Heiner Carow Preis an Wolfgang Fischer für STYX verliehen
Die DEFA-Stiftung verlieh am 22. Februar auf den 68. Internationalen Filmfestspielen Berlin 2018 den mit 5.000 Euro dotierten Heiner-Carow-Preis an Wolfgang Fischer für seinen Film STYX.
Jurybegründung:
Mit STYX ist dem Regisseur Wolfgang Fischer und seinem Team, voran den beiden überragenden Darstellern Susanne Wolff und Gedion Oduor Wekesa, ein in der Tiefe beeindruckender Film gelungen.
Auf der Grundlage eines klugen Buches, einer global relevanten Idee, eines Spürsinns und Gefühls für die Weltlage ist bei außerordentlicher Kameraführung, fein empfundener Bildmontage, feinsinnig abgestimmter Tonebene und vor allem dem meisterlichen Spiel der beiden Protagonisten ein Werk entstanden, das uns - geradezu atemberaubend - in unser aller Dilemma hineinführt.
Mitten im selbstgewählten lang erträumten Urlaubsprogramm wird eine selbstbewusste, souveräne Frau plötzlich bis ins Mark erschüttert, als Menschen, die in existenzielle Not geraten sind, ihre Pläne durchkreuzen. Ihre eigentliche Profession ist das Helfen und Heilen. Auf einmal ist sie mit einem Problem konfrontiert, dessen Lösung ihre Kräfte und Möglichkeiten übersteigt, zumal sie komplett auf sich allein gestellt ist. Hilfe und Unterstützung, um die sie wiederholt bittet, wird ihr versagt. Alleine gelassen, ist sie mit einem von ihr geretteten afrikanischen Jungen und mit seiner hoffnungslosen Gefühlslage konfrontiert.
Tief berührend führt uns der Film ihre Irritation vor Augen, eine Irritation, die wir möglicherweise alle brauchen, um die eigene und die ganze Welt neu sehen zu lernen.
Auf erschreckend selbstverständliche Weise sind plötzlich elementarste Fragen im Raum.
Was sind die Grundlagen unserer Existenz?
Wohin gehen unsere Fantasien, unsere Wünsche?
Passen diese noch zur Welt, zum kleiner gewordenen Planeten?
Unsere Konzepte, unsere Ambitionen - alles wackelt…das ganze schöne Gebäude…
Herausforderungen, die wir von nun an und in der Zukunft werden bewältigen müssen!!!
Herzlichen Glückwunsch zu diesem Film, der uns tief berührt hat, und mehr als nur ein Film ist.
Der Heiner-Carow-Preis wurde 2018 zum sechsten Mal verliehen. Über die Vergabe entschied die dreiköpfige Jury, bestehend aus Helene Hegemann (Autorin und Regisseurin), Barbara Barlet (DEFA-Stiftung) und Christian Steyer (Schauspieler, Komponist und Musiker). In der Auswahl waren deutsche Spiel-, Dokumentar- oder Essayfilme aus der Sektion Panorama. Die Preisverleihung fand am 22. Februar im Kino International statt.
Mit dem Preis erinnert die DEFA-Stiftung an den Regisseur Heiner Carow (1929-1997), der in den Babelsberger DEFA-Studios unter anderem Filme wie „Sie nannten ihn Amigo“ (1959), „Die Russen kommen“ (1968), „Die Legende von Paul und Paula“ (1973), „Ikarus“ (1976), „Bis dass der Tod Euch scheidet“ (1979) und „Coming out“ (1989) inszenierte. Für „Coming out“ erhielt er im Februar 1990 den Silbernen Bären im Berlinale-Wettbewerb.
Nach der Preisverleihung wurde erstmalig die digital restaurierte Fassung von Heiner Carows Film „Die Reise nach Sundevit“ (1966) mit Audiodeskription und Untertiteln für Hörgeschädigte gezeigt. Die Veranstaltung war barrierefrei und fand in Kooperation mit der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen statt.