WEISSE WÖLFE
Ein DEFA-Indianerfilm mit Gojko Mitic
Vor 50 Jahren feierte der vierte DEFA-Indianerfilm WEISSE WÖLFE seine Premiere auf der Freilichtbühne Berlin-Grünau. Aus diesem Anlass zeigt die DEFA-Stiftung zusammen mit dem Hofkino:Berlin den Film am 10. Juli unter freiem Himmel im Innenhof des FMP1 – Hauptdarsteller Gojko Mitic kommt zum Filmgespräch!
Kurzinhalt
Die Filmhandlung von WEISSE WÖLFE knüpft an die Ereignisse des im Vorjahr von der DEFA produzierten Indianerfilms SPUR DES FALKEN (R: Gottfried Kolditz, 1968) an. Die Indianerkriege sind nun beendet und die Situation der nordamerikanischen Ureinwohner hat sich weiter verschärft. Dakota-Häuptling Weitspähender Falke (gespielt von Gojko Mitic) verfügt nur noch über wenige Anhänger. Nach der Flucht aus der Reservation wird seine Squaw Blauhaar (Lali Meszchi) von den Banditen hinterrücks ermordet. Im Stil eines Märtyrers sinnt er auf Rache…
Hier finden Sie die Filmdaten.
Hintergrund
WEISSE WÖLFE wurde als Koproduktion mit dem Studio Bosna-Film in Sarajevo unter der Regie von Konrad Petzold und Boško Bošković realisiert. Petzold drehte in den Folgejahren weitere Produktionen in diesem Genre: TÖDLICHER IRRTUM (1970), OSCEOLA (1971) und DER SCOUT (1983).
Der DEFA-Chefindianer: Gojko Mitic
Hauptdarsteller Gojko Mitic wurde in den 1960er Jahren über die Grenzen der DDR hinaus zum Idol für Millionen Kinder und Jugendliche. Ursprünglich stammt Mitic aus einem kleinen Dorf in der Nähe der Stadt Leskovac im heutigen Serbien. Der Schauspielerei widmete er sich zunächst nur als Nebenverdienst zu seinem Sportstudium in Belgrad. Erste Bekanntheit erlangte Mitic unter anderem durch mehrere Auftritte in den westdeutschen Winnetou-Filmen. Seine größte Rolle spielte er dort als Schoschonen-Häuptling Wokadeh in Alfred Vorhers UNTER GEIERN (1964). Als kurze Zeit später die DEFA in Person von Produktionsleiter Hans Mahlich auf Mitic zukam und ihm die Rolle des Tokei-ihto in DIE SÖHNE DER GROSSEN BÄRIN (R: Josef Mach, 1965) anbot, handelte es sich für ihn zunächst nur um einen weiteren Film, in dem er mitwirken sollte. Der Erfolg, der sich einstellte, war nicht vorhersehbar.
Die Schriftstellerin und Expertin für die Kultur der nordamerikanischen Urbevölkerung Liselotte Welskopf-Henrich urteilte bereits vor Beginn der Dreharbeiten zum ersten DEFA-Indianerfilm über Mitic:
Ein eingespieltes Team
Erstmals drehte die DEFA die Fortsetzung eines Indianerfilms. Zum zweiten Mal spielte Gojko Mitic den Häuptling Weitspähender Falke. Die Figur ist angelehnt an den Cheyenne-Indianer Little Wolf, der 1879 mit einer kleinen Krieger-Schar aus der Reservation flüchtete und verborgen im Gebirgszug der Black Hills lebte. Viele weitere Darsteller, die bereits in SPUR DES FALKEN tragende Rollen spielten, wurden ein weiteres Mal besetzt: Holger Mahlich (als Pat Patterson), Fred Delmare (als Hilfssheriff Peter Hille), Helmut Schreiber (als Händler Blake) und Rolf Hoppe (als Bösewicht Blashan). Hoppe sollte eigentlich in SPUR DES FALKEN den Filmtod sterben, doch die Produktion änderte ihre Entscheidung und Blashans Part in WEISSE WÖLFE wurde Hoppe auf den Leib geschrieben. Als Gast-Star wirkte erneut die polnische Schauspielerin Barbara Brylska in der Rolle der Catherine Emerson mit. Brylska zählte damals zu den populärsten Schauspielerinnen Polens.
Filmkomponist Karl-Ernst Sasse
Einen kleinen, von vielen unbemerkt gebliebenen Cameo-Auftritt am Klavier hat der Filmkomponist Karl-Ernst Sasse (1923-2006). Ab 1964 avancierte der frühere Dirigent des DEFA-Sinfonieorchesters zum gefragtesten Filmkomponisten bei der DEFA. Bis zu Beginn der 1990er Jahre arbeitete er dort für rund 90 Produktionen und schuf etwa 400 Filmmusiken. Klaus-Dieter Felsmann bezeichnet ihn in seinem Buch „Klang der Zeiten. Musik im DEFA-Spielfilm – Eine Annäherung“ aufgrund seines hohen Arbeitspensums „als Monolith“ unter den DEFA-Komponisten. Bemerkenswert auch die hohe Flexibilität des Komponisten – vom Kinderfilm über den historischen Epos bis zum Science-Fiction-Abenteuer bediente Sasse stilsicher alle Genres. Bei insgesamt fünf DEFA-Indianerfilmen war Karl-Ernst Sasse für die musikalische Begleitung zuständig. Für WEISSE WÖLFE vertraute er auf das große Orchester und schuf eine Musik, die sich vor großen Hollywood-Westernmelodien nicht zu verstecken braucht. Die eingängige Melodie kann auch im Original-Filmtrailer angehört werden:
Drehorte
Der Großteil der Dreharbeiten fand in der Hohen Tatra und im Dinarischen Gebirge statt. Andere Außenaufnahmen entstanden in der DDR. So lag die Westernstadt Tanglewood in der Nähe der Ortschaft Langerwisch im heutigen Brandenburg und konnte auch noch Jahre später dort bestaunt werden. Die Szene, in der sich die Indianer durch die Kälte entkräftet durch das winterliche Gebirge quälen, wurde bei sommerlichen Temperaturen in der Nähe von Halle an der Saale gedreht.
Verfasst von Philip Zengel (Juni 2019).
Weiterführende Literatur
- Boller, R. (2018). Wilder Westen made in Germany. Frankenthal: Mühlbeyer.
- Felsmann, K.-D. (2013). Klang der Zeiten: Musik im DEFA-Spielfilm – Eine Annäherung. Berlin: Bertz + Fischer.
- Habel, F.-B. (1997). Gojko Mitic, Mustangs, Marterpfähle. Die DEFA-Indianerfilme. Berlin: Schwarzkopf und Schwarzkopf.
- Mitic, G. & Wolf, A. (1996). Gojko Mitic. Erinnerungen. Berlin: Ullstein.
- Nowotny, E. (1976). Gojko Mitic. Berlin: Henschelverlag.
- Seim, A. (2016). Cowboy & Indianer made in Germany: Sonderausstellung des Badischen Landesmuseum Karlsruhe. Karlsruhe: Badisches Landesmuseum.