Filmstill zu "Das singende, klingende Bäumchen"

Das singende, klingende Bäumchen

DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN (Francesco Stefani, 1957) zählt bis heute zu den größten Klassikern unter den Märchenfilmproduktionen der DEFA. Auch in diesem Jahr wird der Film zur Weihnachtszeit mehrfach im Fernsehen gezeigt und ist in der ARD-Mediathek sowie bei diversen Streaming-Plattformen verfügbar.

Kurzinhalt

Filmplakat zu "Das singende, klingende Bäumchen"

DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN

(R: Francesco Stefani, 1957) Grafiker: Werner Klemke

Um die Liebe von Prinzessin Tausendschön (gespielt von Christel Bodenstein) zu gewinnen, ist ein junger Prinz (Eckart Dux) weit gereist. Die kostbaren Perlen, die er ihr schenkt, lassen sie jedoch kalt. „Jeder Teufel kann mir solche Perlen schenken, wenn er Geld genug hat“, ruft sie aus. Die Prinzessin verlangt ein anderes Geschenk: Das singende, klingende Bäumchen. Der Prinz ist fest entschlossen, das Bäumchen zu finden. In einer zauberhaften Welt trifft er auf einen Kleinwüchsigen (Richard Krüger), der bereit ist, ihm das Bäumchen zu überlassen. Allerdings wird es nur singen und klingen, wenn die Prinzessin den Prinzen wirklich liebt. Sollte das Bäumchen beim Wiedersehen mit der Prinzessin stumm bleiben, muss der Prinz fortan in der Gestalt eines Bären leben…

 Hier finden Sie die vollständigen Filmdaten.

Produktionsnotizen

DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN wurde zwischen dem 8. April und dem 25. Juli 1957 ausschließlich im Atelier auf dem Babelsberger Studiogelände gedreht. Szenaristin und Drehbuchautorin Anne Geelhaar orientierte sich frei an Motiven und Fragmenten verschiedener Märchenerzählungen, darunter „König Drosselbart“ und „Die Schöne und das Biest“. Untersuchungen von Rosemary Cresser zeigen, dass sich kein Text der Brüder Grimm finden lässt, der dem Inhalt des Films entspricht (vgl. dazu: Qinna Shen, 2011, Barometers of GDR Cultural Politics, S. 92). Der Filmtitel geht zurück auf das Grimm’sche Märchen „Das singende springende Löweneckerchen“.

Kurz vor dem Weihnachtsfest des Jahres 1957 feierte DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN Premiere im Berliner Kino „Babylon“.

 

 

 

 

Trailer zu DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN (R: Francesco Stefani, 1957)

Regie: Francesco Stefani

Setfoto zu "Das singende, klingende Bäumchen"

Francesco Stefani

während der Dreharbeiten zu DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN (R: Francesco Stefani, 1957) Fotograf: Kurt Schütt

Francesco Stefani (1923–1989) zeichnete für die Regie von DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN und realisierte damit seinen ersten und einzigen Film bei der DEFA. Stefanis Eltern wanderten nach dem Ersten Weltkrieg von Südtirol ins badische Offenburg aus, wo ihr Sohn geboren wurde. Nach dem Notabitur war Stefani im Zweiten Weltkrieg als Wehrmachtssoldat in Russland stationiert. Zwei Jahre nach Kriegsende konnte er ein Studium der Kunstgeschichte in München beginnen und wurde Assistent des Kunsthistorikers Carl Lamb, der auch eigene Kulturfilme mit kunstgeschichtlichen Bezügen drehte. Stefani attestierte u.a. beim mehrfach ausgezeichneten Film BUSTELLI – EIN SPIEL IN PORZELLAN (1950). Für die bayerische Produktionsgesellschaft Schongerfilm inszenierte er 1953 mit ZWERG NASE seinen ersten eigenen Film. Bevor der zu dieser Zeit in Fürstenfeldbruck lebende Stefani mit DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN als Gastregisseur am DEFA-Spielfilmstudio seinen größten Filmerfolg feierte, verfilmte er ein Jahr zuvor mit MAX UND MORITZ nach Wilhelm Busch einen weiteren Stoff für ein junges Publikum. Nach einer letzten Regiearbeit für die ZDF-Serie MIT KARL MAY IM ORIENT arbeitete er ab 1963 unter dem eingedeutschten Namen Franz Stefani für den Bayerischen Rundfunk, konzipierte Fernsehformate und war von 1974 bis 1989 als Redaktionsleiter tätig.

Tricktechnik mit zahlreichen Herausforderungen

Der Kultstatus des Films ist eng verknüpft mit der federführend von Szenenbildner Erich Zander geschaffenen, stilisierten Kunstwelt. Das Drehbuch ließ in dieser Welt zahlreiche Zaubereien geschehen, unter anderem sollte sich ein Prinz in einen Bären verwandeln, ein Pferd zu Stein erstarren, ein See zufrieren und ein Wasserfall zu Eis erstarren. Trickkameramann Ernst Kunstmann und seine Tochter Vera mussten viele originelle Lösungen erarbeiten, um den Text filmisch zu gestalten. Die Umsetzung des Tricks mit dem Wasserfall beschreiben Uwe Fleischer und Helge Trimpert in einem fiktiven Gespräch mit Ernst Kunstmann in der Publikation ‚Wie haben Sie’s gemacht…? Babelsberger Kameramänner öffnen ihre Trickkiste‘: „Wir haben von der Dekoration zunächst ein Modell gebaut. Ich wollte den Trick als Spiegeltrick realisieren, deshalb musste das Modell spiegelverkehrt zur Originaldekoration entstehen. Überall dort, wo Schnee und Eis gezeigt werden sollte, haben wir Paraffin aufgetragen. Der Wasserfall wurde aus Paraffin modelliert. Die Trickeinrichtung war so im Atelier postiert, dass durch den abgekratzten Spiegelbelag die sommerliche Dekoration mit den Schauspielern zu sehen war. Der Spiegel wurde von unten nach oben in das Bild geschoben und spiegelte dann den vereisten Wasserfall und den zugefrorenen See in der Kamera. Der Spiegelbelag war so entfernt worden, dass die Prinzessin und der Zwerg vom eingespiegelten Modell nicht überlagert wurden.“ (S. 87)

Filmstill zu "Das singende, klingende Bäumchen"

Dreharbeiten mit Fisch-Attrappe vor dem gefrorenen Wasserfall. Fotograf: Kurt Schütt

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Francesco Stefani (mit Brille) fährt während der Dreharbeiten mit einem Gummiboot durch die Kulisse. Fotograf: Kurt Schütt

Für immer Prinzessin Tausendschön: Christel Bodenstein

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Christel Bodenstein

in DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN (R: Francesco Stefani, 1957) Fotograf: Kurt Schütt

Die Schauspielerin Christel Bodenstein (* 1938) gilt – neben Karin Ugowski – als die Märchenprinzessin der DEFA. Der Part in DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN war noch während des Schauspielstudiums in Potsdam-Babelsberg eines ihrer ersten großen Filmengagements. Bis heute ist es diese Rolle, die das Publikum am meisten mit der Schauspielerin assoziiert. Die jahrzehnteüberdauernde Beliebtheit des Märchenfilms kann sich Christel Bodenstein nicht erklären, wie sie 2013 in einem Gespräch mit Paul Werner Wagner festhielt: „Zauber hat seine eigenen Gesetze und Wirkungen, und manchmal gehört es zu dieser Wirkung, dass sie unerklärlich bleibt.“ (zitiert nach „Lebens Licht und Lebens Schatten“, 2021, S. 154)

Als langjähriges Mitglied des DEFA-Schauspielensembles übernahm Christel Bodenstein ab den späten 1950er-Jahren in vielen Produktionen tragende Rollen. Insbesondere im heiteren Rollenfach wurde sie besetzt, etwa in den Günter-Reisch-Filmen MAIBOWLE (1959) und SILVESTERPUNSCH (1960). Wiederkehrend agierte Bodenstein an der Seite von Manfred Krug, bekannt sind insbesondere REVUE UM MITTERNACHT (1962) und BESCHREIBUNG EINES SOMMERS (1962). Letzterer zählt zu den künstlerisch bedeutendsten Filmen der Schauspielerin, mit dem sie einmal abseits des Unterhaltungsfachs ihr Können zeigen konnte. 1966 spielte Bodenstein die Titelrolle in einer Verfilmung von DER KLEINE PRINZ, die unter der Regie ihres damaligen Mannes Konrad Wolf und in Koproduktion mit dem DDR-Fernsehen entstand. Aufgrund ungeklärter Rechte konnte der Film jedoch lange kaum gezeigt werden.

Als ab Mitte der 1970er-Jahre Christel Bodensteins DEFA-Rollen kleiner wurden, zog sie sich zunehmend aus dem Filmgeschäft zurück. „Ich kam mit der Reduzierung, mit dem geringeren Radius meiner Arbeit nicht mehr zurande. Ich war Mitte dreißig, zu jung für Nebengleise. Also kündigte ich“ (Christel Bodenstein zu Paul Werner Wagner, S. 158). Fortan war die Schauspielerin vor allem am Theater aktiv, tourte mit dem Kabarettisten Hansgeorg Stengel quer durch die DDR und inszenierte musikalisch-literarische Abende im Friedrichstadt-Palast. Ihre letzte Filmrolle spielte Christel Bodenstein 2016 als Kräuterfrau in einer Neuverfilmung von DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN.

Filmstill zu "Das singende, klingende Bäumchen"

Die Film-Sonne soll manchen an das Logo der FDJ erinnert haben. Fotograf: Kurt Schütt

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Prinzessin Tausendschön (Christel Bodenstein) lässt den Prinzen (Eckart Dux) abblitzen. Fotograf: Kurt Schütt

Echo I: Kritisiert in kulturpolitisch stürmischen Zeiten

DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN hatte bei der DDR-Filmkritik einen schweren Stand. So hieß es unter anderem in der Zeitschrift ‚Deutsche Filmkunst‘, der Film sei „in seiner ganzen vorliegenden Konzeption voll verlogener Monarchenromantik und nicht dazu geeignet, zur Charakter- und Willensbildung unserer Kinder beizutragen“ (Charlotte Ewald, 1958/1, S. 3). Nach einer Phase des politischen Tauwetters infolge Stalins Tod ab 1953 geriet die Kultur mit dem Volksaufstand in Ungarn 1956 und den Unruhen in Polen wieder stärker in das Visier der Zensoren. Im Zuge der Zweiten DDR-Filmkonferenz im Juli 1958 kamen nahezu alle DEFA-Produktionen der vergangenen zwei Jahre auf den Prüfstand. Gefordert wurden positive Filmhelden der Arbeiterklasse, Stoffe mit klarer politischer Aussage, ein parteilicher Standpunkt der Künstlerinnen und Künstler, eine Hinwendung zum „sozialistischen Realismus“ sowie eine Abkehr von opportunistischen und revisionistischen Gedanken. Trotz der negativen Besprechungen erreichte DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN in der DDR mehr als drei Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer.

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Kann die Prinzessin dem Kleinwüchsigen (Richard Krüger) trauen? Fotograf: Kurt Schütt

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Langsam scheint die Prinzessin ihre kalte Hochnäsigkeit abzulegen und Zuneigung zu empfinden. Fotograf: Kurt Schütt

Echo II: Grusel-Kultfilm in Großbritannien

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DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN

(R: Francesco Stefani, 1957) Fotograf: Kurt Schütt

Mit dem Slogan „The German classic that haunted a generation“ wirbt eine englischsprachige DVD-Veröffentlichung von DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN. In Großbritannien avancierte der DEFA-Märchenfilm in den 1960er-Jahren zum Kultfilm, nachdem er in der Reihe „Tales from Europe“ erstmals ausgestrahlt wurde. „Tales from Europe“ lief immer donnerstags zwischen 17:30 und 18:00 Uhr beim öffentlich-rechtlichen Sender BBC. Für die Ausstrahlung wurde der Film in drei Episoden aufgeteilt. Die Erstsendungen datieren auf den 19. und 26. November sowie den 3. Dezember des Jahres 1964. Später wurde DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN etliche Male wiederholt. Die TV-Ausstrahlungen erfolgten in schwarz-weiß und in deutscher Sprache mit englischem Erzählkommentar. Bis heute erinnern sich Britinnen und Briten dieser Generation an den als gruselig empfundenen Film. Daniela Berghahn schreibt in ihrem Essay ‚Kultfilm zum Gruseln‘ über die internationale Beachtung des singenden, klingenden Bäumchens: „Die transnationale Rezeption [des Films] ist geprägt von einer bemerkenswerten Loslösung jener überwiegend ideologischen Diskurse, welche die Rezeption in der DDR bestimmten (..) Nur wenige Fans identifizieren den Film als deutsch oder gar ostdeutsch, beschreiben ihn vielmehr als europäisch oder einfach als fremdartig, wobei sich das Fremdartige und das Unheimliche miteinander zu vermischen scheinen.“ (DEFA International, 2013, S. 419). Abschließend heißt es: „Wie die meisten Kultfilme ist auch DAS SINGENDE, KLINGENDE BÄUMCHEN an das kulturelle Gedächtnis einer bestimmten Generation gebunden, die es in seinem gruseligen und nostalgigen Bann hält – und das schon mehr als 40 Jahre lang.“ (S. 419)

Verfasst von Philip Zengel. (November 2024)

Edition Filmjuwelen

Das singende, klingende Bäumchen

Im Dezember 2023 erschien das beliebte Märchen in der Edition Filmjuwelen auf DVD und Blu-ray. Als Bonusmaterial ist unter anderem ein Interview mit Christel Bodenstein enthalten.

Zur DVD
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