Das Raubtier
Walter Becks Gegenwartsfilm DAS RAUBTIER (1977) entstand als 100. Spielfilm der DEFA für Kinder. Am 7. Februar 2020 erscheint der Film bei ICESTORM auf DVD.
Kurzinhalt
Unweit eines Dorfes wird ein Schaf gerissen. Der zwölfjährige Roland (gespielt von Hanjo Mende) entdeckt gemeinsam mit seinem Freund Hugo (Michael Gieseler) eine Spur, die auf einen Wolf hindeutet. Mit einer selbstgebauten Falle wollen sie das Tier fangen. Die Dorfbewohner glauben jedoch nicht an die Existenz eines Wolfes. Lediglich Rolands Vater (Holger Mahlich) ist überzeugt. Anders als sein Sohn möchte er das Tier jedoch erschießen. Sowohl Vater als auch Sohn beginnen bei der Suche nach dem Wolf ihre alltäglichen Pflichten zu vernachlässigen.
DEFA-Spielfilme für Kinder
Der DEFA-Spielfilm für Kinder kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Filmemacher wie Walter Beck, Helmut Dziuba, Rolf Losansky und Hannelore Unterberg zählen zu den DEFA-Regisseuren, die ihr künstlerisches Schaffen insbesondere Filmen verschrieben haben, die sich primär an ein junges Publikum richten. Als erster DEFA-Film für ein junges Publikum gilt Gerhard Lamprechts IRGENDWO IN BERLIN, dessen Dreharbeiten bereits im unmittelbaren Umfeld der DEFA-Gründung am 17. Mai 1946 begannen. Bis zur Abwicklung der DEFA entstanden mehr als 150 Spielfilme für Kinder. Die Filme waren fest im Jahresplan des Studios verankert.
Der Regisseur Walter Beck
43 Jahre lang ist Walter Beck (* 1929) bei der DEFA tätig. In dieser Zeit entstehen neben Märchenfilmen wie DORNRÖSCHEN (1970) oder FROSCHKÖNIG (1988) auch Gegenwartsfilme wie DER NEUE FIMMEL (1960) oder der Krimi KÄUZCHENKUHLE (1970). Mit Produktionen wie ALS MARTIN VIERZEHN WAR (1964) und TRINI (1976) wendet sich Beck auch historischen Stoffen zu. DREI KAPITEL GLÜCK (1961) bleibt sein einziger Kinofilm für Erwachsene. Mit der DEFA endet auch Walter Becks Arbeitsleben. Im vereinigten Deutschland gelingt es ihm nicht mehr einen eigenen Film zu realisieren.
Produktionsnotizen
In seiner Autobiografie „Mär und mehr“ berichtet Walter Beck, dass er den Film DAS RAUBTIER gern in Schwarzweiß gedreht hätte, sich aber in dieser Angelegenheit nicht durchsetzen konnte. Um seine filmstilistischen Vorstellungen trotzdem zu verwirklichen, verlegte Beck die Handlung in den Spätherbst. Brauntöne sind somit die bestimmenden Farben und vermitteln eine melancholische Atmosphäre. Einsetzender Schneefall stellte das Filmteam während der Dreharbeiten vor Herausforderungen. Aus ökonomischen Gründen wurde weitergedreht und der Schnee in die Handlung einbezogen. Als bereits eine Woche später Tauwetter einsetzte, musste künstlicher Schnee erzeugt werden.
Hintergrund: Der Wolf in der DDR und in Deutschland
Der Wolf galt in der DDR offiziell als ausgerottet. Tiere, die sich gelegentlich über das Nachbarland Polen in die DDR „verirrten“, standen nicht unter Schutz und konnten ab 1984 auch ganzjährig geschossen werden. Insgesamt blieb der Wolf in den Wäldern der DDR eine Randerscheinung. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) listet 14 Wolfsabschüsse in der Geschichte der DDR auf. Seit 1990 steht der Wolf im vereinigten Deutschland unter Artenschutz. 2019 leben hierzulande wieder rund 1.300 Wölfe. Der Schutz der Tiere und ein möglicher Abschuss werden kontrovers diskutiert.
Echo
Eine Fachjury – unter anderem bestehend aus den Filmemachern Monika Anderson, Werner Bergmann, Celino Bleiweiß, Claus Dobberke und Thomas Kuschel sowie dem Kritiker Heinz Hofmann als Jurypräsidenten – verlieh dem Film im Rahmen des 1. Nationalen Festivals für Kinderfilme in Gera 1979 die Auszeichnung „Goldener Spatz“ für den besten Spielfilm im Wettbewerb. Positiv herausgestellt wurden insbesondere die dargestellten „menschlichen Beziehungen und Konflikte“ (ND, Klaus Richter-deVroe, 5.3.1979). Der Film wird unter anderem zum 17. Internationalen Kinderfilm-Festival ins spanische Gijon eingeladen.
Drehorte
Gedreht wurde DAS RAUBTIER in der märkischen Landschaft am Seddiner See, weiterhin in den Ortschaften Milmersdorf und Wittbrietzen. Mehrfach ist die markante Dorfkirche von Wittbrietzen zu sehen.
Verfasst von Philip Zengel (Januar 2020)