Frau Holle
Die Märchenverfilmung FRAU HOLLE (1963) nach der bekannten Vorlage der Gebrüder Grimm ist auf Wunsch vieler DEFA-Fans in der Adventszeit „DEFA-Film des Monats“. Regie führte Gottfried Kolditz.
Kurzinhalt
Eine Witwe (gespielt von Elfriede Florin) hat zwei Töchter, die beide Marie heißen. Die leibliche Tochter (Katharina Lind) ist faul, während sich die Stieftochter (Karin Ugowski) durch Fleiß auszeichnet. Als der fleißigen Marie eine Spule in den Brunnen fällt, springt sie hinterher. So gelangt sie zu Frau Holle ( Mathilde Danegger), die durch das Schütteln ihrer Betten dafür sorgt, dass es auf Erden schneit. Marie hilft Frau Holle im Haushalt und wird zur Belohnung mit Gold überschüttet. Nach Maries Rückkehr zur Stiefmutter schickt diese auch ihre leibliche Tochter zu Frau Holle. Wie wird es der faulen Marie dort ergehen?
DEFA-Märchenfilme
Zwischen 1950 und 1989 entstanden bei der DEFA regelmäßig Adaptionen von bekannten Märchenklassikern der Gebrüder Grimm, Wilhelm Hauff oder Hans Christian Andersen. Die erste Märchenverfilmung DAS KALTE HERZ (Paul Verhoeven, 1950) war zugleich der erste Farbfilm der DEFA. Wolfgang Staudte drehte mit DIE GESCHICHTE VOM KLEINEN MUCK (1953) den mit knapp 13 Millionen Kinobesuchern besucherstärksten Film der DEFA-Geschichte und bis heute erfolgreichsten deutschen Kinderfilm. In den 1960er-Jahren waren renommierte Schauspielerinnen und Schauspieler von den Haupt- bis in die kleinsten Nebenrollen zu sehen. Dazu zählen unter anderem Steffi Spira, Horst Drinda, Martin Flörchinger, Manfred Krug, Günther Simon, Gerd E. Schäfer, Peter Dommisch und Marianne Wünscher. Ab den 1970er-Jahren gewannen zunehmend auch zeitgenössische Märchenstoffe an Bedeutung.
Insgesamt entstanden im DEFA-Studio für Spielfilme rund 30 Adaptionen von Märchenklassikern. Hinzu kommen zahlreiche Märchenfilme aus dem DEFA-Studio für Trickfilm sowie Verfilmungen im Auftrag des Fernsehens.
Produktionsnotizen
Gottfried Kolditz verzichtete in seiner Märchenadaption auf eine naturalistisch ausgestaltete Kulisse. Gedreht wurde ausschließlich in den Babelsberger Studios. Die kunstvoll stilisierten Szenenbilder erwecken den Eindruck eines Bilderbuches und lassen das Spiel der Schauspielerinnen und Schauspieler in den Vordergrund rücken. So soll die Fantasie der jungen Zuschauer zusätzlich angeregt werden.
Für die musikalische Interpretation der im Film enthaltenen Kinderlieder zeichnete der Kinderchor des Deutschlandsenders verantwortlich. Premiere feierte FRAU HOLLE am 13. Oktober 1963 im Kino „Jugend“ in Berlin-Weißensee. Der offizielle Kinostart folgte am Nikolaus-Tag 1963.
Erfahrene Theaterschauspielerinnen
Die Titelfigur Frau Holle wird von Mathilde Danegger (1903–1988) gespielt. Die in Österreich geborene Danegger war über Jahrzehnte fester Bestandteil der Ost-Berliner Theaterszene. Ab den 1960er-Jahren spielte sie in zahlreichen DEFA-Produktionen mütterliche und großmütterliche Charaktere, unter anderem in ACH, DU FRÖHLICHE... ( Günter Reisch, 1962), GELIEBTE WEISSE MAUS (Gottfried Kolditz, 1964) und SEINE HOHEIT – GENOSSE PRINZ ( Werner W. Wallroth, 1969). Filmkritikerin Renate Holland-Moritz erklärte sie zur „DEFA-Großmutter vom Dienst“.
Elfriede Florin (1912–2006) ist in FRAU HOLLE in der Nebenrolle der Mutter zu sehen. Durch ihre langjährige Ensemble-Mitgliedschaft am Theater der Freundschaft und später an der Volksbühne war sie dem Publikum gut bekannt. Bei der DEFA bleibt sie mit ihren Auftritten in internationalen Co-Produktionen wie DIE ABENTEUER DES TILL ULENSPIEGEL (1956) und DIE ELENDEN (1957) in Erinnerung.
Neue Gesichter auf der Leinwand
Goldmarie und Pechmarie wurden mit jungen Darstellerinnen besetzt. Karin Ugowski (* 1943), die zum Zeitpunkt der Dreharbeiten noch in Potsdam-Babelsberg studierte, gab als Goldmarie ihr Kinodebüt. Mit ihren sich anschließenden Hauptrollen in DIE GOLDENE GANS ( Siegfried Hartmann, 1964) und KÖNIG DROSSELBART ( Walter Beck, 1965) prägte sie den DEFA-Märchenfilm der 1960er Jahre.
Katharina Lind (* 1936) trat bereits ein Jahr zuvor im Gegenwartsfilm ... UND DEINE LIEBE AUCH ( Frank Vogel, 1962) an der Seite von Armin Mueller-Stahl erstmals bei der DEFA in Erscheinung. Später folgten Engagements in Egon Günthers ABSCHIED (1968) und Horst E. Brandts KLK AN PTX – DIE ROTE KAPELLE (1970).
Echo
Die zeitgenössische Kritik lobte die Verfilmung insbesondere vor dem Hintergrund der vermittelten Aussage, dass Fleiß und Arbeit sich auszahlen. Herausgestellt wurden neben den Trickeffekten auch die Leistungen der mitwirkenden Schauspieler, speziell von Katharina Lind, die zum „seltenen Typ der weiblichen Charakterkomiker“ gehöre. Heutige Rezensenten stören sich mitunter an der „absolute(n) Gegeneinandersetzung von vermeintlich guten und schlechten Werten“.