DEFA-Chronik 1950
Im Zuge der „Kinofizierung“ (1950/51) werden in Kooperation von DEFA bzw. später dem Staatlichen Komitee für Filmwesen mit der Generaldirektion der Deutschen Reichsbahn D-Zug-Wagen zu Kinowagen für den Langstrecken-Einsatz umgebaut und mit Filmkopien versehen. In ausgewählten Bahnhöfen werden Zeitkinos zur Vorführung von Wochenschau, Kurz- und Trickfilmen eingerichtet. Erste Freilichtkinos entstehen.
(Günter Jordan: Film in der DDR, Daten - Fakten - Strukturen, Filmmuseum Potsdam, 2. Überarbeitete Fassung 2013, S. 229; Jeanpaul Goergen: DEFA auf Schienen: In: Leuchtkraft 2019, Journal der DEFA-Stiftung 2, S. 100ff)
Februar 1950
17. Februar
Premiere des DEFA-Spielfilms DER KAHN DER FRÖHLICHEN LEUTE (R: Hans Heinrich). Die DEFA-Kommission bezeichnet den Film als „kleinbürgerlich“, er erreicht aber die höchsten Besuchszahlen eines heiteren Gegenwartsfilms seit Gründung DEFA.
(ND, Berlin, 21. Februar 1950; fwb, DEFA-Spielfilme 1946-1964, Filmografie, Hrsg.: Staatliches Filmarchiv der DDR, S. 17; Ralf Schenk: Mitten im kalten Krieg 1950 bis 1960. In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 52)
März 1950
24. März
Gründung der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin. Zu den 22 Gründungsmitgliedern gehören u.a. Johannes R. Becher, Bertolt Brecht, Hanns Eisler, Erich Engel, Bernhard Kellermann, Wolfgang Langhoff, Ernst Legal, Max Lingner, Otto Nagel, Gret Palucca, Anna Seghers, Helene Weigel, Arnold Zweig. Zum Präsidenten wird Arnold Zweig gewählt. Die Akademie betrachtet sich als Rechtsnachfolgerin der Preußischen Akademie der Künste.
(Kulturpolitisches Wörterbuch, Berlin, 1978; Hans Gerhard Hannesen: Die Akademie der Künste in Berlin. Facetten einer 300jährigen Geschichte, Berlin, 2005)
April 1950
14. April
Uraufführung von „Aus unseren Tagen. Erstes Dokumentarfilm-Programm der DEFA“ im DEFA-Filmtheater in der Berliner Kastanienallee. Das Programm besteht aus den vier Dokumentarfilmen MAS FRITZ REUTER (R: Eva Fritzsche), DIE NEUEN HERREN VON LÜTZKENDORF (R: Werner Bergmann, Auftragsproduktion für den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund, Bundesvorstand Berlin), HO - HELFERIN ZUM BESSEREN LEBEN (R: Joop Huisken) und VON HAMBURG BIS STRALSUND (R: Andrew Thorndike). Dazu liefen ein „Augenzeuge“ und der Bildbericht SCHIERKE 50 über die ersten Wintersportmeisterschaften der DDR.
(Neue Film-Welt, 3/1950; Neue Film-Welt, 5/1950, S. 14; DEFA 1946-1964 Studio für Wochenschau und Dokumentarfilme FILMOGRAFIE, Henschel Verlag, Berlin, 1969, S. 24- MAS Fritz Reuter, S. 21 - HO, S. 27 - Von Hamburg bis Stralsund)
Mai 1950
Um das Kino-Angebot auf dem Land zu verbessern, wird im Mai 1950 ein selbständiges Referat Landfilm gebildet, das der Zentralverwaltung der MAS und ab 1952 dem Amt für Information zugeordnet wird.
(Neue Film-Welt, 1/1951, S. 15, 9/1951, S. 18, 2/1952, S. 28; Kurt Enz, Die Entwicklung des Filmtheaternetzes u. der Filmwiedergabetechnik in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und der DDR von 1945 bis zur Gegenwart, Manuskript vom 1. Oktober 1978, S. 52; Günter Jordan: Film in der DDR, Daten - Fakten - Strukturen, Filmmuseum Potsdam, 2. Überarbeitete Fassung 2013, S. 238f)
12. Mai
Premiere des DEFA-Spielfilms DER RAT DER GÖTTER (R: Kurt Maetzig). Die Filmschaffenden unternehmen den Versuch, die Verflechtung der deutschen Wirtschaft mit den Verbrechen des NS-Regimes filmisch zu fassen und stützen sich auf Protokolle der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse gegen die IG Farben.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1981, Teil 1, S. 124; Neue Film-Welt, 4/1950; Film und Fernsehen, 5/1991, S. 24: fwb, DEFA-Spielfilme 1946-1964, Filmografie, Hrsg.: Staatliches Filmarchiv der DDR, S. 26)
Der „Interministerielle Ausschuss für Ost-West-Filmfragen“ der BRD verbietet 1955 die öffentliche Aufführung des Films in der Bundesrepublik Deutschland. Erst 1967 wird er freigegeben.
Interne Filmvorführungen in der Bundesrepublik stoßen auf Ablehnung. So heißt es im Bericht über eine Vorführung im Rahmen eines Seminars im Studentischen Filmclub der Universität Bonn 1955: „Der Film wurde teils mit Gelächter, teils mit offener Empörung, teils mit ironischem Beifall (FDJ-Apotheose am Ende des Films) aufgenommen. Die Diskussion, die sehr gut besucht war, ließ indes erkennen, daß das Gemisch aus historischer Wahrheit und verlogener Geschichtsklitterung, das der Film in geschickt-demagogischer Montage bietet, für ein historisch nicht gebildetes, politisch inaktives und in der Ost-Film-analyse nicht versiertes Publikum nur schwerlich zu durchschauen wäre. […]“
(Ralf Schenk: Mitten im Kalten Krieg 1950 bis 1960. In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 60; Andreas Kötzing: Zensur von DEFA-Filmen in der Bundesrepublik . In: Bundeszentrale für Politische Bildung 2008, Abruf 12. Dezember 2022; Ralf Schenk: DEFA 1946-1992. 100 Jahre Studio Babelsberg. Filmmuseum Potsdam 2012, S. 129; Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e.V., Filmzensur WEST-OST. Der interministerielle Ausschuss und die Zensur von DEFA-Filmen in der Bundesrepublik Deutschland , Online-Datenbank, 2018, Abruf 14. April 2023)
Juni 1950
Im Auftrag des ZK der SED soll der Spielfilm FAMILIE BENTHIN (Arbeitstitel: Der Kalte Krieg) auf der Grundlage eines Drehbuchs von Johannes R. Becher, Slatan Dudow, Kurt Bartels und Ehm Welk gedreht werden, der die Dominanz des Ostens über den Westen belegen soll. Als Fertigstellungstermin ist September 1950 vorgegeben, damit der Film seine Wirkung zu den Volkswahlen 1950 entfalten kann. Slatan Dudow, Kurt Maetzig und Richard Groschop drehen in kürzester Zeit auf Bitten der DEFA Teile des Films unter der Maßgabe, nicht inhaltlich dafür verantwortlich gemacht zu werden. Sie halten das Drehbuch für nicht ausgereift und das ganze Vorhaben künstlerisch für indiskutabel. Da keiner der drei Regisseure unter „Regie“ im Vorspann des Films genannt werden will, kommt der Film nach Intervention Anton Ackermanns bei Kurt Maetzig mit einem Kompromiss in die Kinos. Im Vorspann heißt es: „Regie führte ein Kollektiv unter Leitung von Slatan Dudow und Kurt Maetzig.“
(Ralf Schenk: Mitten im Kalten Krieg 1950 bis 1960. In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 57ff; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 45f)
22. Juni
Die Wirtschafts- und Verwaltungsdirektion der DEFA verschickt an mehrere in Westberlin und Westdeutschland lebende Künstler einen Brief mit der Bitte, bereits abgeschlossene Verträge neu zu verhandeln. Dadurch will sie Honorarzahlungen in Westmark vermeiden. Die Mehrzahl der an der Jahresproduktion beteiligten Filmschaffenden aus den Gewerken Regie, Produktion, Kamera und Szenenbild kommt aus Westberlin.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1981, Teil 2, S. 36; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 43)
Juli 1950
Auf Beschluss der Regierung der UdSSR werden die Filmproduktionsstätten in Babelsberg sowie die Kopierwerke in Johannisthal, Köpenick als volkseigene Betriebe der DDR-Regierung übereignet und dem Ministerium für Leichtindustrie unterstellt.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1981, Teil 2, S. 25; FWB, 2/1977, S. 10; Günter Jordan: Film in der DDR, Daten - Fakten - Strukturen, Filmmuseum Potsdam, 2. Überarbeitete Fassung 2013, S. 133, 477)
4.–6. Juli
In Berlin findet der II. Deutscher Schriftstellerkongress statt. Dabei erfolgt die Gründung des Deutschen Schriftstellerverbandes im Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands. Hauptreferat Bodo Uhse: „Das neue Leben verlangt nach Gestaltung“. Anna Seghers wird zur Präsidentin gewählt.
(Aufbau, 8/1950, S. 678-687)
7. Juli
Das DEFA-Zeitkino im Bahnhof Friedrichstraße in Berlin wird eingerichtet. Gezeigt werden der „Augenzeuge“ und kurze Dokumentarfilme. Im Eröffnungsprogramm laufen neben dem neuesten „Augenzeugen“ die Kulturfilme FORMENDE HÄNDE (R: Hans Cürlis), DIE PFERDE - EIN KAPITEL AUS DER ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DES LEBENS (R: Fritz Brunsch) und dem Dokumentarfilm BESSERER STAHL (R: Günter Mühlpforte). Später werden von der DEFA auch Zeitkinos am Bahnhof Berlin-Alexanderplatz und am Hauptbahnhof in Leipzig eingerichtet.
(Deutsche Filmkunst, 2/1955, S. 91-92; Kurt Enz: Die Entwicklung des Filmtheaternetzes .... , Manuskript vom 1. Oktober 1978, S. 48, Textbeilagen, S. 4-5; Neue Film-Welt 9/1950, (Innenseite des Titelblattes), 9/ 1951, S. 30, 12/ 1951, S. 24; DEFA-Betriebsgeschichte 1984, Teil 2, S. 70; Jeanpaul Goergen: Vorwiegend aus politischen Gründen: Die DEFA-Zeitkinos in Berlin und Leipzig in den 50er Jahren: In: Leuchtkraft 2020, Journal der DEFA-Stiftung 4, S. 131ff)
15.–30. Juli
Erstmalig nimmt eine DDR-Delegation an dem 1946 ins Leben gerufenen an dem Internationalen Filmfestival in Karlovy Vary teil. Zur Delegation gehören u.a. Sepp Schwab und Falk Harnack als Vorstand der DEFA sowie Slatan Dudow, Albert Wilkening, Kurt Maetzig und Harry Hindemith. Mit 20 Spielfilmen, 26 Langmetrage-Dokumentarfilmen und 75 Kurzfilmen aus Ländern von Norwegen und Frankreich bis China, Korea und Mexiko ist die fünfte Ausgabe des Festivals international besetzt. Die DDR-Delegation trifft fünf Jahre nach Kriegsende persönlich auf Filmleute der Länder, mit denen Deutschland Krieg führte. Die fachliche Zusammenarbeit baut dabei eine Brücke. Als beste Farbfilmreportage wird der Film IMMER BEREIT ausgezeichnet. DER RAT DER GÖTTER erhält ein „Sonder-Ehrendiplom“.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1984, Teil 3, S. 21-23)
21. Juli
Der erste abendfüllende DEFA-Dokumentarfilm IMMER BEREIT (R: Kurt Maetzig und Feodor Pappe) kommt in die Kinos. Der Film zeigt alle Phasen des Deutschlandtreffens der Jugend im Mai 1950, von der Vorbereitung, der Anreise der Jugendvereinigungen bis zur Friedensdemonstration, an der 700.000 Jugendliche teilnehmen. Besonders betont wird die Teilnahme einer westdeutschen Delegation, die an der Seite von Jugendlichen aus der DDR u.a. ihren Willen zu einem einheitlichen Deutschland demonstriert. Nach dem Spielfilm DAS KALTE HERZ (R: Paul Verhoeven) ist das der zweite Film der DEFA, der in Farbe gedreht wird.
(Neue Film-Welt, 8/1950, S. 2-3; DEFA 1946-1964 Studio für Wochenschau und Dokumentarfilme FILMOGRAFIE, Henschel Verlag, Berlin 1969, S.23; Günter Jordan: Die frühen Jahre In: Schwarzweiß und Farbe, DEFA-Dokumentarfilme 1946-92. Filmmuseum Potsdam 1996, S. 38f)
August 1950
17. August
Das „Zentralinstitut für Film und Bild im Unterricht, Erziehung und Wissenschaft“ wird auf Beschluss des Ministerrates der DDR gegründet. Erster Direktor wird Werner Hortschanski.
(Neue Film-Welt, 1/1951 S. 22; Auf neuen Wegen. 5 Jahre fortschrittlicher Deutscher Film, Berlin, 1951, S. 142-150)
30. August
Der 1948 gegründete DEFA-Filmvertrieb wird mit dem sowjetischen Verleihbetrieb „Sovexportfilm“ (bis 1948 alleiniger Vertrieb aller Filme) zum Progress Film-Vertrieb GmbH unter deutsch-sowjetischer Leitung zusammenlegt. Sowjetischer Direktor wird G. N. Nikolajew; deutscher Direktor: Rudolf Bernstein.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1984, Teil 3, S. 76; Filmspiegel, 16/1975, S. 3, 14/1960, S. 8; Filmkurier, 7/1960, S. 2-5; Prisma - Kino u. Fernseh-Almanach 11, Berlin 1980, S. 60; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 46; Günter Jordan: Film in der DDR, Daten - Fakten - Strukturen , Filmmuseum Potsdam, 2. Überarbeitete Fassung 2013, S. 217)
September 1950
30. September
Die DEFA hat akute Finanznöte. Auf einer Vorstandssitzung wird als besonders negatives Beispiel der Märchenfilm DAS KALTE HERZ (R: Paul Verhoeven) genannt, das die ursprünglich geplanten Kosten um 3,2 Millionen DM überzogen hat. Die Architekten und Requisiteure werden angewiesen, ab sofort kein Material mehr aus dem Westen zu beziehen. Es wird befürchtet, dass das Studio 1951 überschuldet ist.
Auf der ersten Konferenz der leitenden und verantwortlichen Mitarbeiter der DEFA und der Atelierbetriebe werden erste Kennwerte erarbeitet, die für die Planung der Filme als Normative zugrunde gelegt werden sollen: eine durchschnittliche Drehzeit pro Film von 60 Tagen bei rund 45 Nutzmetern je Drehtag.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1984, Teil 2, S. 25-26; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 47)
Oktober 1950
Stefan Heymann, stellvertretender Leiter der Abteilung Parteischulung, Kultur und Erziehung des ZK der SED, schreibt in der Parteizeitschrift „Neuer Weg“ sehr kritisch über die DEFA-Produktion, besonders über „faschistische Gedankengänge“ bei dem Film DAS MÄDCHEN CHRISTINE (R: Arthur Maria Rabenalt) und „Volksgemeinschaft im faschistischen Sinne“ bei dem Film DIE KUCKUCKS (R: Hans Deppe).
(Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 47)
1. Oktober
Aufbau eines eigenen DEFA-Außenhandelsbetriebes, zunächst unter der Leitung von Richard Weimann, dann unter Charlotte Schlotter.
(Deutsche Filmkunst, 5/1956, S. 159; ND vom 12. Oktober 1955; Der Film-Agitator, November 1956, S. 2-7; Prisma, Kino und Fernseh-Almanach 11, Berlin 1980, S. 60-66; Günter Jordan: Film in der DDR, Daten - Fakten - Strukturen, Filmmuseum Potsdam, 2. Überarbeitete Fassung 2013, S. 224)
6. Oktober
Premiere des zweiten abendfüllenden DEFA-Dokumentarfilms DER WEG NACH OBEN (R: Andrew Thorndike, Karl Gass), der als Auftragsproduktion der Regierung der DDR entstand.
DER WEG NACH OBEN ist der erste Dokumentarfilm, den die DDR als Systemauseinandersetzung mit der BRD produziert. Wie der programmatische Titel andeutet, beschreibt der Film die wichtigsten Stationen der jungen DDR als »Chronik des Aufstiegs«, so der Arbeitstitel. Im Kontrast zu diesem Kanon fortschrittlicher Zeithorizonte zielt die Darstellung Westdeutschlands darauf ab, die BRD mit dem Nationalsozialismus in eine Linie zu stellen und in dieser Tradition als Vasallin der Westmächte bzw. Erfüllungsgehilfin imperialistischer US-Politik vorzuführen.
Trotz der hohen Produktionskosten startet der Film zunächst nicht in Berlin, sondern nur in der „Provinz“. DEFA-Direktor Schwab fürchtet, dass der Film im Premierenkino Babylon nicht ausreichend Zuschauer findet. Die Berliner Premiere findet erst einen Monat später, am 10. November, statt.
(Neue Film-Welt, 11/1950, S. 2; DEFA 1946-1964 Studio für Wochenschau und Dokumentarfilme FILMOGRAFIE, Henschel Verlag, Berlin 1969, S. 27; Matthias Steinle: Deutsch-deutsche Feindbilder: Die gegenseitige Darstellung von BRD und DDR im Dokumentarfilm der 1950er Jahre. DEFA Jahrbuch 2005, S. 92; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 48)
8. Oktober
Verleihung des Nationalpreises für Kunst und Literatur 1950.
- I. Klasse: Filmkollektiv des Spielfilms DER RAT DER GÖTTER um Kameramann Friedl Behn-Grund, Regisseur Kurt Maetzig, Szenenbildner Willy Schiller, Autor Friedrich Wolf und Johannes R. Becher, Präsident des Kulturbundes und Vizepräsident der Deutschen Akademie der Künste sowie Mitautor am Drehbuch FAMILIE BENTHIN.
- III. Klasse: Filmkollektiv des Spielfilms UNSER TÄGLICH BROT um Kameramann Robert Baberske, Regisseur Slatan Dudow, Schauspieler Harry Hindemith, Schauspielerin Irene Korb
- III. Klasse: Filmkollektiv des Dokumentarfilms IMMER BEREIT um Schnittmeister und Mitautor Bruno Kleeberg, Kommentator und Mitautor Feodor Pappe sowie die Kameramänner Walter Fehdmer, Joop Huisken und Karl Plintzner
- Lebenswerk-Auszeichnung für Eduard von Winterstein als Charakterdarsteller der deutschen Bühne und des Films.
(Deutsche Filmkunst, 10/1950; Tägliche Rundschau vom 28. Oktober 1950; Neue Film-Welt, 11/1950, S. 26; DEFA 1946-1964 Studio für Wochenschau und Dokumentarfilme FILMOGRAFIE, Henschel Verlag, Berlin 1969, S. 24)
November 1950
3. November
Die DEFA-Dramaturgie legt ihren thematischen Plan für 1951 vor. Er wird im politischen Umfeld des Koreakriegs, der Nichtanerkennung der DDR durch die westlichen Länder bzw. des Alleinvertretungsanspruchs der BRD und des teilweisen Ausscheidens Jugoslawiens aus dem sozialistischen Blocks erstellt. Die Filmstoffe sind unter ideologischen Kapitelüberschriften, wie „Einheit der deutschen Arbeiterklasse“, „Kampf gegen den Aberglauben und Mystizismus“, „Künstler und Wissenschaftler in der Gesellschaft“ zusammengefasst. Nur die wenigsten dieser zum Teil interessanten Stoffe werden in den Folgejahren verfilmt.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1984, Teil 2, S. 9ff; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 50ff)
Dezember 1950
Die DEFA-Kommission des Zentralsekretariats der SED (seit 1950 des Politbüros des ZK der SED), die seit November 1947 die Planungs-, Abnahme- und Personalhoheit für die DEFA innehat, wird nach dem Ausscheiden der sowjetischen Partner aus der Leitung der DEFA neu besetzt. Ihr gehören jetzt an: Hermann Axen, Mitglied des Sekretariats des ZK der SED; Paul Wandel, erster Minister für Volksbildung; Gerhart Eisler, Leiter des Amtes für Information beim Ministerpräsidenten; Wilhelm Meißner, persönlicher Referent von Otto Grotewohl; Hans Rodenberg, Intendant des Theaters der Freundschaft; Gerda Kohlmey, Filmreferentin der Abteilung Kultur des ZK der SED.
Die erstmals auf dem III. Parteitag der SED im Juli 1950 ausdrücklich vorgebrachte Kritik an der DEFA und ihren Filmen führt nun zu einer Aufblähung des Verwaltungsapparats und weiteren Hürden bei der Genehmigung von Filmen. Der DEFA-Kommission müssen „zur Zensur“ sämtliche Drehbücher zur Genehmigung und die fertigen Filme vor der öffentlichen Aufführung zur Abnahme vorgelegt werden. Auch der Zentralrat der FDJ und Fachabteilungen des ZK bekommen Mitspracherecht, wenn es um Drehbücher ihrer „Verantwortungsbereiche“ geht. An manchen Beratungen nimmt auch der politische Berater des Vorsitzenden der Sowjetischen Kontroll-Kommission in Deutschland, Wladimir.S. Semjonow, teil, obwohl die DEFA inzwischen ein rein deutsches Unternehmen ist. Die Filmschöpfer werden nicht zu diesen Beratungen hinzugezogen.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1984, Teil 2, S. 58-59; Hans Rodenberg: Protokoll eines Lebens Henschelverlag Berlin 1980, S. 173; Günter Jordan: Der Verrat oder der Fall Falk Harnack, Jahrbuch DEFA-Stiftung 2004, S.148f; Ingrid Poss, Peter Warnecke: Die Spur der Filme, Zeitzeugen über die DEFA, Ch. Links Verlag, Berlin 2. Auflage 2006, S. 64)
Im Dezember wird in Korrespondenz zur DEFA-Kommission der künstlerische Beirat der DEFA unter Leitung von Slatan Dudow ins Leben gerufen. Da die meisten Mitglieder eigene künstlerische Aufgaben haben, tritt der Beirat allerdings kaum in Erscheinung.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1984, Teil 2, S. 59-60)
8. Dezember
Premiere des DEFA-Films DAS KALTE HERZ (R: Paul Verhoeven), des ersten DEFA-Spielfilms in Farbe.
(Neue Film-Welt, 6 /1950, S. 20, 12/1950, S. 16, 9/1951, S. 27; Kino DDR, 5/1988, S. 51-52; fwb, DEFA-Spielfilme 1946-1964, Filmografie, Hrsg.: Staatliches Filmarchiv der DDR, S. 24)
Der Film, der später zu den Klassikern der DEFA-Produktion gehört, besticht durch eine außergewöhnliche Qualität der Farbaufnahmen, die der Erfahrung des Kameramannes Bruno Mondi zu danken ist. Darüber hinaus trägt die Tricktechnik Erich Kunstmanns zur märchenhaften Faszination des Films bei. Kritische Stimmen - auch innerhalb der DEFA - richten sich gegen eine ungewohnte Darstellung: 1950 gilt der Film als mystisch und symbolistisch, was er nach den Regeln des aus der Sowjetunion übernommenen sozialistischen Realismus nicht hätte sein dürfen.
(DEFA-Betriebsgeschichte 1984, Teil 2, S.18ff; Ralf Schenk: DEFA 1946-1992. 100 Jahre Studio Babelsberg. Filmmuseum Potsdam, 2012, S. 125)