Filmstill zu "Rotation"

Rotation

Wolfgang Staudtes Nachkriegsfilm ROTATION feierte vor 70 Jahren - am 16. September 1949 - seine Kinopremiere.

Kurzinhalt

Filmplakat zu "Rotation"

ROTATION

(R: Wolfgang Staudte, 1948- 1949) Grafiker: Kurt Geffers

Der Maschinenmeister Hans Behnke (gespielt von Paul Esser) steht im Zentrum der Filmhandlung. Den politischen Ereignissen in Deutschland zu Beginn der 1930er Jahre begegnet er mit Ignoranz. Er ist ein Mitläufer, der durch sein Wegsehen den Aufstieg der Nationalsozialisten begünstigt. Jedoch hilft er seinem Schwager Kurt (Reinhold Bernt) als dieser ihn bittet, eine Rotationsmaschine zu reparieren, die antifaschistische Flugblätter produziert. Als Hans’ Sohn Helmuth (Karl-Heinz Deickert), ein engagierter Hitlerjunge, davon erfährt, verrät er seinen Vater...
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Filmstill zu "Rotation"

Irene Korb und Paul Esser (Fotograf: Rudolf Brix)

Filmstill zu "Rotation"

Karl-Heinz Deickert (Mitte) (Fotograf: Rudolf Brix)

Hintergrund

Der Filmtitel nimmt Bezug auf die zum Druck der Flugblätter verwendete Rotationsmaschine. Die Maschine steht als Metapher für sich wiederholende Ereignisse – fortwährend dreht sich die Walze im Kreis. Ähnlich wie der fast zeitgleich von der DEFA produzierte Film DIE BUNTKARIERTEN ( Kurt Maetzig, 1948) rückte auch ROTATION das Schicksal einer deutschen Arbeiterfamilie in den Mittelpunkt. (siehe  DEFA-Film des Monats Juli 2019 – DIE BUNTKARIERTEN)

Trailer zu ROTATION (R: Wolfgang Staudte, 1949)

Zensurprobleme

ROTATION wurde 1948 gedreht, fand aber erst im September 1949 den Weg in die Kinos. Differenzen zwischen Regisseur  Staudte und der DEFA verzögerten die Fertigstellung. Ein Streit entbrannte um die Schlussszene, in der Hans Behnke die Uniform seines Sohnes – begleitet von den Worten „... und dies ist deine letzte Uniform.“ – ins Feuer wirft. Die Szene durfte bleiben; der Ausspruch wurde jedoch zensiert. Wenige Tage nach der Filmpremiere schrieb Staudte an die DEFA: „Die beiderseitig bekannten Vorkommnisse (...) haben mir gezeigt, dass es mir trotz meiner intensiven Arbeit vom Tag der Gründung des Hauses an nicht gelungen ist, den künstlerischen und politischen Kredit zu erhalten, der für mich die alleinige Voraussetzung für ein produktives Schaffen darstellt.“ Eine weitere Zusammenarbeit lehnte er zu diesem Zeitpunkt ab.

Regisseur: Wolfgang Staudte

Filmstill zu "Die Mörder sind unter uns"

Wolfgang Staudte

Fotograf: Eugen Klagemann

Wolfgang Staudte (1906–1984) inszenierte nach DIE MÖRDER SIND UNTER UNS (1946) und DIE SELTSAMEN ABENTEUER DES HERRN FRIDOLIN B. (1948) mit ROTATION bereits seinen dritten Spielfilm in der noch jungen DEFA-Geschichte. Über das Projekt äußerte der Regisseur später: „Ich hoffe, damals mit diesem Film meinen bescheidenen Beitrag geleistet zu haben, die Wahrheit zu nennen und das Gewissen aufzurütteln, daß jeder Einzelne dafür sorgen muss, daß ähnliche Verbrechen nicht mehr geschehen können (...)“. 1951 war Staudte wieder für die DEFA tätig. In seinem zur Entstehungszeit umstrittenen Film DER UNTERTAN kritisierte er erneut die Haltung des Kleinbürgertums. Staudte realisierte – nunmehr mit einem unpolitischen Stoff betraut – mit DIE GESCHICHTE VOM KLEINEN MUCK (1953) die zuschauerstärkste DEFA-Produktion aller Zeiten. Fast 13 Millionen Besucher strömten in die Kinos. Mit dem aufgrund von Differenzen mit  Bertolt Brecht und Helene Weigel abgebrochenen Spielfilmprojekt MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER (1955) endete Staudtes Tätigkeit bei der DEFA.

Neue Gesichter auf der Leinwand

Filmstill zu "Rotation"

Paul Esser

Fotograf: Rudolf Brix

Hauptdarsteller Paul Esser (1913–1988) spielte in ROTATION seine erste große Filmrolle und gab zugleich sein DEFA-Debüt. In den Folgejahren übernahm er in vielen wichtigen DEFA-Produktionen tragende Rollen: DER KAHN DER FRÖHLICHEN LEUTE (Hans Heinrich, 1949), DIE LUSTIGEN WEIBER VON WINDSOR (Georg Wildhagen, 1950), DAS KALTE HERZ (Paul Verhoeven, 1950). Die Rolle des Regierungspräsidenten von Wulckow in DER UNTERTAN (1951) war sein letztes DEFA-Engagement.

Neben Esser feierte Irene Korb (1923–1978), die zuvor am Stadttheater Cottbus in Erscheinung trat, ihr Leinwanddebüt. Für Brigitte Krause (1929–2007) war es nach einer kleinen Rolle in DIE BUNTKARIERTEN bereits der zweite Filmauftritt. Auch der zum Zeitpunkt der Dreharbeiten 17-jährige Karl-Heinz Deickert (1931–2007) spielt erstmals in einem DEFA-Film. Bis 1952 war er in vier weiteren DEFA-Produktionen zu sehen. In West-Deutschland drehte er später einige Fernsehfilme.

Echo

Die Premiere von ROTATION fand gleichzeitig im Kino Babylon und erstmals im neuen DEFA-Theater in der Berliner Kastanienallee statt. Die Presse urteilte im Anschluss überwiegend anerkennend. Wolfgang Joho schrieb in seiner Kritik vom 18. September 1949 im Neuen Deutschland: „Kein falsches Pathos, keine falschen Töne, sondern künstlerischer d.h. auf das Wesentliche verdichteter Realismus, kennzeichnen Regie, Fotografie und (...) die Leistung des Darstellerkollektivs.“ ROTATION gewann 1954 auf dem Filmfestival von Locarno den Goldenen Leoparden. Es blieb der einzige DEFA-Film, dem diese Auszeichnung jemals zuteil wurde.

Verfasst von Philip Zengel (September 2019).

Filmstill zu "Rotation"

Wolfgang Staudte während der Dreharbeiten (1948) Fotograf: Rudolf Brix

Filmstill zu "Rotation"

Wolfgang Staudte während der Dreharbeiten (1948) Fotograf: Rudolf Brix

Weiterführende Literatur

  • Blauert, E. (Hrsg.) (1969). Die Mörder sind unter uns – Ehe im Schatten – Die Buntkarierten – Rotation. Filmerzählungen. Berlin: Henschel.
  • Brandlmeier, T. (2013). Über das deutsche Nachkriegskino. In W. Storch & K. Ruschkowski (Hrsg.), Deutschland – Italien. Aufbruch in Diktatur und Krieg. Dresden: Sandstein.
  • Habel, F.-B. (2017). Die Buntkarierten. In Das große Lexikon der DEFA-Spielfilme (S. 129-130). Berlin: Schwarzkopf & Schwarzkopf.
  • Joho, W. (18. September 1949). Nicht originell, sondern wahr und nötig. Neues Deutschland, S. 3.
  • Poss, I. & Warnecke, P. (Hrsg.) (2006). Spur der Filme. Zeitzeugen über die DEFA. Berlin: Ch. Links.
  • Schenk, R. (2017). Über die Filme von Wolfgang Staudte. In A. Gerlach & U. Schmidt Lenhard (Hrsg.), Wolfgang Staute „... nachdenken, warum das alles so ist“. Marburg: Schüren.
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