heißt Du, so is et". Alexander (O-Ton) "Ich freu mich jedes Mal wenn ich da bin, das war ne Sache auf die ich mich also eigentlich ganz eingelassen hatte, die ich eigentlich länger machen wollte, bis dieses Angebot in Berlin dazwischen kam...". Schwenk über die aufgeregten Behinderten um ihren ehemaligen Pfleger Alexander (halbtotal). Frage aus dem Off: "Kommt da manchmal wie ein schlechtes Gewissen hoch"? Alexander (O-Ton) "Stück schlechtes Gewissen ist dabei, ja, weil ich ja jetzt auch sehe wie es läuft, oder wie es nicht läuft, es ist wirklich so, wer geht der fehlt...".
0:59:28
TV-Farbbeitrag "AK 31. August 1990" mit Kommentar: "Ein dichter Journalistenpulk erwartet dann die Politprominenz aus Ost und West vor dem ausladenden Schreibtisch wo der Verhandlungstext unterzeichnet werden soll. Neben den Chefunterhändlern Staatssekretär Günther Krause und Bundesinnenminister Schäuble ist auch Ministerpräsident Lothar de Maizière gekommen, er würdigte den Einigungsvertrag als einen großen Erfolg für das geeinte Deutschland, der, weil von den Regierungen und Parteien gemeinsam erstritten, auch ein Erfolg für die Demokratie sei". Lothar de Maizière (halbnah) (O-Ton) "Auch nach dem Einigungsvertrag werden sich nicht sofort alle Blütenträume verwirklichen, aber wir sind auf dem richtigen Weg, die Zukunftsperspektiven sind realistisch und so günstig wie es noch nie seit Ende des Krieges war". Wolfgang Schäuble (halbnah) (O-Ton) "Aber das Besondere an diesen Verhandlungen war auch die gleiche Zielsetzung beider Seiten, niemand wollte den anderen über den Tisch ziehen, jeder wußte noch sitzen wir hier als DDR und hier als Bundesrepublik, aber morgen sind wir das gemeinsame und geeinte Deutschland".
1:00:28
Schwarz-weiß Filmmaterial: Werbetisch mit Beschriftung "Aktion Sühnezeichen-Friedensdienste" im Stadtinnern mit Alexander dahinter (halbnah). Blick auf das Gelände mit verschiedenen Informationstischen anläßlich des "Friedenstages des DGB" in Berlin (halbtotal) (O-Ton). Im Off hört man eine Lautsprecherdurchsage: "…liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße sie...wachsende Sorgen...es war zu hören das ein Verdrängungsprozeß...der zum nationalen Chauvinismus, zu Fremdenhaß und zu neuem Nationalismus führt. Der Antikriegswall und der Friedenstag des DGB sind in diesem Jahr, hier am Ort der Täter, bietet meines Erachtens besonderen Anlaß mit den Belangen der Vergangenheit und die Zukunft Deutschlands, und speziell auch unserer Stadt in einem künftigem Europa zu machen. Erinnern führt uns zusammen...nur eine gemeinsame, offene und tabulose Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit...". Zum O-Ton werden eingeblendet: Interessierte am Stand "Aktion Sühnezeichen" (halbtotal), Schild "Aktiver Widerstand, gegen Großdeutschland- und Europapläne des BRD-Kapitals" (halbtotal), Plakat "Bismarck, Preussen, Deutschland und Europa" (halbtotal), Schwenk über den Veranstaltungsplatz (halbtotal).
1:01:37
Schwenk über die Daten auf den Abflug- und Ankunftsdaten auf dem Flughafen Berlin (halbnah). Im Off hört man Alexander erzählen "Zu dieser Arbeit im Dietrich Bonhoeffer-Haus gehört dazu die Mitarbeit in der evangelischen Studentengemeinde und es gibt über die Studentengemeinde einen Austausch mit den Vereinigten Staaten, richtig greifbar wurde es dann mit diesem Begriff Reisefreiheit, das man sich einfach in ein Flugzeug setzten kann und dahin fliegen kann und dann noch praktisch ans andere Ende der Welt, das ist schon aufregend. Aber mir fällt es schwer dass ich jetzt dorthin fliegen werde in Zusammenhang zu bringen mit dem Begriff Freiheit. Also ich möchte Freiheit nicht teilnehmen, ich möchte Reisefreiheit und Meinungsfreiheit und sonstiger Freiheit reden, Freiheit ist für mich ein umfassender Begriff der sich nicht so einfach teilen läßt". Eingeblendet zum Off-Ton werden: Reisende vor dem Check-in-Schalter auf dem Flughafen (halbnah), Pfleger mit seinem Flugticket in der Hand (nah). Alexander winkt nach dem Durchgang bei der Paßkontrolle (halbtotal), Schwenk über die startende "Pan Am"-Maschine (halbtotal).
1:02:39
Pfarrer des Ortes Brielow im Garten des Pfarrgrundstückes gibt dem Reporter seine Meinung zum Pfleger Alexander wieder (halbnah) (O-Ton) "Ja, also ich würde ihm natürlich wünschen das er etwas von dem bewahren kann und mit rüber nehmen kann in das reifere Mannesalter von dem was ihn jetzt bewegt. Also ich denke das wir die Jugendlichen schlecht beraten wenn wir ihnen ihren Jugendidealismus zu früh nehmen und zu früh ausreden...(Blick auf den Katzen unter dem Gartentisch (halbnah)...und das ihm ein bißchen was von der Bewegtheit und Betroffenheit bleibt die in ihm rumtreibt, das würde ich ihm sehr wünschen, und wieso entwickeln einige Menschen so eine Gewissensbindung und viele andere nicht, oder wieso wird für einige die Frage nach dem was man verantworten kann, was wahrhaftig ist deutlich und für andere nicht. Das hat ja oft so wenig zu tun mit Bildung, auch mit Glaube, auch mit Bewußtsein oder so was, wie viele bewußte Menschen, wie viele Christen haben versagt als ihre Gewissensentscheidung gefordert war. Also ich kann das auch erst einmal nur mit Dankbarkeit und Freude sehen wenn sie das so sehen und ich sehe das auch ein bißchen bei Alexander so, es hat vielleicht auch ein bißchen damit zu tun das in einem Pfarrhaus, das ist ein großer Vorzug eines Pfarrhauses, und das genieße ich auch immer, das da eigentlich immer viel Leben ist, viele Menschen ein- und aus gehen, viel geistiger Kontakt herrscht, und das er dort ein paar Menschen begegnet ist denen er etwas glauben kann. Ich denke das ist so eine unerhörte Erfahrung im Leben wenn uns, gerade im Kindes- und Jugendalter, authentische Menschen begegnen, Menschen denen man glauben kann was sie glauben...(Alexander auf der Terrasse des Hauses (halbtotal)...das ist doch der vielleicht größte Irrtum und Trugschluß dem wir erliegen, wir könnten irgendwann ein Verhalten, eine Lebensart entwickeln in der wir nicht schuldig werden, in der wir nicht in Konflikte geraten, also wer der Wahrheit verpflichtet ist muß sich auch irgendwo Schwierigkeiten bis Feinde machen, das ist doch unvermeidbar eigentlich, da muß man durch"
1:05:00
Freundin von Alexander mit einer Rose in der Hand in der Ankunftshalle des Berliner Flughafens Tegel (halbnah). Alexander trifft ein und die beiden umarmen und küssen sich (halbnah) (O-Ton). Alexander schiebt einen Gepäckwagen auf der seine Freundin sitzt (halbtotal) sie ruft (O-Ton) "Sie müssen aber auch alles filmen...tschüssi, machs gut". Schwenk über den Pfarrgarten mit Blick auf den Kirchturm von Brielow im Landkreis Potsdam-Mittelmark (halbtotal). Schwenk auf eine essende Gruppe mit Alexander, seiner Freundin und Pfarrer mit Gattin (halbnah) (O-Ton). Gesichter der Personen am Tisch (nah). Totalaufnahme des Gartens mit Personen und Kirchturm. Umschnitt: Pfarrer auf der Kanzel bei seiner Predigt (halbnah) (O-Ton) "Es ist beinah so als hätte dieses Jahr unsere Gefühle aufgebraucht, der Zorn ist verbraucht, und die Freude und auch die Dankbarkeit, aber siehe, Erntedank 1990 fällt nicht aus...". Blick von der Kanzel auf die Gläubigen in der Kirche (halbtotal). Pfarrer weiter (O-Ton) "...aber eben nicht ohne die Klage darüber das die Ernte in dieser Welt aufgeteilt wird, nicht wie man die Früchte aufteilt die Gott wachsen läßt...(Schwenk auf die Erntegaben auf dem Altartisch (halbnah)...nicht wie man die Früchte gemeinsamer Arbeit schwesterlich und brüderlich teilt, sondern die Ernte in dieser Welt wird aufgeteilt wie eine Beute...(Blick auf die Gläubigen auf den Kirchbänken (halbnah)...und das kann unserem Erntedanktag nicht in Ruhe lassen, da sitzen immer welche zuerst am Tisch...(Schwenk zum Pfarrer auf der Kanzel (halbtotal)...und andere kommen immer zu spät, und das sei eine Konstante des Menschlichen, daran könne man eigentlich überhaupt nichts ändern. Wenn ich sie so reden höre dann spüre ich mit Beklemmung, was passiert denn da jetzt mit mir, wieso habe ich denn noch kaum Widerstand gegen diese Reden, die wollen mir meine Empörung kaputt machen, ich soll mich endlich gewöhnen an das ungewöhnlich Schreckliche und ich soll endlich mein Gebet vergessen...(Schwenk auf die zuhörenden Gläubigen (halbtotal)...das ja heißt: unser tägliches Brot gib uns heute. Wie ist das denn möglich das dort der Überfluß protzig präsentiert wird...(Schwenk auf die Erntegaben (halbnah)...während es sich hier, und auch hier in Brielow, für Bauern und Gärtner kaum noch lohnt die Ernte einzubringen weil unterpflügen billiger ist...(Schwenk von den Gaben auf die Gläubigen (halbtotal)...das können dankbare Menschen nicht Achselzuckend hinnehmen, da sind sie heraus gefordert Dankbarkeit als Denkarbeit vor Gott zu bringen...(Pfarrer auf der Kanzel (halbnah)...und wie kann das denn sein das jetzt kostbarer Ackerboden mit hohen Bodenwertzahlen in Golfplätze verwandelt wird, da geschieht etwas nicht nur mit dem Land, nicht nur mit dem Boden...(Schwenk vom Pfarrer auf die Gläubigen (halbtotal)...den Gott gegeben hat damit etwas darauf wächst, da geschieht auch etwas mit uns. Laßt uns Dankbarkeit auch als Denkarbeit...(Blick auf Alexander (nah)...vor Gott bringen".
1:09:53
Zoom auf Alexander am Fenster des Regionalzuges (halbnah) (O-Ton) "…ich hoffe das es einen Teil Leute gibt die das bemerken werden, das das System in das wir jetzt rennen nicht besser ist als das was wir vorher hatten, es ist nur geschickter mit demokratischem Anschein, aber ich halte es für kein Stück besser, ich hoffe das da noch was passiert in der Richtung". Reporter fragt im Off: "Würdest Du noch einmal auf die Straße gehen mit der Losung "Wir sind das Volk"? Alexander (halbnah) (O-Ton) "Eh, also jetzt, heute nicht, ich kann mir das vorstellen das es wieder kommt, ich hoffe das es wieder kommt, dann werde ich wieder dabei sein". Zoom auf das Gesicht von Alexander (nah).
1:11:06
Diskjockey auf seiner Bühne mit Schriftzeichen "08/17" legt Musik auf (halbtotal) (O-Ton). Männer vor dem Saal informieren sich (halbtotal). Schwenk über die Gäste in einem Lokal (halbtotal) (O-Ton). Gäste an den Tischen mit aufgelegter DDR-Flagge (halbnah). Alexander mit Freundin unter den Gästen in einem Lokal (halbnah). Im Off hört man ihn erzählen: "Ja, also das mußt du wirklich nicht sehen das ich jetzt in diesem allgemeinen Jubel auf der Brücke mitmache und feiere, mir ist das hier viel angenehmer, und hier laufen wieder ein paar DDR-Songs, die "Puhdys" und "Nina Hagen" die Songs aus der DDR-Zeit". Schwenk über Alexander und Freundin an der Theke (halbnah). Diskjockey (halbnah) (O-Ton) "Es sei an dieser Stelle noch einmal bemerkt...junger Potsdamer, bitte sich einfach nicht beleidigen, aus welchen Gründen auch immer an dem Jubel-Trubel-Feierlichkeiten die man hier in diesem Gefilden in diesen Zeiten rund um Berlin einfach zu dolle feiert...". Alexander und seine Freunde in Gespräche verwickelt (halbnah). Schwenk von den Lokalgästen auf die blinkenden Scheinwerfer (halbnah). Alexander im Off weiter: "Also ich kann die Gefühle die das bei mir auslöst für diesen Tag nicht so richtig beschreiben, aber Freude und Jubel löste das bei mir sicher nicht aus, deshalb habe ich überhaupt kein Bedürfnis auf der Brücke zu sein".
1:12:37
Feiernde und singende Bürger mit Deutschlandfahnen auf der Glienicker Brücke (halbtotal) (O-Ton). Schwenk über die feiernden Menschen auf der Brücke in den Abendstunden (halbtotal) (O-Ton). Deutschlandfahnen werden geschwenkt und gehißt (halbnah). Tanzende Jugendliche grölen (halbnah) (O-Ton) "Skandal im Sperrbezirk...". Bürger zählen rückwärts (halbnah) (O-Ton) "drei, zwei, eins". Frau hißt um Mitternacht des 3. Oktobers 1990 die deutsche Flagge (halbnah). Raketen steigen auf und Böller krachen (halbnah) (O-Ton). Schwenk über die Brandenburger Fahne und die deutsche Flagge (halbtotal) (O-Ton) Bürger singen im Hintergrund die Nationalhymne "Einigkeit und Recht und Freiheit...". Schwenk über die singenden Menschen mit Sektflaschen in der Hand (halbnah) (O-Ton). Mann ruft in die Kamera (halbnah) (O-Ton) "Hallo Deutschland, alles Gute". Mann mit jeweils 4 Bierbechern in der Hand (halbnah) (O-Ton) "Deutschland West und Deutschland Ost...soviel Durst haben wir, ja". Tuborg-Bier wird in große Glaskrüge geschüttet (nah).
1:15:11
TV-Farbbeitrag "AK 3. Oktober" von der Feier vor dem Reichstag in Berlin mit Kommentierung: "Die Größe des Augenblicks ist allgegenwärtig in der langen deutschen schwarz-rot-goldenen Nacht. Einstimmung auf die Einheit". Deutschlandfahne wird vor dem Reichstagsgebäude gehißt (halbtotal). Freiheitsglocke läutet (halbnah). Kommentar: "Würde, Frohsinn und tiefe Nachdenklichkeit in der Hauptstadt und sicherlich in ganz Deutschland". Totalaufnahme des Geschehens vor dem Reichstag. Feuerwerksraketen steigen in den Himmel (halbtotal). Kommentar: "Was denkt in diesem Moment die Welt über die...60 Millionen, nach 40 Jahren in staatlicher Versenkung um sich zugleich in einem 79 Millionen-Deutschland zu erheben". Richard von Weizsäcker, Helmut und Hannelore Kohl und Hans-Dietrich Genscher am Mikrofon (halbnah) (O-Ton). Unter den Klängen der Nationalhymne wird die deutsche Flagge gehißt (halbtotal) (O-Ton). Schwenk über die Menschen und das Reichstagsgebäude im Scheinwerferlicht (halbtotal) (O-Ton). Rückwärtszoom von den singenden Politikern u. a. Oskar Lafontaine, Willy Brandt und Lothar de Maizière (halbnah). Totalaufnahme des Feuerwerks. Blick auf das hell erleuchtete Brandenburger Tor mit tausenden von Bürgern (halbtotal). Blick (von oben) auf das Geschehen vor dem Reichstag (total).
1:16:48
Schwarz-weiß Filmaufnahmen: Straßenfeger versuchen in der Nacht dem Müll auf den Straßen vor dem Reichstag Herr zu werden (halbtotal) (O-Ton). Reinigungswagen saugen und bürsten die Flaschen und Dosen aus den Rinnsteinen (halbnah) (O-Ton). Fußgänger und Autofahrer entfernen sich von den Feierorten (halbtotal). Umschnitt. Flaggen von Brandenburg und der BRD vor einem öffentlichen Gebäude in Potsdam am 4. Oktober 1990 (halbtotal). Flagge der BRD wird eingeholt (halbtotal). Musiker proben vor dem Brandenburger Wappen (halbtotal) (O-Ton). Schwenk über den Festsaal (halbtotal). Küchenhelfer stellt Platten mit Delikatessen auf die Buffettische (halbtotal). Versuch eine neue Deutschlandflagge zu hissen wird abgebrochen (halbtotal). Musiker warten auf ihren Einsatz (halbtotal). Rückwärtszoom von einer Aktentasche auf einem Stuhl im Festsaal (halbnah). Erneuter Versuch die neue Deutschlandflagge zu hissen (halbtotal). Mitarbeiter der Stadt zupfen die Flagge zurecht (halbnah) (O-Ton) "Jetzt ist sie gut, so Männer, das wärs".
1:20:32
Schwenk über den Luisenplatz auf das Potsdamer Brandenburger Tor (halbtotal). Umschnitt mit einem Rückblick von einer Demonstration auf dem "Platz der Nation" (heute Luisenplatz) des 4. November 1989 (halbtotal). Schwenk (von oben) über die Demonstranten auf dem Platz (halbtotal) (O-Ton) "Wir, das Volk der DDR haben nun das verfassungsmäßige Recht auf Demonstration unter schwierigen Bedingungen, Anfeindungen und Kriminalisierung erkämpft". Umschnitt (Blick von unten) auf den Redner auf dem Balkon mit Schild "Wir fordern: Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit und Recht auf Vereinigung" (halbtotal) (O-Ton) "Demonstrieren heißt einen Weg bestreiten, wir wollen ihn, hier in der DDR gehen, nicht in der Bundesrepublik". Schwenk vom Redner des Neuen Forums, dem Physiker Reinhard Meinel auf einen anderen Balkon mit Transparent "Wir fordern ein neues Wahlgesetz und demokratische Wahlen" (halbtotal). Beifall auf dem Platz (O-Ton). Schwenk zurück auf den Redner (halbtotal) (O-Ton) "Das Mißtrauen gegenüber unserer Führung teile ich, doch die grundlegende Änderung in diesem Land ist nicht der Wechsel von Honecker zu Krenz, sondern das sind wir, unsere Veränderung, unser Mut, vertrauen wir auf unsere Kraft". Zoom auf den Redner (halbnah) Beifall auf dem Platz (O-Ton). Alexander unter den applaudierenden Demonstranten auf dem Luisenplatz (halbnah) (O-Ton). Blick (von oben mit Schwenk) über die Menschenmassen und ihren Transparenten (halbtotal). Wollmütze mit Bundesadler und Schriftzug "Deutschland" (nah). Zwei junge Frauen mit Wollmützen am Luisenplatz und Zeitungen mit Schlagzeile "Grenze offen" (halbnah). Ende des Rückblickes.
1:22:26
Alexander in seiner Wohnung (halbnah) (O-Ton) "Worüber ich Wehmut empfinde ist das dieses Gefühl was im Oktober und November auf den Straßen zu spüren war, diese Solidarität zwischen den Leuten, zu sehen ich bin nicht allein, da gibts ein Haufen Leute die so denken wie ich, das gleiche wollen wie ich, dass das weg ist und sich heraus gestellt hat, dieses Gefühl war nur ein Illusion, darüber empfinde ich Wehmut, weil ich da meine Hoffnung hatte. So wie sich später rausgestellt hat, das war wie gesagt, das war nur eine Illusion, diese Hoffnung, dieses Gefühl. Und ich sehe heute was dieselben Leute jetzt wollen und das macht mir nur Angst, und ich will nicht mehr in diesem Land". Umschnitt auf Alexander wie er immer kleiner werdend zwischen den Mauerbereichen geht (halbtotal). Im Off werden seine Worte unterlegt "Vor einem Jahr waren es auch Fluchtgedanken wie andere, da ging es um ne Flucht von Ost nach West und jetzt sehe ich, das hätte das Problem gar nicht gelöst". Schrifteinblendungen: Ein DEFA-Dokumentarfilm. Regie Kurt Tetzlaff. Produktion: Achim Sigmund. Kamera: Andreas Bergmann; Hans Borrmann; Ingo Bahr; Claus Mühle; Karl Farber; Jürgen Partzsch. Ton: Lutz Laschet; Hartmut Haase; Rainer Pape; Dietmar Falkenthal. Regie-Assistenz: Uwe Mann. Schnitt-Assistenz: Renate Zakrzewski. Schnitt: Monika Schäfer. Buch: Kurt Tetzlaff; Eckhard Mieder. 1991
1:24:33 ENDE