DEFA-Chronik für das Jahr 1969
Januar 1969
1. Januar
Das DEFA-Studio für populärwissenschaftliche Filme in Potsdam-Babelsberg wird mit dem DEFA-Studio für Wochenschau und Dokumentarfilme in Berlin zum DEFA-Studio für Kurzfilme zusammengeschlossen. Studiodirektor wird Hans Wrede. Weitere wichtigte Produktionen werden mit Heinz Rüsch (Direktor für Filmproduktion), Gerhard Abraham (Direktor für Studiotechnik) und Fritz Gebhardt (Chefdramaturg) besetzt. Am 1. August 1975 folgt die Umbenennung in DEFA-Studio für Dokumentarfilme.
(FWB, 1971, S. 172-187; Filmspiegel, 1/1969, S. 3, 7/1969, S. 8-9, 5/1970, S. 3; DEFA-Blende, 1/1969; Film A–Z: Taschenbuch der Künste, Berlin, 1984, S. 240; BFF, 4/1985, S. 65; Günter Jordan: Film in der DDR, Daten - Fakten - Strukturen , Filmmuseum Potsdam, 2. überarbeitete Fassung 2013, S. 164)
10. Januar
Die Arbeitsgruppe „Profil“ (Kinokurzfilm) im DEFA-Studio für Kurzfilme konstituiert sich. Leiter wird der Regisseur Joachim Hellwig.
(Filmspiegel, 2/1969, S. 2, 15/1969, S. 10-11; Günter Jordan: Film in der DDR, Daten - Fakten - Strukturen, Filmmuseum Potsdam, 2. überarbeitete Fassung, 2013, S. 166)
22. Januar
Unter Leitung des DEFA-Regisseurs Heinz Thiel dreht ein Kollektiv von Studierenden der HFF einen Dokumentarfilm über die Rückkehr sowjetischer Panzer aus der ČSSR, wo der „Prager Frühling“ im August 1968 niedergeschlagen wurde. (In der Argumentation der DDR wurde der Aufstand „Prager Frühling“ als Konterrevolution bezeichnet: Die Sowjetunion kam der Regierung der ČSSR zu Hilfe, um die sie gebeten hatte.) In dem Film sind Menschen zu sehen, die die Soldaten herzlich begrüßen. Der Film läuft ohne Kommentar. Ein Zitat von Ernest Hemingway dient als Motto: „Jeder Mensch, der die Freiheit liebt, schuldet der Roten Armee mehr, als er jemals bezahlen kann.“
(Der Filmspiegel 2/1969, S. 2)
31. Januar
AD des DEFA - Kinderfilms „Käuzchenkuhle”, RE: Walter Beck, BU: Günter Kaltofen, Walter Beck, LV: Gleichn. Roman v. Horst Beseler, KA: Lothar Gerber, DA: Martin Flörchinger, Dieter Wien, Manfred Krug.
(in: Filmspiegel, 3/1969, S. 8)
April 1969
Im Berliner Archivfilmtheater „Camera“ werden Tage des schwedischen Films ausgerichtet. Mitveranstalter ist das Svenska Filminstitut in Stockholm. Präsentiert werden Filme aus den 1940er- und 1950er-Jahren, darunter Reit heut’ Nacht! (OT: Rid i natt!, R: Gustaf Molander, 1942) und Qualen (OT: HETS, R: Alf Sjöberg, 1944).
Außerdem finden im Jahr 1968 Filmwochen der DEFA im nichtsozialistischen Ausland statt:
- im April: DDR-Filmwoche in Cuttack (Indien). Eröffnungsfilm: NACKT UNTER WÖLFEN (R: Frank Beyer, 1962).
- Im Mai: in Algerien mit Vorführungen in Algier, Oran und Annaba. Gezeigt werden die DEFA-Filme ICH WAR NEUNZEHN (R: Konrad Wolf, 1967), LEBEN ZU ZWEIT (R: Herrmann Zschoche, 1967), ABSCHIED (R: Egon Günther, 1968), HEISSER SOMMER (R: Joachim Hasler, 1967) und DIE GEFRORENEN BLITZE (R: János Veiczi, 1967).
- im September: in Guinea mit Die Toten bleiben jung (R: Joachim Kunert, 1968), ICH WAR NEUNZEHN (R: Konrad Wolf, 1967), LEBEN ZU ZWEIT (R: Herrmann Zschoche, 1967) u.a.
- im Oktober: in Belgien mit ICH WAR NEUNZEHN (R: Konrad Wolf, 1967).
- im Oktober: im Irak. Zur Eröffnung lief For eyes only – Streng geheim (R: János Veiczi, 1963). Es folgten DER TRAUM DES HAUPTMANN LOY (R: Kurt Maetzig, 1961), HEISSER SOMMER (R: Joachim Hasler, 1967), SPUR DES FALKEN (R: Gottfried Kolditz, 1968) und MEINE FREUNDIN SYBILLE (R: Wolfgang Luderer, 1967).
- im November: mit den Tagen des DDR-Dokumentarfilms im schwedischen Stockholm. Es liefen Filme von Joachim Hellwig: EIN TAGEBUCH FÜR ANNE FRANK (1958), PROTOKOLL FÜR EINEN (1966), CHANSON VON DER SPREE (1965). Weiterhin waren auch Produktionen von Annelie und Andrew Thorndike sowie Walter Heynowski und Gerhard Scheumann zu sehen.
(Filmspiegel, 8/1969, S. 3; Filmspiegel, 9/1969, S. 3; Filmspiegel, 13/1969, S. 2, 24; DEFA–Blende, 12/1969; Filmspiegel, 19/1969, S. 3; Filmspiegel, 21/1969, S. 24; Filmspiegel, 24/1969, S. 2; Filmspiegel, 25/1969, S. 24; Filmspiegel, 23/1969, S. 2)
28. April
Die Generalversammlung der „Nationalen Vereinigung für den Wissenschaftlichen Film in der DDR“ (NVWF) findet in Berlin statt. Die Arbeit erfolgt in drei Sektionen: „Populärwissenschaftlicher Film“, „ Höherer Unterrichtsfilm“, „ Forschungsfilm“. OMR Dr. Dr. Wolfgang Bethmann wird als neuer Präsident gewählt. Hans Wrede, Direktor des DEFA-Studios für Kurzfilme, wird als Generalsekretär der Nationalen Vereinigung bestätigt.
(Information der NVWF 1969, S. 3-32, Filmspiegel, 11/1969, S. 3)
Mai 1969
1. Mai
Das „Studio H&S“ wird offiziell gegründet, nachdem Walter Heynowski, Gerhard Scheumann und Kameramann Peter Hellmich bereits 1965 eine Künstlergemeinschaft gebildet hatten. Das Studio tritt mit dem Film DER LACHENDE MANN (Auftragsproduktion für den Deutschen Fernsehfunk) am 9. Februar 1966 erstmals an die Öffentlichkeit. 1990 endet die Zusammenarbeit zwischen Walter Heynowski und Gerhard Scheumann und das Studio wird in „Werkstatt Kronenstraße“ umbenannt.
(Information der HFF, 6/1976; Studio H&S - Die Filme 1965-1978, Berlin, 1979; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 166)
7. Mai
Unter Vorsitz des Stellvertreters des Ministers für Kultur Dr. Günther Klein konstituiert sich ein neuer Filmbeirat als „beratendes Gremium“. Der erste – offenbar nicht arbeitende – Filmbeirat wurde nach dem 11. Plenum im April 1966 gebildet. Die Aufgabe des neuen Filmbeirates soll darin bestehen, „die Leitung des Filmbereichs in grundsätzlichen ideologischen Fragen zu beraten und bei der Vorbereitung von Entscheidungen zur Entwicklung der Filmkunst“ mitzuwirken. Insbesondere soll der Minister bei Fragen der nationalen Spielfilmproduktion, bei Grundfragen der Spielplanpolitik, Problemen des künstlerischen Nachwuchses sowie der Prognose, Perspektive und der internationalen Zusammenarbeit unterstützt werden. Während der erste Filmbeirat Filmschöpfer, Gesellschaftswissenschaftler, Werktätige aus Industrie und Landwirtschaft sowie Vertreter gesellschaftlicher Organisationen vereinte, ist die neue Ausrichtung spezialisierter.
(Filmspiegel, 11/1969, S. 3; Berliner Zeitung, 8. Mai 1969, S. 2; Günter Jordan: Film in der DDR, Daten - Fakten - Strukturen, Filmmuseum Potsdam, 2. überarbeitete Fassung, 2013, S. 82)
Juni 1969
5.–8. Juni
Unter der Überschrift „Filme aus der DDR“ werden in Oberhausen sieben DEFA-Spielfilme, vier Kurzfilme und zwei fünfteilige Fernsehproduktionen präsentiert. Veranstalter sind die Städtische Volkshochschule Oberhausen und die Westdeutschen Kurzfilmtage. Referate halten Manfred Gerbing („Das Menschenbild in der Filmkunst der DDR“) und Jürgen Harder („Das sozialistische Menschenbild – Alternative zur Manipulation“). Teil des Programms snd unter anderem ICH WAR NEUNZEHN (R: Konrad Wolf, 1967), DAS SIEBENTE JAHR (R: Frank Vogel, 1968) und DIE BESTEN JAHRE (R: Günther Rücker, 1965).
(FWB, 1969, S. 46-88; DEFA-Blende, 12/1969)
Juli 1969
25. Juli
Der Film Dokumentarfilm EINE SOMMERREISE (17 Minuten, Länge 474m) über die Ukraine kommt in die Kinos. Es ist eine verstümmelte Version des 1968 fertig gestellten gleichnamigen Dokumentarfilms (Länge ca. 900 m) unter der Regie von Karlheinz Mund. Mund und der Kameramann Christian Lehmann hatten einen emotionalen Film über einstmals von deutschen Truppen zerstörte Siedlungen und Landschaften gedreht, aber auch die Poesie der Landschaft und die Herzlichkeit der Menschen eingefangen. Die Zensoren bemängeln eine „zu enge und zu intime Sicht“ auf die Sowjetunion sowie falsche Bildsymbole wie Glockengeläut oder Bauern mit Kriegsorden. Das Gedicht Jewgenij Jewtuschenko „Babij Jar“, in dem das fehlende Denkmal für das größte Massaker an Juden im Zweiten Weltkrieg beweint wird, würde einer Kritik an der Sowjetunion gleichkommen. Die Musik Gerhard Rosenfels erzeuge ein Einsamkeitsgefühl.
Als sich die Filmschaffenden nicht zu Änderungen bereit erklären, lässt die Direktion des DEFA-Dokumentarfilmstudios eine wesentlich kürzere Schnittfassung anfertigen, bei der die ursprüngliche Intention nicht mehr zu erkennen ist. Daraufhin ziehen die Filmschaffenden ihre Namen von der gekürzten, folkloristisch anmutenden Fassung zurück.
Die 35-mm-Filmmaterialien der Urfassung sind nicht mehr auffindbar. Es existiert lediglich eine 30minütige VHS/DVD von einer Anfang der 1990er-Jahre noch vorhandenen 35mm-Schnittkopie.
(Filmbibliografischer Jahresbericht 1968, Staatliches Filmarchiv der DDR, S. 47; Hans-Jörg Rother: Auftrag: Propaganda. In: Schwarzweiß und Farbe, DEFA-Dokumentarfilme 1946-92. Filmmuseum Potsdam 1996, S. 118; Zeitzeugengespräch Karlheinz Mund mit Ralf Schenk, DEFA-Stiftung 2001 (1h:03min); Ralf Schenk: Poetisch, zärtlich, schwerelos. Zum 75. Geburtstag Christian Lehmanns, In: Berliner Zeitung, 23. Juli 2009)
September 1969
5. September
Der unter der künstlerischen Leitung von Annelie und Andrew Thorndike gedrehte DEFA-Dokumentarfilm DU BIST MIN - EIN DEUTSCHES TAGEBUCH (weitere Regie Michael Englberger, Hans-Joachim Funk und Manfred Krause) startet in den DDR-Kinos. Es ist der erste DEFA-Dokumentarfilm, der mit 70-mm-Filmtechnik und 6-Kanal-Magnetton produziert wird. Historische Filmeinschnitte aus der Zeit von 1939 bis 1969 und aktuelle Ereignisse wechseln sich in dem propagandistischen Werk ab, immer unterlegt mit Tagebuchzitaten von Annelie Thorndike, die von der Erzählerin Christine van Santen gelesen werden.
(Filmspiegel, 18/1969, S. 17, 19/1969, S. 2, 21/1969, S. 9, 18)
16. September
Premiere des DEFA-Spielfilms SEINE HOHEIT - GENOSSE PRINZ (R: Werner W. Wallroth). Der erfahrene Lustspielautor Rudi Strahl versetzt in seinem Drehbuch einen DDR-Bürger in eine besondere Situation: Was wäre, wenn er ein süddeutscher Adliger wäre… Strahl und Regisseur Wallroth werden mehrfach zu den Kulturpolitikern bis zum Minister hinauf bestellt und erhalten Listen mit zu streichenden Pointen, Sätzen und Wörtern. Dem fertigen Film fehlt in der Folge jeder Biss und jede Doppeldeutigkeit.
(Filmspiegel, 22/1969, S. 8; Filmbibliografischer Jahresbericht 1969, Staatliches Filmarchiv der DDR, S. 23; Klaus Wischnewski: Träumer und gewöhnliche Leute 1966 bis 1979. In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 240)
25. September
Premiere des DEFA-Spielfilms ZEIT ZU LEBEN (R: Horst Seemann). Regisseur Seemann kehrt mit diesem Film dem Unterhaltungsgenre den Rücken zu und widmet sich innerhalb weniger Jahre in vier Filmen pathetischen Gegenwartsstoffen. Es folgen LIEBESERKLÄRUNG AN G.T. (1971), REIFE KIRSCHEN (1972) und SUSE, LIEBE SUSE (1974). Die Filme werden umfangreich in der DDR-Presse besprochen, finden insbesondere bei jüngeren Regiekollegen bei der DEFA jedoch kaum Anklang.
(Filmspiegel, 13/1969, S. 4-7, 4/1969, S. 7-9; Progress-Filmblatt 1978)
Oktober 1969
Ab 1969 findet jährlich das Bitterfelder Amateurfilmfestival (BAFF) im Chemiekombinat Bitterfeld statt. Das Festival wird zum „Tag des Chemiearbeiters“ unter dem Motto „Der sozialistische Mensch und seine Arbeit“ veranstaltet.
Es werden jeweils 75 Filme von unterschiedlichen Film-Studios eingereicht. Ständiger Austragungsort ist der Bitterfelder Kulturpalast. Die Jury setzt sich zusammen aus Mitgliedern der Film- und Fernsehbranche der DDR, des FDGB, Film-Redakteuren, Amateurfilmkennern und Arbeitern des Chemiekombinats. Zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gehören neben dem Bitterfelder Filmkollektiv in Unregelmäßigkeit auch Mitglieder des Amateurfilmstudios Wolfen oder der Bitterfelder Rohrwerke. Mit der sechsten Veranstaltung wird das Festival international, nachdem erstmals Amateure aus Polen am Wettbewerb teilnehmen. Langjähriger Jury-Vorsitzender ist der Dramaturg Hans-Joachim Wallstein von der Deutschen Hochschule für Filmkunst (DHF; heute: Filmuniversität Konrad Wolf Babelsberg).
(Filmspiegel, 10/1969, S. 2, 24/1969, S. 18)
3. Oktober
Der Berliner Fernsehturm wird feierlich seiner Bestimmung übergeben. Von dort wird ab sofort der neue Fernsehkanal, das Zweite Programm des DFF, übertragen. Der Deutsche Fernsehfunk sendet außerdem erstmalig in Farbe. Die Farbfilme können alternativ in Schwarzweiß empfangen werden.
(ND, 4. Oktober 1969, S. 4; FWB, 1/1968, S. 118-140; Deutsche Filmkunst ,7/1960, S. 218-220 (I), 3/1961, S. 85-89 (II); BFF, 4/1985, S. 51; Filmspiegel, 17/1969, S. 3; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 170)
3. Oktober
Verleihung des Nationalpreises für Kunst und Literatur 1969.
- I. Klasse: An das Kollektiv des Fernsehfilms KRUPP UND KRAUSE um Gerhard Bengsch (Autor), Horst E. Brandt (Regisseur), Ottomar Lang, Heinz Nahke sowie Günther Simon, Helga Göring und Herbert Köfer.
- I. Klasse: An das Kollektiv des Fernsehfilms HANS BEIMLER -KAMERAD um Rudi Kurz, Wenzel Renner, Horst Schulze, Walter Jupé und Horst Hardt.
- II. Klasse: An das Filmkollektiv des Dokumentarfilms DER PRÄSIDENT IM EXIL um die Regisseure Walter Heynowski, Gerhard Scheumann
- II. Klasse: An das Filmkollektiv des DEFA-Spielfilms ZEIT ZU LEBEN um Horst Seemann (Regisseur), Wolfgang Held (Autor), Helmut Bergmann (Kameramann) und Leon Niemczyk (Schauspieler).
- III. Klasse: An das Kollektiv „Abendgruß des Kinderfernsehens“ um Gerhard Behrendt, Heinz Fülfe, Friedgard Kunze, Wolfgang Richter, Heinz Schröder und Harald Serowski.
- III. Klasse: An Mathilde Danegger und Friedrich Richter für ihr schauspielerisches Gesamtwirken.
- III. Klasse: An den Schauspieler Alfred Müller für die Rolle des Karl Marx in MOHR UND DIE RABEN VON LONDON (R: Helmut Dziuba, 1968).
(DEFA-Blende, 19/1969; Filmspiegel, 22/1969, S. 2)
7. Oktober
Der Heinrich-Greif-Preis 1969 wird verliehen.
- An Alfred Hirschmeier (Szenenbildner), Herbert Ehler (Produktionsleiter) sowie die Schauspieler Wassil Liwanow und Alexej Ejboshenko für den Film ICH WAR NEUNZEHN (R: Konrad, Wolf, 1967).
- An Hartwig Strobel, Hans-Peter Reinecke, Elke Brosch, Ottmar Richter und Wolfgang Pietsch für den Film UNBEKANNTE BRÜDER (DFF).
- An Kurt Weiler und Erich Günther für ihren Beitrag zur Entwicklung des Puppentrickfilms.
(Filmspiegel, 22/1969, S. 2)
13. Oktober
Aufgrund der stark steigenden Bedeutung des Fernsehens, insbesondere der Einführung des Zweiten Fernsehprogramms, wird die Ausbildung von künstlerischen und technischen Mitarbeitern für das Fernsehen notwendig. Sie wird in der Deutschen Hochschule für Filmkunst (DHF) angesiedelt, der einzigen Einrichtung dieser Art in der DDR. Verbunden damit ist eine Namensänderung in „Hochschule für Film und Fernsehen der DDR“ (HFF) und die Berufung des Regisseurs Lutz Köhlert als neuen Rektor.
Die Zahlen der Studierenden steigen innerhalb kurzer Zeit auf das Zehnfache. Ab 1961 beteiligt sich die HFF auch an der Leipziger Dokumentar- und Kurzfilmfestival mit Studenten-Filmen und tritt ab 1969 außerhalb des Wettbewerbs mit eigenem Programm auf. Zunehmend sind Arbeiten auch auf bundesdeutschen und internationalen Festivals zu sehen.
(Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Kultur Berlin, 20. November 1969, Nr. 11; ND, 22. Oktober 1969, S. 5; FWB Sonderband, 1/ 79; BFF, 4/1985, S. 13; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 170; Günter Jordan: Film in der DDR, Daten - Fakten - Strukturen , Filmmuseum Potsdam, 2. überarbeitete Fassung 2013, S. 272ff)
Dezember 1969
Ulrich Plenzdorf schreibt für die DEFA das Filmszenarium „Die neuen Leiden des jungen W.“, das zunächst abgelehnt und erst 1976 verfilmt wird. Zwischenzeitlich erscheint die Erzählung 1973 sowohl in der DDR als auch in der BRD in Buchform und wird über vier Millionen Mal verlegt sowie in mehr als 30 Sprachen übersetzt. 1972 wird der Stoff in Halle an der Saale erstmals als Theaterstück aufgeführt und avanciert sowohl in Ost als auch in West zum Identifikationsstück der Jugend.
(Filmspiegel 9/1973, S. 9; Ulrich Plenzdorf. Archiv-Blätter 10. Stiftung Archiv der Akademie der Künste 2004)
5. Dezember
Der DEFA-Dokumentarfilm SEILFAHRT 69 - EINE AUSKUNFT ÜBER MANSFELD (R: Karlheinz Mund) kommt in die Kinos. Mund und Kameramann Christian Lehmann halten in diesem Film über die Beendigung des Mansfeldischen Kupferschieferabbaus sehr präzise Landschaften, Schachtanlagen und immer wieder Gesichter fest. Das Buch schreibt die renommierte Drehbuchautorin Helga Schütz. Die Umschulung nicht mehr benötigter Bergleute unter Tage wird als Beispiel sozial verträglicher Umstrukturierung in Szene gesetzt. Munds Filme verstehen sich stets als Diskussionsbeitrag, beanspruchen nie die absolute Wahrheit und enthalten im Detail manche kritische Aussage.
(Filmbibliografischer Jahresbericht 1969, Staatliches Filmarchiv der DDR, S. 48; Filmspiegel 15/1969, S. 10f; Hans-Jörg Rother: Auftrag: Propaganda. In: Schwarzweiß und Farbe, DEFA-Dokumentarfilme 1946-92. Filmmuseum Potsdam 1996, S. 119)