DEFA-Chronik für das Jahr 1945
Die Anfänge der DEFA reichen bis in das Jahr 1944 zurück. Am 25. September 1944 treffen sich im Moskauer Hotel „Lux“ deutsche Emigranten beim Vorsitzenden der KPD, Wilhelm Pieck. Inhaltlich geht es um die Neugestaltung des kulturellen Lebens in Deutschland nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Für den Bereich Film spricht der Filmfachmann Hans Rodenberg. Das Hauptreferat hält der Dichter und Dramatiker Johannes R. Becher. Für die Neugestaltung des kulturellen Lebens nach Kriegsende wird im Januar 1945 eine Arbeitskommission der KPD gebildet, ihr gehören u.a. Paul Wandel, Anton Ackermann und Sepp Schwab an.
(Christiane Mückenberger: Zeit der Hoffnungen 1946-1949 In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 9)
April 1945
28. April
Der sowjetische Stadtkommandant von Berlin, Generaloberst Bersarin, erteilt die Erlaubnis zur Eröffnung von Theatern und Lichtspielstätten in Berlin.
Befehl Nr. 1 des Chefs der Besatzung der Stadt Berlin vom 28. April 1945
(Berlin-Museum , Abruf 3. November 2022)
Mai 1945
8. Mai
Die Vertreter des Oberkommandos der Deutschen Wehrmacht unterzeichnen in Berlin-Karlshorst die Urkunde der bedingungslosen Kapitulation.
(DDR-Zeittafel 1945-1987, Dietz Verlag Berlin, 1989)
Juni 1945
Die „Kammer der Kunstschaffenden“ wird zur Erfassung freiberuflicher Künstler beim Magistrat von Groß-Berlin gebildet. Unter der Leitung von Dr. Wolff von Gordon werden Pläne für eine neue Filmproduktion entwickelt. Wolff von Gordon wird 1947 Chefdramaturg der DEFA.
(Tägliche Rundschau, 9. Oktober 1945)
6. Juni
Oberstleutnant Ilja Fradkin von der sowjetischen Film-Verleihfirma „Sojusintorgkino“ lässt den Film IWAN DER SCHRECKLICHE (OT: IVAN GORSNYJ, R: Sergej Eisenstein, 1944), in deutscher Sprache synchronisieren. Deutsche Textfassung und Regie: Wolfgang Staudte.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1981, Teil I, S. 13; Christiane Mückenberger: Zeit der Hoffnungen 1946-1949 In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 10)
9. Juni
Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) wird gegründet. Sie übt bis 1949 die oberste Regierungsgewalt in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) aus.
(VOBl. Stadt Berlin Nr. 3/1945, S. 27)
10. Juni
Der Oberste Chef der SMAD erlässt den Befehl Nr. 2, der die Bildung und die Tätigkeit antifaschistisch-demokratischer Parteien sowie freier Gewerkschaften auf dem Territorium der sowjetischen Besatzungszone gestattet.
(VOBl. Stadt Berlin Nr. 3/1945, S. 28)
14. Juni
Die Afifa (Aktiengesellschaft für Film-Fabrikation) in Berlin-Köpenick stellt unter sowjetischer Leitung 1000 Farbkopien (vom Originalnegativ) des sowjetischen Märchenfilms DIE STEINERNE BLUME (OT: KAMENNYJ ZWETOK, R: Alexander Ptuschko) her.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1981, Teil I, S. 28)
Juli 1945
3. Juli
Der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands wird in Berlin gegründet.
(DDR-Zeittafel 1945-1987, Dietz Verlag Berlin, 1989)
4. Juli
Sojusintorgkino übernimmt alle zum früheren Ufa-Besitz gehörenden Filmtheater und ermöglicht ihre Inbetriebnahme.
(Deutsche Volkszeitung, 6. Juli 1945)
20. Juli
Premiere des sowjetischen Dokumentarfilms DIE BEFREIUNG BERLINS (OT: BERLIN, R: Juli Raisman, N. Spikowski) über die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1981, Teil I, S. 13)
August 1945
8. August
Der Präsidialrat des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands konstituiert sich. Zum Präsidenten wird Johannes R. Becher gewählt. Vizepräsidenten werden der Schriftsteller Bernhard Kellermann und der Maler Karl Hofer.
(DDR-Zeittafel 1945-1987, Dietz Verlag Berlin, 1989)
10. August
Premiere des ersten deutsch synchronisierten Films IWAN DER SCHRECKLICHE (OT: IVAN GORSNYJ, R: Sergej Eisenstein) in Berlin-West und -Ost im Marmorpalast am Kurfürstendamm und im Filmtheater am Friedrichshain.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1981, Teil I, S. 13)
25. August
Die Zentralverwaltung für Volksbildung, Präsident: Paul Wandel, nimmt als „beratende Körperschaft der SMAD“ die Arbeit auf. Die Abteilung Literatur-Kunst (und Film) wird von Herbert Volkmann geleitet.
(Christiane Mückenberger/Günter Jordan: „Sie sehen selbst, Sie hören selbst…“ Die DEFA von ihren Anfängen bis 1949. Hitzeroth 1994, S. 24)
Kurz danach erscheinen in Berliner Zeitungen Mitteilungen über die beabsichtigte Wiederaufnahme der deutschen Filmproduktion und ein Aufruf an die Filmschaffenden, sich bei der Zentralverwaltung zu melden.
(Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 13)
September 1945
4. September
Zur Wiedereinrichtung und Tätigkeit der Kulturinstitutionen (bekannt gegeben am 25. September) erlässt der Oberste Chef der SMAD den Befehl Nr. 51. Als wichtige Aufgaben werden u. a. genannt: Volle Befreiung der Kunst von nazistischen, rassistischen und anderen reaktionären Ideen und Tendenzen, aktive Verwendung der Kunstmittel im Kampf gegen den Faschismus und für die Umerziehung des deutschen Volkes im Sinne einer konsequenten Demokratie.
(DDR-Zeittafel 1945-1987, Dietz Verlag Berlin, 1989)
Der SMAD-Befehl Nr. 51 verpflichtet den Leiter der Zentralverwaltung für Volksbildung bis zum 1. Oktober „alle auf dem Gebiet des Theaters, der Musik, des Tanzes, des Films und der bildenden Künste tätigen Personen zu erfassen“.
(DDR-Zeittafel 1945-1987, Dietz Verlag Berlin, 1989; DEFA-Betriebsgeschichte 1981, Teil I, S. 16)
20. September
Eine Proklamation des Alliierten Kontrollrates über die Beschlagnahme des Filmvermögens des Deutschen Reiches wird juristisch wirksam. Zur Vermögensmasse zählt auch der UFI (UFA-Film GmbH)-Konzern mit seinen Studios in Babelsberg.
(Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 13)
Bis 30. September
Bei Herbert Volkmann melden sich daraufhin die Filmleute Werner Krien (Kameramann), Carl Haacker und Willy Schiller (Filmszenenbildner), Dr. Kurt Maetzig mit Marion Keller (damals beide Filmchemiker), Adolf Fischer (damals Schauspieler), Alfred Lindemann (Kaufmann), Hans Klering (Schauspieler) und andere. Sie bieten ihre Mitarbeit beim Aufbau einer neuen Filmproduktion an.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1981, Teil I, S. 24)
Carl Haacker, Willy Schiller, Kurt Maetzig, Alfred Lindemann, Adolf Fischer und Hans Klering sind die „Männer der ersten Stunde“: Mitglieder jenes Filmaktivs, das unter Aufsicht der Zentralverwaltung für Volksbildung und in enger Verbindung zum Zentralsekretariat der KPD eine neue deutsche Filmproduktion nach dem Kriege vorbereiten wird. Sie gelten als „Gründungsväter der DEFA“.
(Christiane Mückenberger: Zeit der Hoffnungen 1946-1949 In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 11; Tim Storch: Bundesarchiv/ Virtuelle Ausstellung 3. Mai 2016, Abruf 3. November 2022)
Oktober 1945
30. Oktober
Mit Befehl Nr. 124 des Chefs der SMAD werden alle dem Deutschen Reich (auf dem Gebiet der SBZ) gehörenden Vermögenswerte beschlagnahmt. Ausdrücklich werden die Filmbetriebe Ufa, Tobis, Tesch und Afifa als unter diesen Befehl fallend erklärt. Für die Verwaltung dieser Betriebe werden von der SMAD Treuhänder eingesetzt. Die Betriebe dürfen nur Aufträge von Einrichtungen entgegennehmen, die eine Lizenz der SMAD besitzen.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1981, Teil I, S. 16)
November 1945
22. November
Eine erste gemeinsame Beratung von 38 Filmschaffenden, Schriftstellern und Kulturfunktionären über den Aufbau einer neuen Filmproduktion in der SBZ findet im Berliner Hotel „Adlon“ unter Leitung von Paul Wandel statt. Teilnehmer sind die Regisseure Gerhard Lamprecht, Wolfgang Staudte, Hans Deppe, Boleslaw Barlog, Peter Pewas, Werner Hochbaum, Herbert Maisch, die Autoren Georg C. Klaren, Hans Fallada, Friedrich Wolf, Marion Keller sowie die Mitglieder des Filmaktivs (Carl Haacker, Willy Schiller, Adolf Fischer, Kurt Maetzig, Hans Klering) und andere.
(Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 14; Christiane Mückenberger/Günter Jordan: „Sie sehen selbst, Sie hören selbst…“ Die DEFA von ihren Anfängen bis 1949. Hitzeroth 1994, S. 24)
28. November
Auf Anweisung des sowjetischen Bezirkskommandanten von Berlin-Treptow übernimmt Dr. Albert Wilkening (vormals Patentanwalt/Staatsanwalt) die kommissarische Leitung der Tobis-Filmkunst GmbH.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1981, Teil I, S. 20)
Dezember 1945
15. Dezember
Carl Haacker, Filmszenenbildner und Mitglied des „Filmaktivs“, verunglückt bei einem Verkehrsunfall tödlich.
(Deutsche Volkszeitung, 16. Dezember 1945)
1945