Unterzeichnung Einigungsvertrag
40:58 Min.
Deutschland
Cintec Film- und Fernsehproduktionsgesellschaft mbH, 1990
- Film-/Videoformat
- Betacam SP
Kurzinhalt (Deutsch)
Dieses Material beinhaltet das Thema "Unterzeichnung Einigungsvertrag". Im ersten Teil gibt Günther Krause Statements zur Vertagung von Fragen und zur Einigung mit dem Umgang der Stasi-Akten. Anschließend äußert sich Lothar de Maizière zu dieser Thematik. Im zweiten Teil sind Aufnahmen von der Vertragsunterzeichnung zu sehen. Lothar de Maizière sowie Wolfgang Schäuble halten eine Ansprache zum Einigungsvertrag. Die zweite Kassette beinhaltet die Fortsetzung von Schäubles Rede. Im Anschluss sind Aufnahmen von der Vertragsunterzeichnung sowie Statements von Günther Krause, Lothar de Maizière, Wolfgang Schäuble und Florian Engels zu sehen. Der letzte Teil zeigt Großaufnahmen von den Unterschriften auf dem Vertrag sowie Bilder von der Straße "Unter den Linden".
Filmstab
- Kamera
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- Kühne
- Redaktion
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- Engelkes
- Person, primär
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- Lothar de Maizière
- Florian Engels
- Walter Momper
- Wolfgang Schäuble
- Günther Krause
- Peter-Michael Diestel
- Person, sekundär
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- Helmut Kohl
Langinhalt
C1/1355:
Konferenzraum, innen: Papierstapel, Ledermappe und Kaffeetasse GA; Aufzieher auf Konferenzraum; Teilnehmer im Gespräch; Teilnehmer bedienen sich an Getränken; Zoom auf Schriftstück GA; Kamerateams/Presse seitlich; Teilnehmer betreten Konferenzraum; Diestel und ?? im Gespräch; Diestel begrüßt Teilnehmer; Journalist und Günther Krause gehen heran; Günther Krause OT zur Frage, ob Fragen vertagt worden seien: "Nein, es sind keine Fragen vertagt worden, wir haben uns sowohl in den Problemen 218 als auch dem neuen Problem, welches der Behandlung der Stasi-Akten (Staatssicherheitsakten) auch durch den Volkskammerbeschluss aufgekommen ist, in einer vernünftigen ordentlichen Form einigen können und ebenso wie der Staatsvertrag zur Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion die Basis bietet, um mit diesem Vertrag etwas zu realisieren in der Zukunft, werden wir den Einigungsvertrag als Fundament benutzen, um dann konkret diesen Einigungsvertrag auszuführen. Und ich bin mit dem Ergebnis zufrieden und bin froh, dass wir ihn heute morgen gegen 03:00 Uhr paraphieren können.";
Günther Krause OT zur Einigung mit den Stasi-Akten (Staatssicherheitsakten): "Es hat mehrere entscheidende Voten. Erstens, dass die Akten auf dem beitretenden Gebiet verbleiben. Zweitens, dass der Einfluss ehemaliger DDR-Bürger (Deutsche Demokratische Republik) beim Beaufsichtigen der Akten entsprechend berücksichtigt werden und drittens, dass man von der Verfahrensweise her auch die Empfehlung des Gesetzes entsprechend berücksichtigen wird.";
Günther Krause OT zur Frage, ob es schwer war die Bundesregierung umzustimmen: "Es war alles schwierig, aber wir haben es erreicht.";
Mann geht ab; anonyme Hand durchblättert Papiere (Mann von hinten angeschnitten); Schwenk auf Papierberg, der abgelegt wird; anonyme Hände sortieren Papiere; Lothar de Maizière im Gespräch mit Journalisten;
Maizière OT zur Frage, ob es schwierig gewesen sei die Bundesregierung beim Thema Stasi-Akten (Staatssicherheitsakten) umzustimmen: "Es gab verschiedene schwierige Themen und das war eins davon und ich glaube, es ist eine gute und vernünftige Lösung gefunden worden."; Lothar de Maizière OT zur Frage, ob er das Wort ´historisch` für diesen Tag angemessen findet: "Mit dem Wort ´historisch` und Tagen haben wir ja so eine gewissen Inflation in letzter Zeit gehabt, aber ich glaube schon, dass dies ein historisches Vertragswerk ist und wenn das so ist und alle das so beurteilen werden in meinem Kabinett, dann werden wir den Tag auch so empfinden und so nennen.";
Lothar de Maizière OT zur Frage, ob er mit einer Mehrheit in der Volkskammer rechne: "Ja, ja damit rechne ich. Dankeschön!";
Lothar de Maizière geht ab; Lothar de Maizière begrüßt Kollegen, schüttelt einigen die Hand; Konferenzsaal T; Presse von vorne; wartende Journalisten; Politiker gehen Gang zur Tür entlang; Zoom auf Tür; Mann mit blauer Box mit Bundesadler geht heran; Mann stellt blaue Box ab; Tisch T; Box GA; geöffnete Box mit Vertrag und Siegel obenauf; Lothar de Maizière, Krause? und Wolfgang Schäuble bahnen sich den Weg durch Presse; Rede Lothar de Maizière;
Lothar de Maizière OT: "Wir erfüllen heute eine wichtige Voraussetzung auf dem Weg zur deutschen Einheit. Der Einigungsvertrag, der in wenigen Augenblicken unterschrieben wird, ist gründlich ausgehandelt in konstruktivem Geist gestaltetes Werk, das den Beitritt und die damit zusammenhängenden Fragen in ausgewogener Balance hält. Dieser Vertrag ist sicher eines der bedeutendsten Vertragswerke in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Er schafft Sicherheit und Klarheit über die vielen Fragen, die sich beim Vollzug der Einheit stellen. Im Vertrag ist geregelt, was wir für wichtig und richtig hielten. Gestatten sie mir sieben Punkte zu erwähnen, die ich besonders hervorheben möchte. Erstens, der Vertrag schafft Klarheit über die Eigentumsfragen. Für die Menschen in der DDR (Deutsche Demokratische Republik) und für den inneren Frieden im vereinten Deutschland, ist die Festschreibung der Ergebnisse der Bodenreform von 1945 bis 1949 von zentraler Bedeutung. Der Einigungsvertrag schafft einen angemessenen Ausgleich zwischen Recht auf Eigentum und der Tatsache, dass man Geschichte nicht einfach ungeschehen machen kann. Er macht rasche Investitionsentscheidungen möglich, auch dort, wo Eigentumsfragen noch nicht abschließend geklärt sind, eine für die wirtschaftliche Entwicklung besonders zukunftsweisende Regelung. Zweitens, der Einigungsvertrag schafft die Voraussetzungen für Investitionen in der DDR (Deutsche Demokratische Republik) und damit auch für Arbeitsplätze. Er wird ein umfangreiches Programm zur Regionalförderung in der DDR (Deutsche Demokratische Republik) einleiten. Damit sind wichtige Weichen gestellt, allein 1,2 Millionen Arbeitsplätze können dadurch gesichert oder neu geschaffen werden. Drittens, es wird das System der sozialen Sicherung, was in der Bundesrepublik gilt, übernommen.";
Schäuble und Krause OH; Lothar de Maizière OT: "Das bringt für die Menschen in unserem Land große Vorteile, dieses Netz der sozialen Sicherung ist beispielgebend für die großen Industrienationen. Übergangsregelungen sichern soziale Gerechtigkeit in den wenigen Fällen, wo das DDR-Recht bisher günstiger war. Gerade hier wird deutlich, dass in der sozialen Marktwirtschaft Wirtschafts- und Sozialpolitik auf das engste miteinander verbunden sind. Viertens, zu den schwierigsten Verhandlungsthemen gehörten die Fragen der Finanzausstattung der künftigen Länder und Gemeinden. Hier mussten Kompromisse gefunden werden. Die jetzige Regelung schafft die Voraussetzungen, dass die neuen Länder an der Wirtschaftskraft des geeinten Deutschlands angemessen teilhaben werden. Fünftens, der Einigungsvertrag reicht weit über die Wirtschafts- und Sozialpolitik hinaus. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen und die Verbesserung der Umweltsituation auf dem Gebiet der heutigen DDR (Deutsche Demokratische Republik) nehmen im Vertrag einen hohen Rang ein. Wir brauchen saubere Luft zum Atmen, den Schutz der Seen, Flüsse und Trinkwasservorräte und wir wollen den Erhalt und die Pflege unserer schönen Naturlandschaften, sei es die Schorfheide, der Thüringer Wald oder die sächsische Schweiz, die mecklenburgische Seenplatte oder der Harz mit seinem Brocken, Umweltschutz ist Menschenschutz. Wir wissen, wovon wir da reden. Sechstens, mit dem Vollzug der deutschen Einigung wachsen nicht nur zwei Staaten zusammen, durch die Auflösung der zentralistisch gesteuerten DDR (Deutsche Demokratische Republik) entstehen auf diesem Gebiet gleichzeitig fünf neue Bundesländer. Sie knüpfen an die große föderative Tradition in Deutschland an, die lange bei uns unterdrückt war. Sachsen und Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg sowie Mecklenburg-Vorpommern, mit diesen Namen verbindet sich ein Stück deutsche Geschichte und für die Menschen...(Schnitt)... ..siebtens, mit ihrem Variationsreichtum gehört die Kultur zu unseren elementaren Lebensnotwendigkeiten. Ihr Fortbestand, ihre Pflege und Förderung bedeutet...."; Schnitt;
Lothar de Maizière OT (nicht die ganze Zeit im Bild): "...kein Schaden geben darf. Das Fortgelten der Ausbildungsabschlüsse und deren gleichberechtigte Bewertung ist nicht nur für die Bürger der ehemaligen DDR von großer psychologischer Bedeutung, sondern schafft die besten Voraussetzungen für ihre Integration in ein gemeinsames Deutschland. Mit der Übernahme der Förderungspraxis für Wissenschaft und Forschung ist erreicht, dass die Freiheit der Wissenschaften künftig garantiert ist und Wissenschaft und Forschung in ihrer gesamten Bandbreite dem internationalen Standard gerecht werden können. Nur ein Einigungsvertrag konnte sicherstellen, dass die festgelegten Rechte von jedem der fünf Länder der heutigen DDR (Deutschen Demokratische Republik) auch noch dann geltend gemacht werden können, wenn es die DDR (Deutschen Demokratische Republik) nicht mehr geben wird. Der Einigungsvertrag ist ein großer Erfolg für das künftige geeinte Deutschland, dadurch, dass er von den Regierungen und Parteien gemeinsam erstritten wurde, ist er auch ein Erfolg für die Demokratie. Den beiden Verhandlungsdelegationen und ihren Leitern, Herrn Bundesminister Herr Dr. Wolfgang Schäuble und Herrn Staatssekretär Herr Dr. Günther Krause, sowie allen...harte Arbeit bedanken. Was sie in den letzten Wochen geleistet haben war vorbildlich. Aufgrund der Konsequenz und verantwortungsbewussten Verhandlungsführung von Günther Krause wurde erreicht, was für die Menschen in der DDR (Deutsche Demokratische Republik) wichtig ist. Für die Bewältigung der Umstellungsprobleme, die sich den Menschen stellen....den vielen Helfern danken, die im rasenden Tempo die inhaltlichen und technischen Zuarbeiten geleistet haben. Ohne sie wäre das Werk nicht so schnell zustande gekommen. Manche in unserem Land sind unzufrieden, weil ihnen die wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung nicht schnell genug geht. Sie hatten allen Einschätzungen und Voraussagungen zum Trotz geglaubt, bereits wenige Tage nach der Währungsunion sei in dem Gebiet der DDR (Deutsche Demokratische Republik) alles wie im Westen. Diese Rechnung konnte angesichts der Lage und im Hinblick auf 40 Jahre sozialistischer Misswirtschaft nicht aufgehen. Die wirtschaftlichen und sozialen Probleme mit denen wir zurzeit zu kämpfen haben sind nicht das Ergebnis von 143 Tagen sozialer Marktwirtschaft, sondern das Relikt von rund 15000 Tagen sozialistischer Planwirtschaft. Auch nach dem Einigungsvertrag werden sich nicht sofort alle Blütenträume verwirklichen, aber wir sind auf dem richtigen Weg. Die Zukunftsperspektiven sind realistisch und so günstig, wie sie es noch nie seit Ende des Krieges waren. Das sollten wir nicht vergessen. Wir sollten immer wieder Zufriedenheit darüber empfinden, dass wir das alte System hinter uns haben, dessen Kennzeichen Mauer und Schießbefehl, Staatssicherheit und Menschenhandel, Mangel und Privilegien, Reiseverbot, Gängelungen und Fremdbestimmung eines jeden einzelnen waren. Bei aller Hilfe, die wir empfangen, müssen wir uns auch auf unsere eigenen Kräfte besinnen. Die Verwirklichung von Freiheit und Demokratie sollte nicht von Kassandrarufen überdeckt werden. Ich hoffe, dass der Einigungsvertrag mit großer Mehrheit in den beiden Parlamenten gebilligt wird, wenn er von einer breiten Basis getragen wird dient er dem Rechtsfrieden im geeinten Deutschland. Dankeschön!";
lauter Beifall; Dr. Wolfgang Schäuble geht heran; Rede Dr. Wolfgang Schäuble;
Schäuble OT: "Herr Ministerpräsident, Herr Kollege Krause, meine Herren Bürgermeister, meine Damen und Herren, heute ist ein Tag der Freude und ein Tag der Zuversicht für alle Deutschen. Freude und Zuversicht darüber, dass die staatliche Einheit nicht nur kommt, sondern das sie auch in geordneten Bahnen verläuft. Es ist für diesen Einigungsprozess von zentraler Bedeutung, dass er eine breite Grundlage für diesen Einigungsvertrag in beiden Teilen Deutschlands sichergestellt ist, wenn wir davon ausgehen können, dass wir in beiden Parlamenten, in der Volkskammer, im Bundestag und Bundesrat, breite Mehrheiten für diesen Einigungsvertrag haben werden, dann ist auch dies ein wichtiger Beitrag zur Einheit Deutschlands. In 33 Tagen wird die Teilung Deutschlands nach langen Jahren der Trennung endlich überwunden sein. Am 03. Oktober 1990 wird der Wunsch der Menschen in beiden Teilen in Erfüllung gehen, gemeinsam in einem Staat der Freiheit, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit leben zu können. Die Bundesregierung und der Bundeskanzler Helmut Kohl hat beharrlich an dem Ziel der deutschen Einheit festgehalten und in ihrer Deutschlandpolitik das Bewusstsein der Einheit der Nation wachgehalten und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Deutschen gestärkt. Mit der friedlichen und der demokratischen Revolution im Herbst letzten Jahres, haben die Menschen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) die Trennung aus eigener Kraft überwunden. Die erste friedliche Revolution auf deutschem Boden führte zur Öffnung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzen. Mit dem Ruf `Wir sind das Volk´ wurde die kommunistische Diktatur der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) zur Aufgabe gezwungen und mit dem Ruf `Wir sind ein Volk´ wurde die Einheit der Nation gefordert. Die Wahlen zur Volkskammer am 18. März haben klare Mehrheiten und eine demokratisch legitimierte Regierung für diesen Weg erbracht und ihre Regierung Herr Ministerpräsident hat den Auftrag des Volkes konsequent erfüllt. Der jetzt zur Unterzeichnung vorliegende Vertrag über die Herstellung der Einheit Deutschlands, der Einigungsvertrag, wird geschlossen mit dem Ziel, die Voraussetzungen und die Folgen des gemäß des Artikels 23 des Grundgesetzes erklärten Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zur Bundesrepublik Deutschland (BRD) zu regeln. Der Einigungsvertrag ist die Grundlage zur Schaffung eines einheitlichen Rechtsgebiets und zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse in ganz Deutschland und wir haben damit ein solides und ein tragfestes Fundament für unser Gemeinwesen geschaffen. Es liegen Wochen intensiver Verhandlungen hinter uns. Es ging darum, die in 45 Jahren auseinander entwickelten Rechtsordnungen, die unterschiedlichen Wirtschafts- und Lebensverhältnisse wieder zu vereinheitlichen und diese umfassende Aufgabe hat auf beiden Seiten die Kräfte der Regierungen und der Parteien voll beansprucht. Ich danke allen, die am Zustandekommen dieses Vertrages konstruktiv mitgewirkt haben und ich möchte mich an erster Stelle bei ihnen Herr Krause für die faire und konstruktive Arbeit und Zusammenarbeit und auch bei den Damen und Herren ihrer Delegation bedanken. Auf Seiten der Bundesrepublik waren nicht nur alle Ressourcen der Bundesregierung, sondern auch alle Bundesländer, auch die Kommission der europäischen Gemeinschaft, einbezogen. Noch nie ist ein Vertrag unter so breiter Beteiligung ausgearbeitet und ausgehandelt worden und ich möchte an dieser Stelle allen, die daran mitgewirkt haben herzlich danken, auch vor allem den Hunderten Mitarbeitern auf beiden Seiten, die weit über das normale Maß hinaus in den letzten Wochen und Monaten gefordert waren und die mit einem großen inneren Engagement ihre Aufgabe erfüllt haben. Viele in unseren beiden großen Delegationen haben sehr unterschiedliche Aufgaben und Verantwortungen wahrzunehmen gehabt. Nicht nur Interessen von Bund und Ländern, sondern auch Verankerungen in den jeweiligen Parteien."
C1/1356:
Fortsetzung Rede Dr. Wolfgang Schäuble; Schäuble OT: "Niemand wollte den anderen über den Tisch ziehen. Jeder wusste, noch sitzen wir zwar hier als DDR (Deutsche Demokratische Republik) und hier als Bundesrepublik, aber morgen sind wir das gemeinsame und geeinte Deutschland und jeder wusste auch, was wir heute gut regeln und wird morgen uns allen nützen und deshalb haben wir auch bei schwierigsten Problemen immer wieder eine Lösung, einen Kompromiss oder wenigstens einen Gestaltungsweg gefunden. Und deshalb kann ich aus Überzeugung feststellen, dieser Vertrag der Einheit ist für die Deutschen ein Gewinn. Vielleicht sehen das unsere Nachbarn aus der Ferne deutlicher als manche hier, aber die Zukunft wird es für alle auch hier erweisen. Dieser jetzt hier vorliegende Vertrag könnte mit seinen Anlagen auch wie ein Werk deutscher Perfektion aussehen, aber ich denke, es ist jedenfalls nur zum Teil der Fall, denn es sind in Wahrheit nur Kernbereiche aufgenommen und vieles muss auch in der Zukunft noch geregelt werden, aber wir sehen ja hier zum Greifen plastisch vor uns, wie kompliziert das Leben auch in einer rechtsstaatlichen Ordnung ist. Es lässt sich zum wesentlichen Inhalt des Vertrags feststellen, dass das Grundgesetz mit den im Zusammenhang mit der Einigung erfolgenden Änderungen für ganz Deutschland in Kraft gesetzt wird. Das übrige Bundesrecht wird in Form von Gesetzen und Rechtsverordnungen durch eine Generalklausel übergeleitet. Die gewachsenen sozialen rechtlichen und wirtschaftlichen Strukturen in der DDR (Deutschen Demokratischen Republik) werden in den Anlagen zum Vertrag umfangreich berücksichtigt und auf verträgliche Weise angepasst. Gleichzeitig sind mit dem Vertrag die Voraussetzungen zum Aufbau eines funktionierenden demokratischen Verwaltungssystems geschaffen, eine auszureichende Finanzausstattung für die neu entstehenden Länder ist dabei gewährleistet. Der Einigungsvertrag schafft die Grundlage dafür, dass Freiheit, Wohlstand und soziale Gerechtigkeit zum Markenzeichen der Lebensverhältnisse in ganz Deutschland werden. Natürlich ist dieses Ziel nicht auf wunderbare Weise mit der Unterzeichnung dieses Vertrages schon erreicht, aber jetzt können sich alle gesellschaftlichen Kräfte neu entfalten und jeder einzelne Bürger kann und muss seine neuen Möglichkeiten sehen und wahrnehmen. Nach der Schaffung der Währungswirtschaft und Sozialunion werden die letzten noch bestehenden Investitionshemmnisse beseitigt. Dem notwenigen Zufluss von Kapital und unternehmerischer Initiative steht nichts mehr im Weg. Jetzt ist die Zeit zum Handeln für die deutsche, auch für die internationale Wirtschaft und ich bin sicher, der Aufschwung kommt und er kommt schneller als viele ahnen. Für die Menschen in der DDR (Deutschen Demokratischen Republik) ist die Umstellung unmittelbarer, sie trifft sie persönlicher als uns im Westen Deutschlands. Es kann nicht von heute auf morgen alles besser werden, vieles wird Zeit brauchen. Jahrzehnte kommunistischer Planwirtschaft und ihre Folgen lassen sich nicht über Nacht beseitigen, aber jeder weiß, dass es eine Chance zur eigenen Gestaltung gibt, die soziale Sicherheit ist gewährleistet, das sollen vor allem unsere älteren Mitbürger wissen und die Jugend kann jetzt die Zukunft in die eigenen Hände nehmen, sie hat eine neue Perspektive. Mit dem Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland (BRD) gehört das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) auch zum Geltungsbereich der Verträge über die Gründung der Europäischen Gemeinschaften. Die Bundesregierung ist dankbar für die Unterstützung und für die Solidarität die der deutsche Einigungsprozess in der europäischen Gemeinschaft und im Kreis des westlichen Bündnisses erfährt. Sie würdigt insbesondere den Einsatz der Organe der Europäischen Gemeinschaften, auch die Bemühungen aller vier Mächte. Die Bundesregierung ist überzeugt, dass die Vereinigung der beiden deutschen Staaten einen entscheidenden Beitrag zu einer gesamteuropäischen Friedensordnung darstellen. Mit der Überwindung der Teilung Deutschlands wird auch die Teilung Europas beendet. Auf diesen Zusammenhang hat die Bundesregierung, der Bundeskanzler immer hingewiesen. Wir haben auch Wert darauf gelegt, dass die deutsche Einigung entsprechend der Maxime von Konrad Adenauer nur in einem europäischen Rahmen und im Einvernehmen mit den Nachbarn und anderen Staaten der Erfolg deren Interessen in besonderer Weise berührt sind. Und in Erinnerung an unsere Geschichte sollten wir in dieser Stunde auch dankbar sein für die Tatsache, dass wir im Einklang mit allen unseren Nachbarn sind, nicht nur mit den Regierungen, sondern was auch viel wichtiger ist, auch im Einklang mit den Menschen, mit den Völkern. So erfüllen wir den doppelten Auftrag unseres Grundgesetzes, in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen und die Einheit und die Freiheit Deutschlands zu vollenden.";
Schäuble (von hinten) geht zu Lothar de Maizière, schüttelt Hand; Schäuble (von hinten) gibt Krause die Hand; Schäuble und Krause nehmen am Tisch Platz; Lothar de Maizière sowie viele andere Politiker stehen hinter Tisch; Wolfgang Schäuble testet Schreibfähigkeit des Füllers auf Zettel; Krause schreibt auf Zettel; Zoom auf Hände von Wolfgang Schäuble; Hände von Schäuble GA blättern in Seiten des Vertrages; Hände liegen auf Seite mit Siegel zur Unterschrift bereit; Hand GA beim Unterschreiben; Aufzieher auf Schäuble und Krause am Tisch; Mitarbeiter trocknen Tinte mit Abroller; nehmen jeweils den Vertrag weg; Schäuble und Krause OH lächeln sich an; Mitarbeiter tauschen Mappen mit Verträgen aus; Lothar de Maizière OH; Schwenk auf Krause OH beim Unterschreiben; Blitzlichtgewitter; Aufzieher auf Schäuble und Krause; Schäuble trocknet Tinte mit Abroller?; Schäuble und Krause erheben sich, schütteln lächelnd Hände; Schäuble und Krause OH mit Vertragsmappen; Aufzieher auf Tisch; klatschende Kollegen OH; Schwenk auf Kellner mit Sektgläsern; Schwenk auf Schäuble, de Maizière und Krause OH beim Händedruck; stehen nebeneinander, halten sich an den Händen; Zoom auf Lothar de Maizière; Kellner geht heran; Lothar de Maizière, Schäuble sowie Krause nehmen sich jeweils ein Sektglas vom Tablett, stoßen an; Zoom auf Sektgläser GA; Lothar de Maizière P mit Sektglas vor dem Gesicht; Momper (angeschnitten) stößt mit de Maizière und Krause an; Aufzieher auf Politiker, die alle miteinander anstoßen; Zoom auf Momper P; Schwenk auf Schäuble, Krause und de Maizière; Presse/Fotografen seitlich; Presse/Kameras seitlich; Politiker T; Kameramänner seitlich; Lothar de Maizière im Gespräch; Aufzieher auf Politiker; Sektgläser auf Tablett GA; Fotografen seitlich; Presse; Interview Krause;
Krause OT: "..muss ich wirklich gelöst sagen. Wir haben heute Morgen, 02:08 Uhr heute, den Vertrag in Bonn paraphiert, heute Morgen um vier Uhr zu Bett, eigentlich ein ganz normaler Arbeitstag und dann um sechs Uhr wieder aufgestanden. Die Kabinettssitzung bei uns ein einstimmiges Ergebnis zum Vertrag. Uns ist es gelungen gestern noch wesentliche Dinge aus der Sicht der DDR (Deutsche Demokratische Republik) zu bessern bspw. 70% Vorruhestandsgeld gegenüber dem vorhergehenden Entwurf, wo ja noch 65% gesichert waren. Ich denke, wir können damit gut leben und wir haben mit dem Vertrag und dem Beitritt am 03. Oktober für eine glückliche Zukunft den Grundstein gelegt.";
Krause OT zum Kommentar, dass ihm ein Stein vom Herzen gefallen sei: "Das ist, wissen sie, das Problem ist natürlich einen Vertrag so auszuhandeln, dass er wirklich einer gesellschaftlichen Breite von 70, 80 oder 90% entspricht, das war ja unsere Zielstellung und die große Koalition ist kaputt und nun trotzdem den Vertrag so auszuhandeln, dass er in dieser Parlamentsbreite letztendlich einer überwältigen Mehrheit zwischen Regierung und Opposition entspricht, nur das kann ja die Grundlage für eine ordentliche Zukunft in Deutschland sein, wenn sich in diesem wichtigen Vertrag, vielleicht einem der wichtigsten, die nach dem Kriege gemacht worden sind, alle Partner in den Parlamenten wirklich übereinstimmend einig sind, so wie er jetzt vorliegt lässt es sich gut damit leben.";
Interview de Maizière; Lothar de Maizière OT: "...das ich davon ausgehe, dass die Volkskammer mit einer großen und mehr als notwendig großen Mehrheit zu dem Werk befinden wird."; Schäuble (anfangs NiB, dann verdeckt durch Reporter) OT:"Wir hatten die Erklärungen von CDU, CSU, SPD und FDP und von allen 11 Bundesländern, dass sie den Vertrag mittragen, dass sie ihn für ein gut gelungenes Werk halten, deswegen gehe ich davon aus, dass wir im Bundestag eine weit über 80% liegende Mehrheit haben werden und das wir auch im Bundesrat eine ganz große ....Zustimmung haben werden.";
Maizière OT ergänzend: "Ich finde dies sehr wichtig , denn wenn sich Parteien, die sich demokratisch nennen, nicht mehr über die Frage der deutschen Einheit nicht mehr miteinander verständigen können, dann wäre das ein schlechtes Zeichen für die Demokratie. Genau das Gegenteil wird mit Sicherheit eintreten, auch in der Volkskammer und wir haben, glaube ich, bewiesen in den letzten Wochen, dass Demokratie erlernbar ist und das man zunächst über die Form und Wege sehr unterschiedlicher Auffassung sein kann, dass aber in den wirklich wichtigen Fragen eine breite Mehrheit des Hauses stets bestanden hat."; Krause, de Maizière und Schäuble gehen ab, bahnen sich den Weg durch die Presse; Kellner mit Sektglas; Interview mit Florian Engels (Pressesprecher Bündnis 90);
Florian Engels OT zum Kompromiss mit den Staatssicherheitsakten: "Was gestern Abend stattgefunden hat und über die Medien gelaufen ist, ist kein Kompromiss, sondern nur eine Verlagerung. Die Akten werden jetzt nicht auf dem Gelände der Bundesrepublik Deutschland (BRD) aufbewahrt, sondern auf dem Gelände der DDR-Länder (Deutsche Demokratische Republik), aber der Sinn des Stasi-Gesetzes (Staatssicherheits-Gesetzes), nämlich die Einsichtmöglichkeit für DDR-Bürger, die Auskunftsmöglichkeit für DDR-Bürger über ihre Vergangenheit, was in den Stasi-Akten (Staatssicherheits-Akten) offenbart wird, das ist jetzt im Einigungsvertrag nicht erfüllt und Frage ist nun vor allem, was die SPD macht und die DSU, die beide gesagt haben, wenn das Gesetz, wie gestern nochmals von der Volkskammer bestätigt auf Initiative von Bündnis 90, wenn dieses Gesetz nicht durchkommt, dann können wir dem Einigungsvertrag nicht zustimmen, deswegen ist das ganze möglicherweise eine etwas zu frühe Feier hier. Es ist die Frage, wie die Volkskammer das nächste Mal entscheidet, wenn es zur Ratifizierung kommen sollte.";
Florian Engels OT zur Frage, ob er immer noch notfalls die Bevölkerung auf die Straße rufen würde: "Sicherlich sind wir auch weiterhin dieser Meinung, denn die Volkskammer ist, wenn ich das mal so sagen darf, einfach verhöhnt worden, um es mal vorsichtig auszudrücken und durch die Verhandlungsführung von Herrn Krause und wir fordern oder wünschen uns natürlich, dass die DDR-Bevölkerung (Deutsche Demokratische Republik) jetzt auch Druck macht, damit dieses Gesetz, dieses Stasi-Gesetz, was für die DDR ganz wichtig ist, neben dem Treuhandgesetz und dem Kommunalvermögensgesetz, dass das noch reinkommt in den Einigungsvertrag in einer möglicherweise noch erweiterten Fassung und deswegen hoffen wir, dass am nächsten Donnerstag die DDR-Bevölkerung (Deutsche Demokratische Republik) hier aufmarschiert.";
Sektgläser GA auf Tablett (angeschnitten); sprudelnder Sekt im Glas GA; Aufwärtsschwenk; Vertrag mit Unterschriften von Schäuble und Krause GA; Mann OH am Schreibtisch trägt das Datum im Vertrag nach; Zoom auf schreibende Hand GA; Aufzieher auf Mann; Mann trocknet Tinte mit Abroller; Mann steht auf, legt Vertrag ab; Vertrag wird für Kameramänner hingelegt; Vertrag mit Unterschriften von Schäuble und Krause GA; Zoom auf Unterschrift von Wolfgang Schäuble GA; Schwenk auf Unterschrift von Günther Krause GA; Vertrag in Mappe steht geöffnet vor blauer Schutzbox, Presse/ Fotografen schießen Fotos vom Vertrag, Kameramänner filmen; Fotograf OH beim Fotografieren; Zoom auf Vertrag von oben; Menschen hinter Absperrung; Fahne der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am Gebäude des Deutschen Historischen Museums; asiatisches Reporterteam; Unter den Linden mit Palast der Republik im HG; Aufzieher und Schwenk auf Opernpalais; Pferdekutsche fährt heran; Schwenk auf Opernpalais; Opernpalais leicht seitlich, Straßenschild `Unter den Linden´ im VG; Schwenk auf Deutsches Historisches Museum; Schwenk auf Opernpalais