Die Hochschule und ihr Namensgeber
Stationen einer Beziehung
Verfasst von Prof. Dr. Michael Wedel
1985
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Konrad Wolf
während der Dreharbeiten zu DER GETEILTE HIMMEL (1964) Fotograf: Werner Bergmann
Die heutige Filmuniversität Babelsberg, die damals Hochschule für Film und Fernsehen der DDR hieß, erhielt ihren Beinamen „Konrad Wolf“ am 18. Oktober 1985. Die Verleihung geschah im Auftrag des Kulturministers der DDR und wurde mit einem Festakt begangen. Das Datum der Umbenennung war sorgsam gewählt. Sie fiel gerade noch ins 30. Jahr des Bestehens der Hochschule und fand unmittelbar vor dem 60. Geburtstag des drei Jahre zuvor verstorbenen Regisseurs und langjährigen Präsidenten der Akademie der Künste der DDR statt. Die mit der Namensgebung verbundene Ehrung wies also in beide Richtungen – gewürdigt werden sollten sowohl die Verdienste des Namensgebers als auch diejenigen der Empfängerin des Namens.
Mit Konrad Wolf wurde einer der bedeutendsten Künstler und wichtigsten Kulturfunktionäre der DDR zum Namengeber der Hochschule, nicht etwa einer ihrer Absolventen und/oder ehemaligen Dozenten. Filmregie hatte Wolf in Moskau am VGIK studiert, gelehrt hat er dieses Fach an der Babelsberger Filmhochschule nie, wobei es ihm an Zeit und Gelegenheit, keineswegs an Anfragen von Seiten der Hochschule gefehlt hat. Allerdings fanden nicht immer alle Lehrkonzepte, die an der Hochschule befolgt wurden, seinen Beifall. Immerhin war er über die Jahre verschiedentlich zu Gast, um eigene Filme vorzustellen und sie mit Studierenden zu diskutieren. Zudem gehörte Konrad Wolf zu den ersten Regisseuren der DEFA, die Absolventen und Absolventinnen als „Meisterschüler“ annahmen und ihren Übergang in den Studiobetrieb begleiteten. Ein engeres Verhältnis – nicht unbedingt zu den Lehrenden, eher zu den Studierenden – zeichnete sich erst kurz vor seinem Tod ab, als er im Januar 1982 in der letzten von ihm initiierten und persönlich geleiteten Veranstaltung an der Akademie der Künste unter dem Titel „Der erste Film“ studentische Abschlussarbeiten der Hochschule vorführen und diskutieren ließ. Anlässlich der bevorstehenden Umbenennung der Hochschule erwiderten drei Jahre später Studierende diese Geste mit dem 30-minütgen Film Das Debüt – Versuch eines Dialogs, der in Form eines Geistergesprächs die abgebrochene Unterhaltung mit Konrad Wolf fortführt und Fragen nach dem Wert und der Bedeutung erster Filme nachgeht.1
An der Hochschule wurde der ihr verliehene Ehrenname als Auszeichnung, vor allem aber als eine Verpflichtung aufgefasst, auf die sie in zahlreichen Glückwunschschreiben auch mit Nachdruck hingewiesen wurde. So stellte der Verband der Film- und Fernsehschaffenden in seinem Gratulationsschreiben fest, „welch hohe Auszeichnung diese Namensverleihung darstellt und welch große Verpflichtung sie für Studierende, Lehrer, Dozenten und Professoren beinhaltet“: „Im Geiste Konrad Wolfs zu arbeiten, heißt für jeden Künstler, mit seiner Kunst dem Fortschritt der Menschheit zu dienen, tatkräftig für die Bereicherung und Weiterentwicklung unserer sozialistischen Nationalkultur zu wirken, die im Zeichen des Friedens, der Völkerverständigung und der Menschlichkeit steht.“2 Weniger pathetisch (jedoch kaum weniger staatstragend) formulierte es der Vertreter der Akademie der Künste, der mit der Namensgebung schlicht die Hoffnung verband, dass „die Ausbildung des künstlerischen Nachwuchses an der Hochschule für Film und Fernsehen der DDR verknüpft wird mit der Aneignung und Aufarbeitung des von Konrad Wolf hinterlassenen kulturpolitischen und künstlerischen Erbes in seinen Schriften und Filmen zum Nutzen der Deutschen Demokratischen Republik“.3 Mit dieser Aufarbeitung hatte die Hochschule freilich im Vorfeld längst begonnen. Eine Publikation mit Erinnerungen an und Texten von Konrad Wolf lag in der hochschuleigenen Schriftenreihe pünktlich zum Stichtag vor4, ein den Montageprinzipien in Der geteilte Himmel (1964) gewidmeter Lehrfilm war im Entstehen begriffen5, ein Kolloquium zum Gesamtwerk angekündigt. Als knapp fünf Jahre später in der Schriftenreihe der Hochschule der nächste Band zu Konrad Wolf erschien, der unter Mitwirkung von Autorinnen und Autoren aus beiden Teilen Deutschlands einlöste, was sich das seinerzeit geplante Kolloquium vorgenommen hatte6, hörte die DDR gerade auf zu existieren. Der Beitrag, den er laut Untertitel zu ihrer Kulturgeschichte leisten wollte, ließ sich nunmehr historisch lesen.
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Konrad Wolf im Gespräch während der Arbeiten an PROFESSOR MAMLOCK (1960/61) Fotograf: Walter Ruge
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Konrad Wolf am Set von DER KLEINE PRINZ (1966) Fotograf: Rudolf Meister
1991
Die Wiedervereinigung drohte ganz konkrete Folgen für den Namenszusatz der Hochschule zu zeitigen. Als er Anfang September 1991 im Brandenburgischen Hochschulgesetz nicht auftaucht, der Hochschule für Film und Fernsehen bei der Neuformulierung des Gesetzestexts nicht nur der Zusatz „der DDR“, sondern auch „Konrad Wolf“ stillschweigend gestrichen wurde, unterschätzte die Hochschulleitung in Person des Rektors Wolf-Dieter Panse zunächst die Verbindlichkeit des ministerialen Verwaltungsakts. Der Presse teilte er mit: „Mich jetzt gegen die Landesentscheidung zu wehren und den Gesetzestext ändern zu lassen, halte ich im Moment für unangebracht, da für uns an ganz anderer Stelle Handlungsbedarf besteht und wir mit dem Ministerium zusammenarbeiten müssen. […] Wir haben hier um das Schicksal vieler Personen, die für die HFF von Bedeutung sind, zu kämpfen. Der Name Konrad Wolf ist da wirklich nicht entscheidend […].“ Mit Verweis auf Markus Wolf, der als ehemaliger Chef des Auslandsgeheimdienstes der DDR zu diesem Zeitpunkt noch zur Fahndung ausgeschrieben war, fügte er hinzu: „Ich lege die Namenstilgung eindeutig politisch aus, sie hat weniger mit Konrad Wolf als mit dessen Bruder zu tun.“7 Für die öffentliche Äußerung dieser Vermutung rechtfertigte sich Panse, dem es sichtlich darum zu tun war, bei der übergeordneten Behörde keine nachhaltigen Irritationen auszulösen, umgehend in einem ausführlichen Schreiben an den Landesminister für Wissenschaft, Forschung und Kultur. In ihm teilte er unter anderem mit: „Am 17.9.91 wird unser Akademischer Senat Stellung nehmen, ihm folgt Anfang Oktober die Auswertung im Studentenrat. Ich denke aber, bis dahin könnte eine Presseerklärung schon endgültig geklärt haben, daß es keinen Grund zu so hochgereizten Aufregungen gibt. Unseren Mitarbeitern und erfreulicherweise darüber hinaus vielen Menschen im Lande gilt Konrad Wolf als rare Inkarnation vorbildlichen, integren Künstlertums, (Konrad, nicht Markus!). Sein Name in unserem Titel ist keine Sentimentalität, sondern Programm.“8 Nur einen Tag später legte er in einer „Gegendarstellung“ zur weiterhin heiß laufenden Berichterstattung jedoch noch nach, betont dabei abermals seine Arglosigkeit im Verfahren, das zur aktuellen Situation geführt hat: „Die Auslassung des Namens im Brandenburgischen Hochschulgesetz entspricht bundesweiter Gepflogenheit, so daß sie während der Entwurfsdebatte keinerlei Beanstandung fand. Sollten sich allerdings Meinungen bewahrheiten, daß auf indirekte Art eine generelle Tilgung des Namens beabsichtigt worden wäre, so müßte das von uns als Taschenspielerei verstanden werden, daß es darüber keine Verständigung gegeben hat. Die Namensgebung ist ein hochschulautonomer Akt.“9
Unmittelbar nach Bekanntwerden hatte von Seiten der Studentenschaft Andreas Dresen einen kurzen Text aufgesetzt, der nicht zuletzt an die Hochschulleitung adressiert war. Er fand deutliche Worte:
„Verdrängung statt Umgang mit der eigenen Geschichte scheint sich momentan wieder mal als typisch deutsches Phänomen zu bewahrheiten. Oder wie sonst sollte man das klammheimliche Streichen von Konrad Wolf aus dem Hochschulnamen […] nennen? […] Der Name Konrad Wolf bedeutete für mich nie blinde Verehrung oder gar Götzenkult, sondern vielmehr die Aufnahme einer bestimmten sozial engagierten und gesellschaftskritischen Traditionslinie ostdeutschen Filmschaffens oder – ja, sagen wir es ruhig – des Filmschaffens der DDR. Und da war Konrad Wolf nie einer von den Feigen.“
Andreas Dresen
Weiter heißt es: „[…]. Er hat die Diskussion gesucht, im Gegensatz zu denen, die jetzt selbstherrlich die Entscheidung gefällt haben. […] Hat irgendjemand vielleicht mal die Studenten, Lehrer und Mitarbeiter der Filmhochschule zur Streichung des Namens befragt? Mir jedenfalls ist nichts davon zu Ohren gekommen. […] Ich jedenfalls werde erst wieder Achtung für Rektor und Senat dieser Schule empfinden, wenn sie sich mit aller Entschiedenheit gegen diese von Borniertheit, Ignoranz und Kleingeist getragene Entscheidung zur Wehr setzen und die längst überfällige Diskussion gegenüber den politisch Verantwortlichen einfordern. Wir dürfen nicht zulassen, daß man uns einfach übergeht und vor vollendete Tatsachen stellt, sondern sollten den Namen Konrad Wolf zurückerobern – als Teil von uns und unserer Vergangenheit und ganz in seinem Sinne. Damit nicht alles einfach, nur ganz anders bleibt!“10 Ähnlich unmissverständliche Worte hätte man sich schon zu einem früheren Zeitpunkt von höherer Stelle gewünscht.
Noch bevor sich die Hochschulgremien (womöglich mit vergleichbarer Schärfe) positionieren konnten, beendete das Ministerium per Pressemitteilung die Diskussion, indem sie sie für „überflüssig“ erklärte: „Einen Schlußstrich unter die völlig überflüssige Diskussion des Namenszusatzes der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg ‚Konrad Wolf‘ hat der Brandenburgische Wissenschaftsminister Hinrich Enderlein gezogen. Nach Ansicht von Enderlein ist es Sache der Hochschulen sich selbst Namen zu geben und weiterzuführen, die an die im Hochschulgesetz festgelegten Bezeichnungen angefügt werden. Wenn die dafür zuständigen Hochschulorgane der HFF sich für die Weiterführung von ‚Konrad Wolf‘ in der Grundordnung der Hochschule aussprechen, so steht dem nach Enderlein nichts entgegen. Enderlein hofft nunmehr, daß sich die Diskussion wieder den vorrangigen Fragen und inhaltlichen Problemen zuwenden wird […].“11
Diesem Erklärungsmuster folgend, blieb der Wortlaut des Gesetzestexts unverändert, der Name Konrad Wolf aus dem Brandenburgischen Hochschulgesetz weiterhin getilgt. Um die Jahreswende 1999/2000, das Gesetz war gerade novelliert worden und eine Neufassung der Grundordnung der HFF stand an, nahm die dafür zuständige Kommission diesen Umstand zum Anlass, einen Diskussionsprozess anzustoßen, der in eine Urabstimmung über die Benennung der Hochschule münden sollte. Aufgrund der zunehmenden Unkenntnis der hinter dem Namen verborgenen Person – berichtet wurde über Produktionsfirmen, die Briefe an den Hochschulrektor Konrad Wolf adressierten, und über Studierende, die ihn für den Gründer der Hochschule hielten – wurde im Protokoll der Sitzung vom 11. Januar 2000 vermerkt: „Ob wir den Ehrennamen beibehalten oder nicht – für beides gibt es sicher Befürworter und Gegner –, wir sollten uns Zeit für eine gründliche und sachliche Diskussion nehmen und auch überlegen, auf welchem Wege wir eine verbesserte Kenntnis der Persönlichkeit und des Werkes von Konrad Wolf vermitteln können, falls wir uns für eine Beibehaltung des Namens entscheiden.“12 Anders gesagt: Wie man der Verpflichtung besser gerecht werden kann, die schon bei der Verleihung mit dem Namen verbunden war. Ob es tatsächlich am Ende der hier angestoßenen Diskussion zu einer Urabstimmung gekommen ist, ist fraglich. An der Benennung wurde jedoch nicht gerüttelt. Dem selbstverordneten Auftrag, den Namensgeber im Gedächtnis der (Hochschul-)Öffentlichkeit zu halten, wurde stattdessen zum nächsten runden Geburtstag Konrad Wolfs, seinem 80. im Oktober 2005, mit der Ausrichtung eines international besetzten Symposiums nachgekommen.13
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Konrad Wolf am Set von DER NACKTE MANN AUF DEM SPORTPLATZ (1973) Fotografen: Wolfgang Bangemann, Alexander Kühn
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Konrad Wolf während der Dreharbeiten zu MAMA, ICH LEBE (1976) Fotograf: Michael Göthe
2007
Exakt zwei Jahre später trat Dieter Wiedemann – 1995 Nachfolger Wolf-Dieter Panses im Amt des Rektors, ab 2000 dann als Präsident – im Rahmen der Immatrikulationsfeier zur Eröffnung des Wintersemesters 2007/08 erstmals mit den Plänen an die Öffentlichkeit, die Hochschule zur ersten Filmuniversität der Republik weiterzuentwickeln. Schnell wird bekannt, dass der Antrag, den die HFF in dieser Sache beim Ministerium gestellt hat, eine entsprechende Umbenennung in „Babelsberger Filmuniversität“ – ohne den Zusatz „Konrad Wolf“ – vorsieht. Gegenüber der Presse begründete Wiedemann diesen Schritt damit, dass sich die Institution auf diese Weise besser vermarkten lasse und international leichter identifizierbar sei. Der Verzicht auf den Beinamen sei dabei „keine Frage von Ost oder West“, zitiert ihn die Berliner Morgenpost, vielmehr werde es schlicht „immer schwieriger, jungen Leuten begreiflich zu machen, wer Konrad Wolf eigentlich war“; es sei „eine Frage der Zeit“, der Name einfach „nicht mehr modern“.14 Gegen die ins Spiel gebrachte Idee, ersatzweise einen Nachwuchspreis unter dem Namen Konrad Wolfs auszuloben, verwahrte sich die Akademie der Künste mit dem Hinweis, dass sie bereits seit 1986 einen Filmpreis vergibt, der den Namen ihres ehemaligen Präsidenten trägt.15
In den Gremien der Hochschule selbst wurde der Umgang mit ihrem Beinamen zu diesem Zeitpunkt noch kontrovers diskutiert. Auch in der Öffentlichkeit waren die Ansichten geteilt. Im Laufe der nächsten Wochen gingen zahlreiche Protestschreiben von Verbänden und Kultureinrichtungen, Künstlern und Filmschaffenden, ehemaligen Lehrenden und Studierenden ein, die sich für den Erhalt Konrad Wolfs im Namen einer geplanten Filmuniversität aussprachen. Zu denjenigen, die Unmut und Unverständnis bekundeten, gehörten die Regisseure Egon Günther, Eberhard Görner, Roland Oehme und Rolf Losansky, die Schauspielerin Angela Brunner, der ehemalige HFF-Rektor und damalige PDS-Vorsitzende Lothar Bisky, der Präsident der Akademie der Künste Klaus Staeck und der Vorsitzende der Stiftung Deutsche Kinemathek Hans Helmut Prinzler.
Der gerade erst in den Ruhestand versetzte Dramaturgie-Professor Peter Rabenalt äußerte sein Entsetzen in einem persönlichen Schreiben mit den Worten16:
„Es kann doch wohl nicht sein, dass irgendein Image-Berater mit den Argumenten von Werbestrategen der Hochschule ihr historisches und weltanschauliches Identitätssymbol ausreden kann! Die HFF will doch keine Seife verkaufen!“
Peter Rabenalt
Auch Wolf-Dieter Panse wendete sich mit mahnenden Sätzen an seinen Nachfolger, in denen er die aktuelle Situation mit derjenigen unmittelbar nach der Wiedervereinigung verglich: „In meiner damaligen Position als Rektor der Schule sah ich mich bereits 1990 genötigt, den etwas verstohlenen Versuch einer solchen Liquidierung erfolgreich abzuwehren. […] Der jetzige Versuch ist dagegen prekärer, da er als (hochschul-)eigene Initiative angesehen werden kann, noch dazu im Fahrwasser universitärer Bemühungen.“17 Gewichtigen Einspruch machte auch Doris Borkmann, langjährige Regie-Assistentin Konrad Wolfs, geltend. Unter expliziter Zustimmung von Kurt Maetzig, dem Gründungsrektor der Hochschule, wies sie in ihrem Schreiben darauf hin, dass der geplante Ausbau zu einer Universität, an der Wissenschaft und Kunst, Theorie und Praxis Hand in Hand gingen, ganz im Sinne Konrad Wolfs gewesen wäre: „Der Name Konrad Wolf sollte also mehr denn je mit seiner Arbeit und seinem Leben verbunden den Studenten zum bedenkenswerten Begriff gemacht werden“. Im Übrigen könne sie nicht einsehen, was eine „Umorganisation von Hochschule auf Universität“ mit der Frage „der Erhaltung des Namens“ überhaupt zu tun hat.18
Der Empörung auf breiter Front wurde nur vereinzelt widersprochen. Wolfram Weimer, Chefredakteur des Magazins Cicero und Gastkolumnist der Potsdamer Neuen Nachrichten, gehörte zu den wenigen, die öffentlich dafür eintraten, den Namen abzulegen, indem er auf die Verstrickungen Konrad Wolfs in den Staatsapparat der „engen Diktatur“ DDR hinwies, die einer modernen und erfolgreichen Medienhochschule des 21. Jahrhunderts nicht gut zu Gesicht ständen.19 Insgesamt überwogen, innerhalb und außerhalb der Hochschule, jedoch die Stimmen, die den Menschen und Künstler Konrad Wolf nicht auf eine solche Karikatur reduziert sehen wollten und die gerade in den historischen Widersprüchen, in denen er sich mit seinen Filmen und seiner Arbeit zu bewegen hatte, den besonderen Wert der Assoziation mit seinem Namen erkannten. Zuletzt machte sich auch der damalige Ministerpräsident Matthias Platzeck den mehrheitlich geäußerten Vorschlag zu eigen, den Namen Konrad Wolfs mit der neuen Bezeichnung zu verbinden.20 Wenige Tage später informierten die Potsdamer Neuen Nachrichten ihre Leser mit Bezug auf eine entsprechende Pressemitteilung der HFF darüber, dass die „Namensstreichung […] vom Tisch“ sei: „Hochschulinterne Diskussionen hätten einen Konsens ergeben, der die Hochschule künftig als ‚Babelsberg Filmuniversität‘ sieht mit dem angehängten Namen ‚Konrad Wolf‘“.21
Seit 2014 trägt sie, am Ende noch leicht abgewandelt, diesen Namen. Nach wie vor halten sich Würdigung des Namensgebers und Verpflichtung zur – durchaus auch kritischen – Auseinandersetzung mit ihm die Waage. An den Ausschlägen in die eine oder andere Richtung lässt sich historisches Bewusstsein bilden. Dass das eine, die Würdigung, ohne das andere, die kritische Auseinandersetzung, nicht zu haben ist, hätte Konrad Wolf selbst auch so gesehen.
Quellennachweise
- Das Debüt – Versuch eines Dialogs (HFF 1985, Regie: Dietmar Heiduk, Buch: Torsten Schulz, 35 Minuten)
- Lothar Bellag, Präsident des Verbandes der Film- und Fernsehschaffenden der DDR, an das Präsidium der Hochschule für Film und Fernsehen der DDR, 18.10.1985, Hochschularchiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
- Robert Weinmann, in Vertretung des Präsidenten der Akademische der Künste, 18.10.1985, Hochschularchiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
- Konrad Wolf. Beiträge zur Film- und Fernsehwissenschaft, 26. Jg., Bd. 3, 1985.
- Montagefilm über den DEFA-Film „Der geteilte Himmel“ (HFF 1985, Buch und Realisation: Heike Stejskal, 40 Minuten)
- Konrad Wolf. Neue Sichten auf seine Filme. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte der DDR. Beiträge zur Film- und Fernsehwissenschaft, 31. Jg., Nr. 39, 1990.
- Ohne Gesicht weiter. Filmhochschule kämpft nicht um „Konrad Wolf“. Interview mit Wolf-Dieter Panse von Nadja Klinger. Junge Welt, 5.9.1991; Zeitungsausschnitt Hochschularchiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
- Wolf-Dieter Panse an Hinrich Enderlein, 6.9.1991, Hochschularchiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
- Wolf-Dieter Panse: Gegendarstellung, 7.9.1991, Hochschularchiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
- Andreas Dresen: Es lebe die Vergesslichkeit… 2-seitiges Typoskript, datiert 5.9.1991, Hochschularchiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
- „Enderlein: Diskussion über Namenszusatz der HFF überflüssig!“, Pressemitteilung Nr. 74/91, hg. v. Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur, 10.9.1991, Hochschularchiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
- abh [d.i. Angela Brendel-Hermann]: Streitbares / Ihre Meinung ist gefragt! Neue Bezeichnung für die HFF? Hochschulinterne Verlautbarung [Januar/Februar 2000], Hochschularchiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
- Das Symposium fand am 4. und 5.10.2005 an der Hochschule statt, mit Abendveranstaltungen im Filmmuseum Potsdam. Die zu diesem Anlass gehaltenen Vorträge wurde im letzten Band der Reihe „Beiträge zur Film- und Fernsehwissenschaft“ publiziert. Vgl. Michael Wedel und Elke Schieber (Hg.): Konrad Wolf – Werk und Wirkung (BFF, 45. Jg., Bd. 63), Berlin: Vistas Verlag 2009.
- Dirk Krampitz: Filmhochschule will auf den Namen Konrad verzichten. Ab dem Wintersemester 2008/09 soll sie zur „Babelsberger Filmuniversität“ werden. Land muss noch zustimmen. In: Berliner Morgenpost vom 30.10.2007, Zeitungsausschnitt im Hochschularchiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
- Präsidialsekretär Hans Gerhard Hansen an Dieter Wiedemann, 30.10.2007, Hochschularchiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
- Peter Rabenalt an Dieter Wiedemann, 7.11.2007; Hochschularchiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
- Wolf-Dieter Panse an Dieter Wiedemann, 11.11.2007; Hochschularchiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
- Doris Borkmann an das Präsidium der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf, 9.11.2007; Hochschularchiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
- Wolfram Weimer: Nomen es Omen. In: Potsdamer Neue Nachrichten vom 10.11.2007; Zeitungsausschnitt im Hochschularchiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
- Eventuell doch mit Konrad Wolf. HFF denkt über Erhalt ihres Namensgebers nach. In: Potsdamer Neue Nachrichten vom 9.11.2007; Zeitungsausschnitt im Hochschularchiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
- HFF behält „Konrad Wolf“. Namensstreichung für Filmuniversität vom Tisch. In: Potsdamer Neue Nachrichten vom 13.11.2007; Zeitungsausschnitt im Hochschularchiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.