DEFA-Chronik für das Jahr 1963
Januar 1963
Der DEFA-Generaldirektor Joachim Mückenberger gibt in der Berliner Zeitung eine positive Aussicht auf eine vielfältige Filmproduktion 1963 des DEFA-Studios für Spielfilme, die eng an den Wünschen der Zuschauer orientiert sein soll.
(Berliner Zeitung, 13. Januar 1963, S. 14)
1. Januar
Auf Beschluss des Ministerrates der DDR zur „Verbesserung der Arbeit im Lichtspielwesen“ vom 30. August 1962 erfolgt eine Ausgliederung der Bezirksfilmdirektionen aus dem VEB Progress Film-Vertrieb und eine Umbildung in selbständige volkseigene Lichtspielbetriebe. Sie werden den Räten der Bezirke unterstellt. Die volkseigenen Kreislichtspielbetriebe werden in Kreisfilmstellen ungewandelt und in den volkseigenen Lichtspielbetrieb eingegliedert.
(Filmspiegel, 25/1962, S. 2, 16/1962, S. 6; Filmkurier, 11/1962, S. 1-6, 12/1962 S. 1-2, 3-9, 6/1963, S. 1-4)
12. Januar
Das Archivfilmtheater „Camera“ des Staatlichen Filmarchivs der DDR eröffnet in der Berliner Friedrichstraße.
(Filmspiegel, 4/1983, S. 11, 1/1988, S. 10–11)
15. Januar
Premiere des DEFA-Spielfilms BESCHREIBUNG EINES SOMMERS (R: Ralf Kirsten). Der Film entsteht nach dem gleichnamigen Bestseller von Karl-Heinz Jakobs und lebt von der Individualität der beiden Protagonisten - Menschen voll Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit, die von Manfred Krug und Christel Bodenstein gespielt werden. Bei grundsätzlicher Zustimmung zur sozialistischen Gesellschaftsordnung legen die Filmemacher Wert auf die Aufdeckung kritikwürdiger Zustände.
(DEFA–Spielfilme 1946–1964, Filmografie, Hrsg.: Staatliches Filmarchiv der DDR, S. 189f; Filmspiegel, 2/1963, S. 8, 3/1963, S. 8-9; Erika Richter: Zwischen Mauerbau und Kahlschlag 1961 bis 1965. In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 172 & 185; Beschreibung eines Sommers. In: Ingrid Poss, Peter Warnecke (Hg.): Die Spur der Filme, Zeitzeugen über die DEFA, Ch. Links Verlag, Berlin 2. Auflage 2006 S. 181ff; Ralf Schenk: DEFA 1946-1992. 100 Jahre Studio Babelsberg. Filmmuseum Potsdam 2012, S. 135ff)
Februar 1963
Die Künstlerische Arbeitsgruppe „Solidarität“ wird auf Weisung der HV Film wegen „mangelnder künstlerischer Qualität“ aufgelöst. Ursache sind zwei Filme des Regisseurs Günter Stahnke, die politisch nicht genehm sind. Fetzers Flucht und Monolog für einen Taxifahrer hatte Stahnke für das DDR-Fernsehen gedreht. Auch Stahnkes Verfilmung der Kinderoper Vom König Midas (1962) von Kurt Schwaen überzeugt das Ministerium für Kultur nicht. Im Juli 1963, als die Gruppe bereits aufgelöst ist, kommt mit For eyes only ein letzter Film mit dem Signet „Gruppe Solidarität“ in die Kinos. Ab 1964 arbeitet die Gruppe unter dem Namen „Babelsberg“. Neuer Leiter und Hauptdramaturg wird Dieter Wolf.
(Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 139; Günter Jordan: Film in der DDR, Daten - Fakten - Strukturen, Filmmuseum Potsdam, 2. überarbeitete Fassung 2013, S. 136)
15. Februar
Premiere des DEFA-Spielfilms DIE GLATZKOPFBANDE (R: Richard Groschopp). Vor dem Hintergrund sich bildender Jugendbanden dreht Groschopp einen Jugendfilm, der ein großer Publikumserfolg wird. Ein kontroverses Presseecho ruft ängstliche Funktionäre auf den Plan, sodass der Film nach wenigen Monaten aus den Spielplänen genommen wird.
(DEFA-Spielfilme 1946–1964, Filmografie, Hrsg.: Staatliches Filmarchiv der DDR, S. 195; Erika Richter: Zwischen Mauerbau und Kahlschlag 1961 bis 1965. In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 191; Inge Bennewitz: Die wahre Geschichte der Glatzkopfbande. Ein Film und seine Hintergründe. In: apropros: Film 2001. DEFA-Stiftung Berlin 2001, S. 232-261; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 142; F.-B. Habel: Das große Lexikon der Spielfilme, Neuausgabe in zwei Bänden, Schwarzkopf & Schwarzkopf 2017, S. 320)
18.–23. Februar
Auf den Oberhausener Kurzfilmtagen ist die DDR nach einem Jahr des Boykotts aufgrund des Mauerbaus wieder vertreten. Nach dem Mauerbau 1961 hatte das Oberhausener Stadtparlament auf Beschluss der Fraktionen CDU, SPD und FDP entschieden, den notwendigen finanziellen Zuschuss für die Kurzfilmtage nur dann zu bewilligen, wenn die DDR nicht eingeladen wird.
Das DDR-Programm von 1963 beinhaltet mit OFENBAUER (1962) und IM PERGAMONMUSEUM (1962) zwei Filme von Jürgen Böttcher sowie mit NACH EINEM JAHR (1962) einen von Winfried Junge. Die Filme werden in Oberhausen positiv aufgenommen: Die BRD- und DDR-Filme laufen insgesamt drei Jahre im gemeinsamen deutschen Länderprogramm.
(Dietrich Kuhlbrodt: DEFA-Filme in Oberhausen. Rückblick auf fünfzig Jahre. In: Jahrbuch der DEFA-Stiftung 2005, S. 106ff)
April 1963
10. April
Premiere des DEFA-Spielfilms NACKT UNTER WÖLFEN (R: Frank Beyer) nach dem gleichnamigen Roman von Bruno Apitz. Es ist der erste DEFA-Spielfilm über das Leben im Konzentrationslager. Die Hauptfigur wird von Erwin Geschonneck aus eigenem Erleben heraus gespielt. Die Häftlinge werden differenziert gezeigt: Starke und schwache, gemeine und aufopferungsvolle Menschen. Eine Figur wie der kleine schwache Pippig, gespielt von Fred Delmare, bleibt lange im öffentlichen Bewusstsein haften. Auch die faschistische Seite wird differenziert dargestellt. Der Film wird mit diversen Auszeichnungen bedacht.
(DEFA–Spielfilme 1946–1964, Filmografie, Hrsg.: Staatliches Filmarchiv der DDR, S. 203; Filmspiegel, 8/1963, S. 10, 9/1963, S. 10, 10/1963, S. 15; Film heute und morgen, 1/1967, S. 9; Erika Richter: Zwischen Mauerbau und Kahlschlag 1961 bis 1965. In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 179; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 142)
19. April
Verleihung des Heinrich-Greif-Preises 1963.
- I. Klasse: An das Filmkollektiv von ... UND DEINE LIEBE AUCH um Regisseur Frank Vogel, Kameramann Günter Ost, Komponist Hans-Dieter Hosalla und Dramturg Willi Brückner. Auch ein Kollektiv der „Aktuellen Kamera” des Deutschen Fernsehfunks wird in dieser Kategorie auszeichnet.
- III. Klasse: Fritz Gebhardt, Autor des DEFA-Studios für populärwissenschaftliche Filme, wird für sein gesamtes literarisches Schaffen im Jahr 1962 unter besonderer Berücksichtigung der Filme AUF DER SUCHE NACH ADAM (R: Wernfried Hübel, 1962); HANS RICHTER - EIN ARBEITER WIE DU (R: Erich Barthel, 1962) und WANDLUNG OHNE WUNDER (R: Wernfried Hübel, 1961) prämiert.
(Filmspiegel, 9/1963, S. 6-7)
Mai 1963
6.–12. Mai
Die erste Filmwoche der DDR in Ulan Bator (Mongolei) findet statt. Dem Publikum werden elf DEFA-Produktionen präsentiert. Als Eröffnungsfilm läuft ERNST THÄLMANN - SOHN SEINER KLASSE (R: Kurt Maetzig, 1954), der von Hauptdarsteller Günther Simon vorgestellt wird. Weitere Mitglieder der DEFA-Delegation sind der stellvertretende Direktor des DEFA-Studios für Dokumentarfilme, Hans Oley, und Wolfgang Wätzold vom Ministerium für Kultur. Im Rahmen der Filmwoche werden zwei Dokumentarfilmprojekte über die Mongolei in Koproduktion zwischen der DEFA und des Mongolkino-Studios vereinbart.
(Filmspiegel, 12/1963, S. 17)
7. Mai
Der zweiteilige abendfüllende Dokumentarfilm DAS RUSSISCHE WUNDER (R: Annelie und Andrew Thorndike) läuft in den Kinos an. Der Film erzählt die Geschichte einer gewaltigen Entwicklung - vom Russland des Zarenreiches über die Oktoberrevolution 1917 bis hin zur Sowjetunion von 1961, dem Jahr, in dem die Sowjetunion den ersten Menschen ins Weltall schickte.
Während der erste Teil des Films fast ausschließlich aus Archivaufnahmen besteht, wurden für den zweiten Teil Originalaufnahmen gedreht. Es wird ein Menschenbild fleißiger Ameisen konstruiert, die dem Weitblick der Partei und des Staates dankbar folgen. Ein Prager Filmkritiker schreibt provozierend in den „Filmwissenschaftlichen Mitteilungen“, dass der Film „in allgemeinen Losungen und Glaubensbekenntnissen“ ertrinkt. In organisierten Kinobesuchen von Schulen und Arbeitskollektiven erhält der Film viel positive Resonanz.
Die Schöpfer des Films werden mit dem Nationalpreis und dem Leninorden geehrt. 1982 bekennt Andrew Thorndike in einem Interview: „Wir konnten uns keine Zustandsschilderung leisten, sie wäre traurig ausgefallen.“
(DEFA 1946-1964 Studio für Wochenschau und Dokumentarfilme FILMOGRAFIE. Henschel Verlag Berlin 1969, S. 233; FWM, 1/1963, S. 25-80, 3/1963, S. 651-698, 2/1964, S. 432-501; Filmkurier-Informationsdienst, 2/1963, S. 7, 5/1963, S. 1-12; Hans-Jörg Rother: Auftrag: Propaganda. In: Schwarzweiß und Farbe, DEFA-Dokumentarfilme 1946-92. Filmmuseum Potsdam 1996, S. 98ff; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 140; Wolfgang Gersch: Szenen eines Landes. Die DDR und ihre Filme. Aufbau-Verlag GmbH. Berlin 2006, S. 130)
25. Mai–1. Juni
Die zehnte Tagung des Centre International de Liaison des Écoles de Cinéma et de Télévision (kurz: CILECT; Internationales Zentrum der Hochschulen für Film und Fernsehen) findet in Wien statt. Das Zentrum wurde 1955 auf Initiative des Pariser Institut des Hautes Etudes Cinématographiques (IDHEC) gegründet. Seit 1958 nimmt die HFF der DDR als assoziiertes, ab 1959 als vollberechtigtes Mitglied an der Arbeit der Internationalen Organisation teil. Tagungsthema ist diesmal „Die Konzeption der Bild - und Tonmontage im Film und beim Fernsehen“. Prof. Dr. Kurt Maetzig, Rektor der Deutschen Hochschule für Filmkunst, hält ein Diskussionsbeitrag.
(FWM, 2/1963, S. 373-381; Information der HFF, Heft 1/2 - 1974, S. 32; FWB, 1/1979 Sonderband, S. 28)
Juli 1963
12. Juli
Einer der bedeutenden Regisseure der DEFA, Slatan Dudow (1903–1963), verunglückt tödlich bei einen Autounfall. Zu seinen wichtigsten Filmen zählen KUHLE WAMPE (1932), UNSER TÄGLICH BROT (1949), FRAUENSCHICKSALE (1952) und DER HAUPTMANN VON KÖLN (1956).
Sein in Produktion befindlicher Film CHRISTINE wird nicht vollendet. Die provokante Fabel um eine Frau, die zunächst ihre Kinder ins Heim gibt, weil sie glaubt, dann bessere Chancen zu haben, den richtigen Mann zu finden, sollte ein anregender Beitrag um die Diskussion zur Selbstverwirklichung der Frauen – das Lieblingsthema Dudows werden. Eine teilweise vertonter Rohschnittfassung wird am 15. Oktober 1974 im Filmtheater des Staatlichen Filmarchivs der DDR STUDIO CAMERA, Berlin erstaufgeführt. 2020/21 wird der Film durch die DEFA-Stiftung als Fragment digital rekonstruiert.
(ND, 13. Juli 1963, S. 4; FWM, 2/1963, S. 323-336; Filmspiegel, 15/1963, S. 6; Film A-Z: Taschenbuch der Künste, Berlin, 1984, S. 77; Erika Richter: Zwischen Mauerbau und Kahlschlag 1961 bis 1965 In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 174; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 141)
19. Juli
Premiere des DEFA-Spielfilms FOR EYES ONLY - STRENG GEHEIM (R: János Veiczi), der als der berühmteste DEFA-Spionagefilm der 1960er-Jahre in die Filmgeschichte eingeht und Erfahrungen des Auslandsgeheimdienstes der DDR unter Leitung von Markus Wolf verarbeitet.
(DEFA–Spielfilme 1946–1964, Filmografie, Hrsg.: Staatliches Filmarchiv der DDR, S. 218; FWM, 1/1967, S. 306-334; Filmspiegel, 17/1963, S. 6; Filmkurier-Informationsdienst, 6/1963, S. 21-22; Progress-Filmblatt 1978; Erika Richter: Zwischen Mauerbau und Kahlschlag 1961 bis 1965. In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 188f)
August 1963
27. August–4. September
Das Nationale Zentrum Amateurfilm der DDR unter Leitung von Richard Groschopp wird auf dem 23. Kongress des Internationaler Amateurfilm-Verband (UNICA) in Kopenhagen als Vollmitglied aufgenommen. Die UNICA, die 'Mitglied des Internationalen Film- und Fernsehrates der UNESCO ist, will die internationale Zusammenarbeit aller Filmamateure in den Bereichen der Kunst, der Erziehung, des Wissens und der Kultur fördern.
(ND, 10. September 1963, S. 4; Günter Jordan: Film in der DDR, Daten - Fakten - Strukturen, Filmmuseum Potsdam, 2. überarbeitete Fassung 2013, S. 405, 428)
30. August
Premiere des DEFA-Spielfilms SONNTAGSFAHRER (R: Gerhard Klein) nach einem Drehbuch von Karl Georg Egel und Wolfgang Kohlhaase. Zwei Leipziger Familien planen am Vorabend des Mauerbaus Republikflucht und fahren mit ihren Autos Richtung Westberlin. Der Versuch, dem Publikum eine missglückte Flucht aus der DDR als Komödie zu verkaufen, misslingt. Wolfgang Kohlhaase bekannte später: „Ich glaube, es ist grundsätzlich falsch gewesen, sich diesem sehr komplizierten Vorgang […] im Stil der Komödie nähern zu wollen. Das war ein Irrtum. Der Film ist elementar missglückt [...] In jeder Familie gibt es etwas, worüber bei Tisch nicht gern gesprochen wird, dies wäre in meinem Fall dieser Film.“
(Filmspiegel, 17/1963, S. 4, 21/1963, S. 6; Aus Theorie und Praxis des Film, Interview zwischen Wolfgang Kohlhaase und Hannes Schmidt, Heft 2/1984)
September 1963
6. September
Der DEFA-Dokumentarfilms STARS (R: Jürgen Böttcher) läuft in den Kinos an. Böttcher bezeugt darin sein Interesse an den Persönlichkeiten der Arbeiterinnen, die im Berliner Glühlampenwerk arbeiten. Der Arbeitsplatz erscheint als das Zentrum des Lebens in dieser Gesellschaft. Die Präzision der Arbeit, die Anstrengung, der Stolz auf die Selbständigkeit, die Kinder, die kleinen private Sorgen, Kollegialität und Zusammenhalt – all das zeigt Böttcher in einem poetischen und zugleich realistischen Alltagsfilm.
Eine kritische Äußerung einer Arbeiterin über den Lohn muss Böttcher herausnehmen. Politische Äußerungen gibt es ebenfalls nicht. Nach der Verurteilung einer der Arbeiterinnen wegen Mordes, ist der Film ab 1965 lange Zeit nicht öffentlich zu sehen.
(DEFA 1946-1964 Studio für Wochenschau und Dokumentarfilme FILMOGRAFIE. Henschel Verlag Berlin 1969, S. 236; FWM, 1/1964, S. 1-12; Filmspiegel, 15/1963, S. 8-9; Dokumentaristen der Welt, Berlin, 1982, S. 408-416; Hans-Jörg Rother: Auftrag: Propaganda. In: : Schwarzweiß und Farbe, DEFA-Dokumentarfilme 1946-92. Filmmuseum Potsdam 1996, S. 124f; Erika Richter: Frauenbilder im Ost- und Westdeutschen Dokumentarfilm. In: Der geteilte Himmel. Reihe Close Up Nr. 13, Stuttgart 2000, S. 135; Wolfgang Gersch: Szenen eines Landes. Die DDR und ihre Filme. Aufbau-Verlag GmbH. Berlin 2006, S. 130f; Berliner Zeitung, 23. März 2020, S. 17)
Oktober 1963
1. Oktober
Das Institut für Filmwissenschaft an der Deutschen Hochschule für Filmkunst (DHF, später HFF) wird gegründet. Erster Direktor uund Chefredakteur der Schriftenreihe „FWM“ wird Dr. Heinz Baumert.
(Günter Jordan: Film in der DDR, Daten - Fakten - Strukturen, Filmmuseum Potsdam, 2. überarbeitete Fassung 2013, S. 308)
4. Oktober
Ingrid Reschke (auch Ingrid Meyer-Reschke), Absolventin der Deutschen Hochschule für Filmkunst in Potsdam-Babelsberg, legt mit dem Kinderfilms DANIEL UND DER WELTMEISTER (1963) ihren ersten Spielfilm vor. Sie ist damit die zweite Frau, die bei der DEFA Spielfilmregie führt. Bis zu ihrem frühen Tod 1971 inszeniert sie vier Filme in sieben Jahren.
(FWM - Redaktion Nationales Zentrum für Kinderfilm der DDR, Sonderheft, III/1963, S. 60-86; Filmspiegel, 11/1964, S. 6; DEFA-Spielfilme 1946-1964, Filmografie, Hrsg.: Staatliches Filmarchiv der DDR, 1963, S. 215)
6. Oktober
Die Nationalpreise für Kunst und Literatur des Jahres 1963 werden verliehen.
- I. Klasse: An das Filmkollektiv des DEFA-Spielfilms NACKT UNTER WÖLFEN um Autor Bruno Apitz, Regisseur Frank Beyer, Kameramann Günter Marczinkowsky und Szenenbildner Alfred Hirschmeier
- II. Klasse: An den Schriftsteller Dieter Noll für seinen Roman „Die Abenteuer des Werner Holt“, der 1964 von der DEFA verfilmt wird.
- III. Klasse: An Gisela May für ihre schauspielerischen Leistungen auf der Bühne sowie in Film, Funk und Fernsehen.
(Filmspiegel, 21/1963, S. 22)
13. Oktober
Premiere des DEFA-Kinderfilms FRAU HOLLE (R: Gottfried Kolditz). Kolditz verzichtete in seiner Märchenadaption auf eine naturalistisch ausgestaltete Kulisse. Gedreht wurde ausschließlich in den Babelsberger Studios. Die kunstvoll stilisierten Szenenbilder erwecken den Eindruck eines Bilderbuches und lassen das Spiel der Schauspielerinnen und Schauspieler in den Vordergrund rücken. So sollte die Fantasie des jungen Publikums angeregt werden.
(DEFA-Spielfilme 1946-1964, Filmografie, Hrsg.: Staatliches Filmarchiv der DDR, S. 218f; Filmkurier–Informationsdienst, 12/1963, S. 6; Filmspiegel, 11/1964, S. 6)
30. Oktober
Die „Nationale Vereinigung für den wissenschaftlichen Film“ (NVWF) wird im Club der Filmschaffenden „Möwe“ in Berlin gegründet. Präsident wird Prof. Dr. Knöll. Der NVWF ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Pädagoginnen und Pädagogen sowie Film- und Fernsehschaffenden der DDR). Die Vereinigung gliedert sich in die Sektionen Forschungsfilm, Hochschulfilm und Wissenschaftspublizistik.
(Günter Jordan: Film in der DDR, Daten - Fakten - Strukturen, Filmmuseum Potsdam, 2. überarbeitete Fassung 2013, S. 405; Diskussionsblatt des DEFA-Studios für populärwissenschaftliche Filme, Ausgabe VII/1963, S. II/1 - II/9; Filmspiegel, 24/1983, S. 2, 25/1988, S. 30)
Dezember 1963
6.–7. Dezember
Rund 120 Filmclubs und ähnliche Einrichtungen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Staatlichen Filmarchivs und des Clubs der Filmschaffenden gründen die „Provisorische Arbeitsgemeinschaft Filmklubs beim Club der Filmschaffenden“. Vorsitzender wird Fred Gehler.
(Wieland Becker/Volker Petzold: Tarkowski trifft King Kong. Geschichte der Filmklubbewegung in der DDR. Vistas Verlag. Berlin 2001, S. 127; Günter Jordan: Film in der DDR, Daten - Fakten - Strukturen, Filmmuseum Potsdam, 2. überarbeitete Fassung 2013, S. 394)
27. Dezember
Premiere des DEFA-Spielfilms KARBID UND SAUERAMPFER (R: Frank Beyer). Beyer beweist mit diesem Film einen Sinn für Tragikkomische. Trotz zum Teil lebensbedrohlicher Situationen gelingt es seinem Helden, die Leichtigkeit zu behalten. Ein Kabinettstück ist die Szene, in der Erwin Geschonneck mit seinen Karbidfässern auf der Elbe fährt und mal sowjetisch, mal amerikanisch salutiert. Der Film gehört heute zu den Kultfilmen der DEFA.
(DEFA–Spielfilme 1946–1964, Filmografie, Hrsg.: Staatliches Filmarchiv der DDR, S. 221f; Filmspiegel, 23/1963, S. 12; Erika Richter: Zwischen Mauerbau und Kahlschlag 1961 bis 1965. In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 174; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 142)